OGH 10Ob52/13i

OGH10Ob52/13i25.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen A*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Steiermark als Kinder‑ und Jugendhilfeträger (Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg, 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 12), wegen Unterhaltserhöhung, über den Revisionsrekurs des Kindes, vertreten durch die Mutter R*****, diese vertreten durch Divitschek, Sieder, Sauer Rechtsanwälte GmbH in Deutschlandsberg, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 31. Juli 2013, GZ 1 R 177/13a‑14, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Voitsberg vom 28. Mai 2013, GZ 1 Pu 98/13g‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00052.13I.0225.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit Beschluss vom 19. 2. 2009 verpflichtete das Bezirksgericht Stainz den Vater, seiner Tochter einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 185 EUR ab 1. 3. 2008 zu zahlen. Mit Beschluss dieses Bezirksgerichts vom 11. 2. 2010 wurden der Minderjährigen für die Zeit vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2014 Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in Höhe von monatlich 185 EUR gewährt.

Am 30. 11. 2012 beantragte das von seiner Mutter vertretene Kind, den Vater ab 1. 12. 2009 zu einer höheren Unterhaltsleistung zu verpflichten.

Mit Beschluss vom 30. 4. 2013 übernahm das Bezirksgericht Voitsberg die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache, weil sich das Kind nunmehr ständig in seinem Sprengel aufhalte.

Am 28. 5. 2013 hielt der Rechtspfleger des Bezirksgerichts Voitsberg in einem Amtsvermerk fest, dass Herr S***** von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom Unterhaltsantrag der Mutter in Kenntnis gesetzt worden sei und erklärt habe, dass er dem Antrag nicht beitreten werde, da er den Akt so schnell wie möglich an die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg abtreten möchte.

Das Erstgericht wies den Unterhaltserhöhungsantrag zurück, weil nur der Jugendwohlfahrtsträger, nicht aber die Mutter die Minderjährige bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen rechtsgültig vertreten könne.

Das Rekursgericht gab dem von der Mutter vertretenen Kind erhobenen Rekurs nicht Folge. Der Rekurs sei zulässig, weil die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg mit Schreiben vom 14. 6. 2013 dem Rekurs beigetreten sei. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens, dass es das Erstgericht verabsäumt habe, die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom Verfahren zu verständigen und diese daher auch nicht aufgefordert worden sei, dem Verfahren beizutreten, liege nicht vor. Das Erstgericht habe im Amtsvermerk vom 28. 5. 2013 festgehalten, dass die Bezirkshauptmannschaft ausdrücklich dem Antrag nicht beigetreten sei. Die mit dem Rekurs vorgelegte Erklärung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 14. 6. 2013, nach der sie auch dem Unterhaltsverfahren beim Bezirksgericht Voitsberg beitrete, sei eine im Rekursverfahren nicht zu beachtende Neuerung, weil sie im Gegensatz zum Amtsvermerk vom 28. 5. 2013 stehe und erst nach Rekurserhebung abgegeben worden sei.

Der gegen diese Entscheidung erhobene, vom Rekursgericht nachträglich zugelassene (§ 63 Abs 3 AußStrG) Revisionsrekurs der von der Mutter vertretenen Minderjährigen ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 9 Abs 2 UVG wird der Jugendwohlfahrtsträger (jetzt „Kinder‑ und Jugendhilfeträger“) mit der Zustellung des Beschlusses, mit dem Unterhaltsvorschüsse gewährt werden, alleiniger gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Kindes zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche. Daraus folgt, dass die obsorgeberechtigte Person in Bezug auf alle Unterhalts‑ und Unterhaltsvorschuss‑Angelegenheiten ihr Vertretungsrecht verliert und ihr auch kein Rekursrecht zukommt (RIS‑Justiz RS0076463). Der Jugendwohlfahrtsträger ist berechtigt, eine andere Person, etwa die bisherige Pflegeperson oder den bisher Obsorgeberechtigten, mit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Kindes zu beauftragen. Hat diese Person ohne Ermächtigung des Jugendwohlfahrtsträgers als Vertreter des Kindes ein Rechtsmittel erhoben, kann der Jugendwohlfahrtsträger die meritorische Behandlung des Rechtsmittels erreichen, indem er ausdrücklich dem Rechtsmittel „beitritt“. Voraussetzung einer wirksamen Rechtsmittelerhebung ist aber, dass die Erklärung des „Beitritts“ innerhalb der dem Jugendwohlfahrtsträger offenstehenden Rechtsmittelfrist erfolgt (1 Ob 57/01s; 10 Ob 32/12x; 4 Ob 228/12a; RIS‑Justiz RS0115499).

Im vorliegenden Fall umfasst die Erklärung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 14. 6. 2013 den Beitritt zum Rekursverfahren, nicht aber eine Ermächtigung zur Erhebung eines Revisionsrekurses. Dem Kinder‑ und Jugendhilfeträger wurde der angefochtene Beschluss am 16. 8. 2013 zugestellt. Das Land Steiermark ist innerhalb der 14‑tägigen Revisionsrekursfrist (§ 65 Abs 1 AußStrG) dem Rechtsmittel des Kindes nicht beigetreten. Die mit dem Revisionsrekurs vorgelegte Erklärung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 26. 8. 2013, wonach das Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg „im Unterhaltsakt zu GZ: 9.74 750‑05 zu keinem Zeitpunkt erklärt hat, dem Unterhaltserhöhungsverfahren nicht beizutreten“, ist nicht eine Erklärung des „Beitritts“ zum Revisionsrekurs.

Da der Revisionsrekurs nicht wirksam erhoben wurde, war er zurückzuweisen. An den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 71 Abs 1 AußStrG).

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