Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.610,64 EUR (darin enthalten 268,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin produziert Spanplatten und benötigt als Rohmaterial dafür in großen Mengen Holz.
Der Beklagte hatte mit einer Mehrzahl von Gemeinden Verträge zur Entsorgung von Abfallholz, das auf Mistplätzen in Containern gesammelt wurde, geschlossen. Er stand mit der Klägerin seit 1997 in Vertragsbeziehung und hatte mit ihr die Anlieferung von Recyclingholz in sperriger Form für bestimmte Zeiträume und zu umfassend spezifizierten Bedingungen vereinbart. In einer Vereinbarung vom 18. 5. 2000 verpflichtete sich der Beklagte zur Lieferung von monatlich cirka 3.000 t Recyclingholz bis 31. 12. 2003 zu bestimmten näher spezifizierten Konditionen.
In einem Vorprozess wurde der Beklagte von der Klägerin wegen Schadenersatzes über 500.000 EUR in Anspruch genommen. Nach einem Vergleich in diesem Verfahren schlossen die Streitteile am 9. 7. 2002 eine Vereinbarung, wonach der Vertrag von Mai 2000 aufgehoben wurde und sich der Beklagte nunmehr verpflichtete, zwischen 1. 7. 2002 und 30. 6. 2010 insgesamt 96.000 t, jährlich aber mindestens 12.000 t Recyclingholz in sperriger Form an die Klägerin zu näheren Spezifikationen zu liefern. Das Entgelt des ursprünglichen Vertrags aus dem Jahr 2000 wurde in der neuen Vereinbarung fortgeschrieben. Mit diesem neuen Vertrag sollte die ursprüngliche Liefermenge zu den ursprünglichen Konditionen erhalten bleiben und lediglich der Zeitraum, in dem die Lieferverpflichtung erfüllt werden konnte, ausgedehnt werden. Für die Klägerin hatte diese Vereinbarung den Vorteil, dass sie damit die vereinbarte Menge Recyclingholz zu einem sehr günstigen Preis gesichert bekam und lediglich den finanziellen Vorteil langsamer erwirtschaften konnte. Darin wiederum lag das Entgegenkommen gegenüber dem Beklagten.
Der Markt für Recyclingholz war in den Jahren 2002 bis Mitte 2004 in einer Aufbauphase. Kleinere Lieferanten mussten damals für die Entsorgung von Recyclingholz an Spanplattenwerke sogar bezahlen, größere Lieferanten stiegen „pari“ aus, Großlieferanten bekamen für ihr Recyclingholz etwas bezahlt. Im Laufe des Jahres 2004 stiegen allerdings die Kosten für Energieholz um rund 25 %, weshalb die Spanplattenwerke begannen, Großlieferanten zu umwerben. So wurde auch der Beklagte von einem anderen Spanplattenhersteller umworben und erhielt dort wesentlich bessere Preise als von der Klägerin. Er lieferte daher in der Folge mehr an diesen anderen Spanplattenhersteller und reduzierte die Liefermengen an die Klägerin drastisch. Er wurde auch von Klagsseite gemahnt. Der Beklagte deutete weder schriftlich noch telefonisch an, dass er nicht sicher sei, ob die bestehenden Bewilligungen der Klägerin nach den §§ 74 ff GewO diese berechtigen würden, das vom Beklagten gelieferte Altholz zu bearbeiten. Auch sonst wurden von niemandem Bedenken an die Klägerin herangetragen, dahingehend, dass eine stoffliche Verwertung von Altholz in der seit Jahren praktizierten Art unzulässig sein sollte. Der Beklagte erklärte auch nie, dass er seine Lieferungen einstelle, weil diese oder jene Bewilligung fehle. Tatsächlich wurden im Spanplattenwerk der Klägerin weiter Spanplatten produziert und erhebliche Mengen Recyclingholz stofflich verwertet. Dem Beklagten wurde behördlicherseits weder verboten, die Klägerin zu beliefern, noch geraten, dies nicht zu tun. Auch entsprechende gezielt aufbereitete Anfragen durch vom Beklagten beauftragte Rechtsvertreter führten nicht zu einer Untersagung der Aufbereitung und Verwertung von Recyclingholz durch die Klägerin. Die Behörden gaben sich mit der bei der Klägerin vorliegenden Bewilligung zufrieden und fanden keine Veranlassung, eine Belieferung zu untersagen. Selbst Analysen eines Sachverständigen, der als Lobbyist von thermischen Verwertern von Recyclingholz ein Interesse daran hatte, dass die Spanplattenindustrie dieses günstige Energieholz nicht verwerten dürfe, veranlassten die zuständigen Behörden nicht, die Recyclingholzaufbereitungsanlage der Klägerin zu schließen. Vielmehr konnte diese den Anteil ihres Recyclingholzes am gesamten Rohstoffeinsatz über die Jahre ausbauen.
Der Grund, warum der Beklagte die mit der Klägerin vereinbarten Liefermengen nicht einhielt, lag darin, dass er es vorzog, an den anderen Spanplattenproduzenten zu günstigeren Bedingungen zu liefern. Erst im Zuge des nunmehr anhängigen Verfahrens trug er erstmals seine Bedenken, dass die Klägerin gar nicht berechtigt wäre, Recyclingholz anzunehmen, vor.
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen Schadenersatzes wegen Nichterfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen in Anspruch.
Das Erstgericht erachtete den Beklagten als schadenersatzpflichtig. Allerdings habe die Klägerin ihre Schadensminderungsobliegenheit verletzt, weil sie nicht nachweisen habe können, dass sie zwecks Kompensation des Lieferausfalls tatsächlich Hackgut habe kaufen müssen. Sie erhalte daher nur die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Recyclingholz ‑ insgesamt 28.981,06 EUR ‑ ersetzt. Darüber hinaus stehe dem Beklagten eine berechtigte Gegenforderung im Umfang der von der Klägerin nicht bezahlten Entsorgungskosten für Fremdstoffe aus Lieferungen Dritter im Umfang von 22.968,11 EUR zu, weshalb dem Begehren letztlich im Ausmaß von rund 6.012,95 EUR sA stattgegeben wurde.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Judikatur zu den zivilrechtlichen Auswirkungen auf einen Vertrag zwischen einem Abfallbesitzer und einem Abfallbehandler fehle, wenn Zweifel an der verwaltungsrechtlichen Befugnis der einen und daraus folgenden allfälligen Strafbarkeit der anderen Vertragspartei aufkämen.
Die Revision des Beklagten ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:
1. Zur Frage der Auswirkung (verwaltungsrechtlicher) Verbote auf Lieferverpflichtungen besteht bereits Judikatur.
Ein Geschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist demnach grundsätzlich absolut nichtig (RIS‑Justiz RS0016432). Mangels ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion im Verbotsgesetz gilt dies allerdings nur dann, wenn dies der Zweck des Verbotsgesetzes verlangt (RIS‑Justiz RS0016837).
So bewirkt zum Beispiel das Gebot nach dem Ärztegesetz an Fachärzte, ihre ärztliche Berufstätigkeit auf ihr Sonderfach zu beschränken, nicht die zivilrechtliche Ungültigkeit eines dagegen verstoßenden Behandlungsvertrags (RIS‑Justiz RS0016837 [T8]), oder ist eine Vereinbarung nicht nichtig, durch die ein im Sinne des ZivTG nicht Befugter die Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen übernimmt, die befugten Architekten vorbehalten sind. Daher ist ein Honorarzuspruch für solche Leistungen gegeben (RIS‑Justiz RS0038569). Auch der Zweck gewerberechtlicher Normen besteht nach der Judikatur nicht darin, die Möglichkeit zu geben, von unbefugten Personen getroffene Vereinbarungen rückgängig zu machen (RIS‑Justiz RS0029666).
Im Lichte dieser Rechtsprechung genügen bloße Zweifel an verwaltungsrechtlichen Befugnissen eines Vertragspartners umso weniger für eine Nichtigkeit des ‑ nachträglich unerwünschten ‑ Geschäfts.
2. Es kommt hier auf Rechtsfragen des AWG insbesondere deshalb nicht an, weil der Beklagte während der Abwicklung des Vertragsverhältnisses keine solchen Bedenken äußerte, und der Klägerin damit keinen Anlass zur Beschaffung allenfalls noch fehlender behördlicher Bewilligungen gab. Vielmehr hat der Beklagte offensichtlich erst im Prozess nach einem Grund zur Rechtfertigung seines wegen eines günstigeren Geschäfts vorgenommenen Vertragsbruchs gesucht. Unter diesen Umständen ist es nicht erforderlich, die Berechtigung angeblicher rechtlicher Zweifel des Beklagten (die die zuständigen Behörden ohnehin nicht teilten) nachzuprüfen.
3. Auch im Zusammenhang mit der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens wirft die Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf, hat doch bereits das Berufungsgericht dargelegt, dass nach der Judikatur das Begehren, Schadenersatz zu verlangen, die Erklärung des Rücktritts in sich schließt (RIS‑Justiz RS0018282).
4. Die Ausführungen der Revision zur ergänzenden Vertragsauslegung zeigen deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil dies nicht entscheidungswesentlich ist. Der Beklagte hat seine Lieferverpflichtung eben nicht wegen Zweifeln an verwaltungsrechtlichen Befugnissen der Klägerin und der Sorge, sich insofern verwaltungsrechtlich strafbar zu machen, unerfüllt gelassen, sondern weil er einen „besseren“ Abnehmer gefunden hatte.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Der Beklagte strebte mit seiner Revision die Abweisung des Klagebegehrens an. Der Revisionsstreitwert betrug daher 28.981,06 EUR.
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