OGH 2Ob177/13p

OGH2Ob177/13p13.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** W*****, vertreten durch Mag. Sigrun List, Rechtsanwältin in Eugendorf, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei Z***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Klaus Fürlinger und Dr. Christoph Arbeithuber, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. B***** S*****, und 2. O***** Versicherung AG, *****, beide vertreten durch Mag. Dr. A. Michael Dallinger, Rechtsanwalt in Wels, wegen 63.484 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über den Revisionsrekurs der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 8. Juli 2013, GZ 1 R 104/13i‑36, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 6. Mai 2013, GZ 2 Cg 241/12m‑25, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00177.13P.0213.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Nebenintervenientin ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.255,60 EUR (darin enthalten 375,93 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadenersatz in Höhe von 63.484 EUR sA und Feststellung im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall in Anspruch, die Erstbeklagte als Lenkerin des gegnerischen Fahrzeugs und die Zweitbeklagte als dessen Haftpflichtversicherer.

Die Beklagten bestritten den Klagsanspruch und wendeten eine unfallkausale Schadenersatzforderung in Höhe von 4.182,50 EUR kompensando ein.

Der Haftpflichtversicherer des Klagsfahrzeugs erklärte, ohne dass ihm der Streit verkündet worden wäre, seinen Beitritt als Nebenintervenient. Die Inanspruchnahme der Klägerin aus der Kompensandoforderung begründe sein rechtliches Interesse an ihrem Obsiegen.

Die Beklagten beantragten die Zurückweisung der Nebenintervention wegen fehlenden rechtlichen Interesses.

Das Erstgericht bejahte das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, das Rekursgericht verneinte dieses und wies die Nebenintervention zurück. Den ordentlichen Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil zur Frage der Zulassung der Nebenintervention des Haftpflichtversicherers des klagenden Geschädigten im Zusammenhang mit einer Kompensandoforderung des Beklagten keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Nebenintervenienten ist ungeachtet des ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Zulassungsausspruchs des Rekursgerichts in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Gemäß § 17 ZPO ist Voraussetzung für die Zulässigkeit der Nebenintervention unter anderem das Vorliegen eines rechtlichen Interesses am Obsiegen einer Partei. Ein rechtliches Interesse ist gegeben, wenn die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar auf die privatrechtlichen oder öffentlich‑rechtlichen Verhältnisse des Nebenintervenienten günstig oder ungünstig einwirkt; ein wirtschaftliches Interesse reicht nicht aus. Es hat daher der Haftpflichtversicherer im Prozess seines auf Schadenersatz geklagten Versicherungsnehmers ein Interventionsrecht. Klagt aber umgekehrt der Versicherungsnehmer einen anderen auf Schadenersatz, so besteht für den Versicherer keine Interventionsbefugnis, weil durch diesen Prozess nicht dessen Rechtssphäre, sondern nur wirtschaftliche Interessen berührt werden (2 Ob 548/95 mwN; RIS‑Justiz RS0035819).

2. Die bloß von dem rechtlichen Interesse an der Entscheidung über eine im Prozess eingewendete Gegenforderung abgeleitete Nebenintervention ist sowohl auf Seite des Beklagten wie auch des Klägers unzulässig (RIS‑Justiz RS0033869; vgl auch RS0033879).

3. Im vorliegenden Fall leitet der Haftpflichtversicherer der Klägerin seine Interventionsbefugnis von der seitens der Beklagten kompensando eingewendeten Gegenforderung ab. Diese führt ‑ entgegen der Behauptung des Revisionsrekurswerbers ‑ nicht gleichsam zu einem „Passivprozess“ der Klägerin, begründet doch die aufrechnungsweise Geltendmachung einer Gegenforderung keine Streitanhängigkeit gegenüber einer allfälligen selbstständigen Einklagung des Anspruchs und soll die Aufrechnungsbefugnis ‑ die als Mittel der sogenannten „Selbstexekution“ und zur Beseitigung des Insolvenzrisikos dient ‑ die selbstständige Verfolgung der Gegenforderung nicht behindern (Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO3 §§ 232-233 Rz 10). Im Übrigen kann ‑ wie auch das Rekursgericht betonte ‑ aus einer berechtigten Gegenforderung bloß eine teilweise Klageabweisung, nicht aber eine Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber den Beklagten resultieren.

Das Rekursgericht hat daher im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung vertretbar die Interventionsbefugnis des Haftpflichtversicherers der Klägerin verneint. Der Revisionsrekurs ist somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Ihr Schriftsatz diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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