Spruch:
Bernhard L***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht der Beschwerde des Bernhard L*****, dem die Staatsanwaltschaft mit Anklageschrift vom 30. September 2013, AZ 6 St 249/10x (ON 280 in den Akten 34 Hv 29/13g des Landesgerichts Leoben) das Verbrechen des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall und 15 StGB zur Last legt, gegen die Fortsetzung der am 10. Oktober 2013 verhängten und am 29. November 2013 fortgesetzten Untersuchungshaft (ON 321 der Hv‑Akten) nicht Folge und perpetuierte die freiheitsentziehende Provisorialmaßnahme aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b, lit c StPO.
Dabei hielt es den Angeklagten ‑ dem Beschwerdevorwurf entgegen auch mit hinreichenden Annahmen zur subjektiven Tatseite ‑ dringend verdächtig, er habe im Zeitraum von März 2008 bis zumindest 17. August 2013 in S***** und an verschiedenen Orten in Österreich im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Konrad B***** 340 namentlich angeführte sowie 419.660 namentlich nicht bekannte Personen mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Unterfertigung und Rücksendung eines Formulars, womit ein kostenpflichtiger Vertrag mit der B***** GmbH, der I***** S.L. bzw dem Nachfolgeunternehmen H***** S.L. für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen wurde sowie zur Überweisung näher angeführter Geldbeträge auf näher bezeichnete Konten verleitet bzw zu verleiten versucht, die die Opfer in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag von zumindest 650.256.061,13 Euro am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten. Dabei soll er vorerst namens der B***** GmbH, danach namens der I***** S.L. und nachfolgend namens der H***** S.L. sogenannte Eintragungsanträge und Korrekturabzüge an die Opfer versandt haben, wobei in dem Formular durch das Schriftbild der Eindruck erweckt wurde, die gesamte Einschaltung sei kostenlos, während tatsächlich lediglich Änderungen kostenlos waren und lediglich im Kleingedruckten angeführt war, dass monatlich 43 Euro netto zu bezahlen sei, und sich nur aus der Randeintragung des Einschaltungszeitraums ergab, dass ein Vertrag über drei Jahre abgeschlossen wurde. Betreffend den Auftritt mit der H***** S.L. soll er durch die Verwendung gelber Formulare mit dem Aufdruck „gelbes Branchenbuch“ unter der irreführenden Verwendung des Firmenwortlauts H***** S.L. vorgespiegelt haben, es handle sich dabei um das in Österreich etablierte Unternehmen He***** GmbH, und somit auch dadurch vorgetäuscht haben, die Eintragung sei kostenlos, weil die He***** GmbH derartige Eintragungen kostenlos vornimmt. „Bzw“ habe er vorgegeben, es werde (bezüglich aller drei Unternehmen) eine dem monatlichen Entgelt von 43 Euro netto entsprechende Leistung vorgenommen, wogegen die Einschaltung tatsächlich im Wesentlichen wertlos war, teilweise sogar falsche Daten eingetragen, teilweise auch gar keine Eintragungen vorgenommen wurden bzw diese lediglich einen geringeren, keinesfalls den Preis von 43 Euro netto monatlich rechtfertigenden Wert darstellte, „sowie teilweise zur Bezahlung von Mahnspesen, teilweise zur Bezahlung von Anwaltskosten“.
Rechtliche Beurteilung
Die Grundrechtsbeschwerde bekämpft inhaltlich lediglich die Annahme der Tatbegehungsgefahr und die Verweigerung der Enthaftung gegen gelindere Mittel.
Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof in Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen (§ 174 Abs 3 Z 4 StPO, worunter das Gesetz die deutliche Bezeichnung der den Ausspruch über das Vorliegen entscheidender Tatsachen tragenden Gründe versteht) abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste; einzelne aus Sicht des Beschwerdeführers erörterungsbedürftige Umstände bei dieser Prognose nicht ausdrücklich erwähnt zu haben, kann der angefochtenen Entscheidung nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden (RIS‑Justiz RS0118185, RS0117806 [T1, T17, T28]).
Das Oberlandesgericht begründete die Tatbegehungsgefahr mit jahrelanger, selbst während des anhängigen Strafverfahrens vielfach fortgesetzter Delinquenz des (wenngleich länger zurückliegend) einschlägig vorbestraften Angeklagten, der Schulden von 180.000 Euro und Sorgepflichten für drei Kinder hat, jedoch ein Einkommen bloß aus einer ‑ substratlos vorgebrachten ‑ Vermietung („Mietshaus in Nürnberg, Mietwohnung in Teneriffa“) erzielt (BS 3, 4). Dass es dabei nicht ausdrücklich erwähnte, der Beschwerdeführer habe seine Tätigkeit im Sinne des Anklagevorwurfs bereits im ersten Halbjahr 2013 ‑ also längere Zeit vor Verhaftung ‑ eingestellt, ist irrelevant, weil dadurch die dargestellte Argumentation des Beschwerdegerichts nicht willkürlich wird. Von einem „Wegfallen der Gelegenheit zur Begehung“ der im Gegenstand inkriminierten Straftaten (§ 173 Abs 3 letzter Satz StPO) kann bei bloßer Beendigung der mutmaßlich strafbaren Tätigkeit ‑ selbst unter „Stilllegung der in Spanien registrierten Firmen“ ‑ keine Rede sein.
Zu Unrecht sieht der Rechtsmittelwerber im Übrigen den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr als „Maßnahme zur Sicherung des Verfahrens“ an (zur richtigen Einordnung siehe etwa Kirchbacher/Rami, WK‑StPO § 173 Rz 38).
Mit erstmals in der Grundrechtsbeschwerde genannten gelinderen Mittel („Übertragung der Rechte und Pflichten aus der gesamten geschäftlichen Tätigkeit an eine natürliche Person im Umfang eines Insolvenzverwalters, aber auch eine Löschung der [vom Angeklagten] geführten Firma ... Weisungen, jeden Wechsel seines Aufenthalts anzuzeigen, sich nicht ohne Genehmigung der Staatsanwaltschaft von seinem Aufenthaltsort zu entfernen, zeitlich regelmäßige Aufenthaltsmeldungen etwa im Wege von persönlichen Meldungen bei örtlich nahegelegenen Polizeidienststellen ..., grundsätzlich nicht unternehmerisch tätig zu werden, sowie zusätzlich die dem entsprechenden Gelöbnisse“) zeigt der Angeklagte ‑ abgesehen davon, dass sich ein Teil seiner Anregungen auf den aktuell nicht thematisierten Haftgrund der Fluchtgefahr beziehen ‑ nicht auf, worin dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre, wenn es seine Einschätzung, wonach fallbezogen keine gelinderen Mittel zu erkennen sind, die die Untersuchungshaft effektiv substituieren könnten, (deutlich genug) auf die Begründung des angenommenen Haftgrundes stützte (vgl zuletzt 14 Os 156/13t uva).
Die Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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