OGH 11Os8/14g

OGH11Os8/14g11.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sattlberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin M***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 2 St 80/11w der Staatsanwaltschaft Graz (20 HR 204/13a des Landesgerichts für Strafsachen Graz), über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Martin M***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 27. Dezember 2013, AZ 8 Bs 490/13i (ON 184 des Ermittlungsaktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Martin M***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Aufgrund gerichtlich bewilligter Festnahmeanordnung vom 2. Oktober 2013 (ON 139) wurde Martin M***** am 4. Oktober 2013 festgenommen und über ihn mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 5. Oktober 2013 (ON 146) die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 2 und 3 lit b StPO verhängt.

Mit Beschluss vom 21. Oktober 2013 wurde diese zunächst aus den Haftgründen der Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und 2 Z 2 und 3 lit b und d StPO (ON 159) und mit Beschluss vom 21. November 2013 (ON 167) wieder aus jenen nach § 173 Abs 1 und 2 Z 2 und 3 lit b StPO fortgesetzt. Am 2. Dezember 2013 wurde einem Enthaftungsantrag des Beschuldigten (ON 168) nicht entsprochen und die Haftfortsetzung aus denselben Gründen wie zuletzt mit der Maßgabe angeordnet, dass der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr mit 5. Dezember 2013 entfällt (ON 171).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten Beschwerde des Martin M***** (ON 172) gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 27. Dezember 2013, AZ 8 Bs 490/13i (ON 184), nicht Folge und setzte seinerseits die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO (Fristende 27. Februar 2014) fort.

Dabei erachtete das Beschwerdegericht Martin M***** dringend verdächtig, in F***** bei G*****, G***** und anderen Orten des Bundesgebiets

I./ von Juli 2007 bis Juli 2008 als faktischer Geschäftsführer der I***** GmbH im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Robi D***** (vormals Robert S*****) und Harald F***** die handelsrechtlichen Geschäftsführer der I***** GmbH Ivan R***** und Albert Ra***** dazu bestimmt zu haben, Beiträge zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger, nämlich der Wiener Gebietskrankenkasse (60.688,35 Euro) sowie Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (101.994,94 Euro) in einem 50.000 Euro übersteigenden Ausmaß betrügerisch vorenthalten zu haben, wobei schon die Anmeldung zur Sozialversicherung und die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse mit dem Vorsatz vorgenommen wurden, keine ausreichenden Beiträge und Zuschläge zu leisten;

II./ mit dem Vorsatz, sich oder einen anderen durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

A./ als faktischer Geschäftsführer der I***** GmbH im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Robi D***** und Harald F***** die handelrechtlichen Geschäftsführer der I***** GmbH Albert Ra***** und Ivan R***** dazu bestimmt zu haben,

1./ von August 2007 bis Juli 2008 durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der I***** GmbH, Verfügungsberechtigte nachstehender Unternehmen zur Herausgabe von Material, somit zu Handlungen zu verleiten, die diese an ihrem Vermögen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar die Z***** GmbH (20.901,17 Euro), L***** reg GenmbH (34.488,25 Euro), S***** GmbH (4.500,25 Euro), B***** KG (14.919,79 Euro), Ba***** GmbH (22.598,44 Euro), Bau***** GmbH (43.031,09 Euro), Baum***** AG (1.679,59 Euro), Ru***** GmbH (2.321,58 Euro) und Sü***** GmbH & Co KG (1.017,03 Euro) sowie K***** GmbH (79.570,66 Euro) und

2./ von 2. Jänner 2008 bis 4. Juli 2008 Berechtigte der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, dass die in der Arbeitnehmer-Liste Nr ***** angeführten Personen Anspruch auf Auszahlung von Urlaubsentgelten im begehrten Umfang haben und es hinsichtlich der angeführten Konten Nr ***** und ***** der Bank Austria (BLZ 12000) sowie ***** der BAWAG P.S.K. (BLZ 14000) um die jeweilige Kontoverbindung der in der genannten Liste angeführten Personen, sohin Arbeitnehmern der I***** GmbH handelt, während tatsächlich andere, bislang unbekannte Personen die Verfügungsberechtigung für diese Konten hatten, zur Überweisung von insgesamt 24.477,09 Euro, zu veranlassen, wobei es beim Versuch blieb;

B./ als faktischer Geschäftsführer der ST***** GmbH im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Robi D***** den handelsrechtlichen Geschäftsführer der ST***** GmbH Marjan Iv***** von Jänner 2009 bis Juli 2009 dazu bestimmt zu haben, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vortäuschung einer falschen Identität und der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der ST***** GmbH, Verfügungsberechtigte nachstehender Unternehmen zur Herausgabe von Material, zum Abschluss von Leasingverträgen für mehrere Fahrzeuge und deren Herausgabe, somit zu Handlungen zu verleiten, die die Unternehmen an ihrem Vermögen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag schädigten, und zwar Bauma***** (2.577,55 Euro), A. *****gmbH (2.108,28 Euro), H***** GmbH (7.861,71 Euro), Li***** GmbH - ***** (13.266,34 Euro), M***** GmbH-Austria (5.104,60 Euro) sowie Berechtigte der Au***** OHG bzw der Fo***** (Schaden zumindest 24.278,20 Euro), wobei Marjan Iv***** teilweise zur Täuschung eine falsche Urkunde, nämlich einen verfälschten Reisepass lautend auf Rajko Ko*****, benützte;

III./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Robi D***** und Harald F***** gewerbsmäßig Personen zur unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung angeworben zu haben, und zwar

1./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2008 als faktischer Geschäftsführer der I***** GmbH den Gerhard In***** und

2./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Zeitraum von Jänner 2009 bis Juli 2009 als faktischer Geschäftsführer der ST***** GmbH den Franz Kr*****.

In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht die Verdachtslage zu diesem (als hafttragend erachteten) Verhalten den Verbrechen des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz nach § 153d Abs 1, 2 und 3 StGB (I) und des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (erster Fall) und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (II) als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB sowie den Vergehen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 (Z 1) und Abs 2 StGB (III).

Den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO gründete das Oberlandesgericht (BS 10 letzter Absatz) auf die Befürchtung, dass der Beschuldigte, der eine einschlägige Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien, AZ 064 Hv 160/07b, vom 13. Oktober 2009 wegen § 153d Abs 1 und 3 StGB aufweise, und dem nunmehr fortgesetzte, schwere (Sozial-) Betrugshandlungen seit dem Jahr 2007 (als Bestimmungstäter) zur Last gelegt werden, nach dem Anlassbericht der Landespolizeidirektion Steiermark vom 16. Oktober 2013 (ON 157) weitere gleichgelagerte Straftaten auch im Zusammenhang mit der RAA***** sowie weiteren Gesellschaften begangen habe. Bei dem dargestellten System krimineller Machenschaften, welches darauf aufbaue, dass der Beschuldigte offiziell nicht selbst als Verantwortlicher der Unternehmen auftrete, verstehe es sich von selbst, dass dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr durch Untersagung jeglicher Tätigkeit im Baugewerbe nicht effektiv zu begegnen sei und auch andere gelindere Mittel zur Substituierung der Haft gegenwärtig nicht in Betracht kämen. Eine Unverhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Untersuchungshaft sei in Relation zur Bedeutung der Sache und zu der im Falle eines Schuldspruchs zu erwartenden Strafe nicht auszumachen.

Dem in der Haftbeschwerde erhobenen Vorwurf der Verletzung des Beschleunigungsgebots erwiderte das Beschwerdegericht, dass wegen des erheblichen Verfahrensumfangs und der Komplexität der zu klärenden Sachverhalte (Vielzahl der involvierten Personen, besonderer Aufwand bei der Auswertung von Datenmaterial), deren Ausmaß erst durch die umfassenden Aussagen des Robi D***** erhelle, die seit dem 4. Oktober 2013 andauernde Haft unter dem Aspekt ihrer Angemessenheit nicht zu beanstanden sei. Zur Kürzung der Haft könne allerdings eine Verfahrenstrennung dienlich sein.

Der dagegen gerichteten Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Martin M***** (ON 189) kommt keine Berechtigung zu:

Setzt das Oberlandesgericht im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung die Untersuchungshaft fort, muss es Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht treffen, welche die rechtliche Beurteilung ermöglichen, ob durch die solcherart als sehr wahrscheinlich angenommenen Tatsachen ‑ objektiv wie subjektiv ‑ eine hafttragende strafbare Handlung begründet wird (RIS-Justiz RS0120817 [T5, T7], RS0119859; Kier in WK2 GRBG § 2 Rz 32 f). Den maßgeblichen Bezugspunkt für diese Beurteilung bildet die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Sachverhaltsannahmen (vgl RIS-Justiz RS0099810 und RS0117228).

Die Behauptung einer Grundrechtsverletzung wegen Fehlens von Feststellungen (§ 10 GRBG iVm § 2 Abs 1 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO) zur subjektiven Tatseite hinsichtlich sämtlicher Verdachtsfakten (I bis III; Punkte 1.1. bis 1.3. des Beschwerdevorbringens) orientiert sich nicht an der Gesamtheit der vom Oberlandesgericht getroffenen Annahmen, wonach der Beschwerdeführer im dringenden Verdacht steht, jeweils mit dem Ziel, im Zusammenwirken mit anderen Tätern durch Gründung, Übernahme und Betreiben von in der Baubranche tätigen Unternehmen dadurch eine unrechtmäßige Bereicherung in großem Umfang zu erzielen, dass weitestgehend keine Abgaben, Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz oder sonstige Verbindlichkeiten bezahlt werden (BS 4), die in Punkt I genannten Beiträge in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag betrügerisch vorenthalten zu haben, wobei schon die Anmeldung zur Sozialversicherung und die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse mit dem Vorsatz vorgenommen wurden, keine ausreichenden Beiträge und Zuschläge zu leisten (BS 2) und die in Punkt II genannten Täuschungshandlungen mit dem Vorsatz, sich oder einen anderen durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, vorgenommen zu haben (BS 2 und BS 6 zur betrügerischen Absicht hinsichtlich der herausgelockten Baumaterialien), wobei sich die in Punkt II/A/1 und II/B genannten Handlungen jeweils auf einen 50.000 Euro übersteigenden Schadensbetrag beziehen (BS 3), sich die „schweren Betrügereien“ aus den in II/A und II/B genannten, über einen insgesamt rund zwei Jahren umfassenden Tatzeitraum (Juli 2007 bis Juli 2009) wiederholten, im Rahmen von unter anderem dafür gegründeten Gesellschaften gesetzten Betrugshandlungen mit einem jeweils 3.000 Euro übersteigenden Schaden sowie aus der Verwendung einer falschen Urkunde, nämlich einem verfälschten Reisepass lautend auf Rajko Ko***** (BS 3 f), ergeben und nach den weiteren Annahmen des Gerichts die Zielsetzung des Beschwerdeführers von Beginn an darauf gerichtet war, sein betrügerisches wirtschaftliches Treiben durch Vorschieben von „Strohmännern“, die zumindest teilweise unter Vorgabe einer falschen Identität und unter Verwendung eines gefälschten Ausweises eingesetzt werden sollten, zu verschleiern (BS 4 f). Nach den Verdachtsannahmen des Beschwerdegerichts hat er auch die ‑ bewusst und gewollt ‑ über einen längeren Zeitraum gesetzten, in Punkt III genannten Handlungen (BS 4) gewerbsmäßig vorgenommen (BS 9, wobei durch Bezugnahme auf das vorher ausführlich dargestellte „Vorgehen des Beschuldigten“ der hinreichende Sachverhaltsbezug für den Obersten Gerichtshof durchaus erkennbar ist ‑ vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19).

Die Kritik an der Annahme, wonach „vorerst von einer Bestimmung der Geschäftsführer zu den schweren Betrugshandlungen durch den Beschuldigten (II) auszugehen ist“ (Punkt 1.4. der Grundrechtsbeschwerde; § 10 GRBG iVm § 2 Abs 1 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO), übersieht, dass die Art strafbarer Beteiligung nach § 12 StGB angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen nicht Gegenstand einer auf § 281 Abs 1 Z 5 oder 10 StPO gestützten Anfechtung ist (RIS-Justiz RS0117604) und die gerügte Verdachtsannahme vom Oberlandesgericht logisch und empirisch einwandfrei aus der dem Beschwerdeführer vor allem aufgrund der Angaben des Robi D***** (ON 134 S 15 ff; ON 136) angelasteten Vorgehensweise (BS 4 ff: Einsatz von im Auftrag des Beschuldigten handelnden „Strohmännern“ mit dem Ziel der Verschleierung der eigenen Tätigkeit) abgeleitet wurde (BS 4, 6 und 7).

Mit Blick auf die im Beschluss angeführte umfassende „Tarnung“ des Beschwerdeführers als „Bauleiter“ oder Angestellter (BS 5) beziehen sich die (im Übrigen prozessordnungswidrig nicht durch vollständige Angabe der Fundstellen in dem mittlerweile 29 Bände umfassenden Akt bezeichneten [RIS‑Justiz RS0124172]) gegen die Annahme faktischer Geschäftsführertätigkeit ins Treffen geführten Angaben der Zeugen Hansjürgen Fr*****, Helmut Pa*****, Erwin N***** und Roland Lö***** (gemeint: jeweils ON 34 S 277, 257, 256 und 303), des Mitbeschuldigten Marjan Iv***** (gemeint ON 117 S 547 ff, alias Haki D***** [ON 39 S 33]) und der „Aktenvermerk des Mitarbeiters des Masseverwalters Mag. Peter Sch*****“ (gemeint: ON 17a S 83 f; Punkte 1.5. bis 1.8. der Grundrechtsbeschwerde; § 10 GRBG iVm § 2 Abs 1 GRBG iVm § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO) nicht auf den getroffenen Verdachtsannahmen widerstreitende und damit gesondert erörterungspflichtige Beweisergebnisse (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 425), weshalb das Oberlandesgericht nicht gehalten war, sich mit diesen im Detail auseinanderzusetzen.

Der Einwand, die Aussage des Mersad C***** befände sich nicht im Akt (Punkt 1.9. der Grundrechtsbeschwerde), ist angesichts der vom Oberlandesgericht in diesem Kontext (BS 7) korrekt angeführten Fundstelle (ON 117 [in concreto: S 487 ff, zusammenfassend S 27 f]) und der Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse aus der in Rede stehenden ON 117 im Rechtsmittel schlichtweg unverständlich.

Im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdever-fahrens überprüft der Oberste Gerichtshof die (in Punkt 2. der Beschwerde kritisierte) rechtliche Annahme der in § 173 Abs 2 (hier: Z 3 lit b) StPO genannten Gefahr darauf, ob sich diese angesichts der zugrunde gelegten bestimmten Tatsachen als willkürlich darstellt (RIS-Justiz RS0117806). Mit dem Hinweis auf den Zeitpunkt der Tathandlungen von Juli 2007 bis Juli 2009 und der ‑ aus dem Gesetz nicht ableitbaren (Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 173 Rz 39) ‑ Behauptung, dass Tatbegehungsgefahr einen dringenden Tatverdacht hinsichtlich der Begehung weiterer strafbarer Handlungen erfordere, zeigt die Beschwerde keine Willkür bei der Ableitung dieses Haftgrundes aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen oder eine sonst „unrichtige rechtliche Beurteilung der Haftgründe“ (Kier in WK2 GRBG § 2 Rz 49 ff) auf. Die Befürchtung, der einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführer, dem die fortgesetzte Tatbegehung zur Last liegt, werde aktuell weitere gleichgelagerte strafbare Handlungen begehen, gründete das Oberlandesgericht (BS 10) auf die bisherigen Ergebnisse der derzeit laufenden Erhebungen der Landespolizeidirektion Steiermark (ON 157 [insbesondere S 5 ff]), aus welchen der Verdacht abzuleiten ist, dass der Beschwerdeführer bis zu seiner Festnahme Machthaber zahlreicher weiterer Bauunternehmen war (ON 157 S 6) und im Zusammenhang mit diesen gleichartige Straftaten ausgeführt und geplant hat, sodass entgegen dem Vorbringen (implizit) auch die länger zurückliegende Tatzeit hinsichtlich der haftbegründenden Vorwürfe ins Kalkül gezogen wurde.

Mit dem Einwand, der Beschuldigte habe im Zusammenhang mit seiner Haftbeschwerde eine Bestätigung für einen Arbeitsplatz außerhalb des Baugewerbes vorgelegt, zeigt die Beschwerde (Punkt 4.) nicht auf, worin dem Oberlandesgericht, das seine Einschätzung, wonach gelindere Mittel „bei dem dargestellten System krimineller Machenschaften“ (das eine unrechtmäßige Bereicherung in großem Umfang anstrebte [BS 4]) gegenwärtig zur Substituierung der Haft nicht in Betracht kämen (BS 10 f), auf den Umstand stützte, dass der Beschuldigte nach der Verdachtslage offiziell nicht selbst als Verantwortlicher der (nach außen hin von Strohmännern geführten) Bauunternehmen aufgetreten ist (BS 4 und 10 f), ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre.

Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen (Punkt 3. des Vorbringens) setzt eine grundrechtsrelevante Verfahrensverzögerung voraus, durch welche die Dauer der Untersuchungshaft insgesamt unangemessen verlängert wird (RIS‑Justiz RS0117747). Die Angemessenheit der Verfahrensdauer (§ 9 Abs 1 StPO) und Verzögerungen in Haftsachen (§§ 9 Abs 2, 177 Abs 1 StPO) sind jeweils an den konkreten Gegebenheiten des Verfahrens zu messen, wobei die aus § 9 Abs 2 StPO relevante Frist mit Festnahme des Beschuldigten zu laufen beginnt (Kier, WK‑StPO § 9 Rz 34 und 57). Mit Blick auf die erst am 30. September 2013 und am 1. Oktober 2013 erfolgten ‑ den dringenden Tatverdacht wesentlich begründenden ‑ Aussagen des Robi D***** (ON 134 S 11 ff; ON 136), die Komplexität der aufzuklärenden Sachverhalte und den Umfang der vorliegenden (und teilweise auch in Ansehung der hafttragenden Vorwürfe noch zu beleuchtenden [vgl ON 164 S 21]) Beweismittel kann ‑ bei seit 4. Oktober 2013 andauernder Haft ‑ von einer unangebrachten Verzögerung und damit einem Verstoß gegen §§ 9 Abs 2, 177 Abs 1 StPO noch keine Rede sein, weshalb das Oberlandesgericht (auch noch) nicht gehalten war, eine Grundrechtsverletzung festzustellen und konkrete Anordnungen zur Verfahrensbeschleunigung (vgl RIS-Justiz RS0124006) auszusprechen.

Martin M***** wurde somit in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu gemäß § 24 StPO erstatteten Äußerung des Verteidigers ‑ ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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