OGH 4Ob211/13b

OGH4Ob211/13b17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizespräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer und Mag. Stefan Lichtenegger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Clemens Krabatsch, Rechtsanwalt in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 2. Oktober 2013, GZ 4 R 166/13d‑10, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 30. August 2013, GZ 5 Cg 56/13d‑6, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.961,64 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 326,94 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Beide Streitteile betreiben Reiseunternehmen.

Die Beklagte ist im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN ***** mit folgender Firma eingetragen: „C***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG“.

Auf der Homepage der Beklagten (www.c *****.at) findet sich im rechten oberen Bereich in einem Informationsfeld folgender Firmenwortlaut: „C***** Ges.m.b.H. & Co. KG“. Auf der Homepage im Feld „Impressum“ wird der Firmenwortlaut wie folgt angegeben: „C***** GmbH & Co KG“. Auf dem downloadbaren Katalog ist der Firmenname mit „C*****“ vermerkt und bei den Hinweisen betreffend Reisebedingungen sowie bei den Veranstalterbedingungen unter Punkt 15. mit „C***** Ges.m.b.H. & Co KG“. Auf der Facebook‑Seite steht nur C*****, es ist zusätzlich die Website angegeben. Bei den Veranstalterbedingungen (Punkt 15.) wird sowohl das Handelsregister Wels als auch die Firmenbuchnummer angegeben. Beides ist auch auf der Homepage im Feld „Impressum“ zu finden.

Die ergänzenden Veranstalterbedingungen sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen können gespeichert und ausgedruckt werden. In den Veranstalterbedingungen wird auf Bestimmungen des deutschen Rechts (Paragraphenzitate BGB) verwiesen.

Die Homepage lässt keinen direkten Zugriff auf gewerbe‑ und berufsrechtliche Vorschriften zu.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin, der Beklagten mit Einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr auf ihrer Website keinen Hinweis auf die anwendbaren gewerbe‑ und berufsrechtlichen Vorschriften und den Zugang zu diesen anzugeben, auf ihrer Website verschiedene Firmenbezeichnungen anzugeben, insbesondere solche, die nicht mit dem Firmenbuch im Einklang stehen, die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht nicht anzugeben, die natürliche oder juristische Person, die die kommerzielle Kommunikation in Auftrag gegeben hat, nicht anzugeben, die Vertragsbestimmungen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Nutzer nicht so zur Verfügung zu stellen, dass er sie speichern und wiedergeben kann, im Impressum nicht den Firmenwortlaut wiederzugeben, wie er im Firmenbuch registriert ist, im Katalog auf den Hinweisen auf die Firma oder zu deren allgemeinen Reisebedingungen den Firmenwortlaut nicht richtig wiederzugeben sowie eine Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht nicht anzuführen, auf den downloadbaren Veranstalterbedingungen die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht sowie den Firmennamen, wie im Firmenbuch angegeben, nicht wiederzugeben, auf der Facebook‑Seite den Firmenwortlaut, Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht nicht anzugeben und Veranstaltungsbedingungen so wiederzugeben, dass sie auf deutsches Recht und ausländische AGB verweisen. Die Beklagte halte sich nicht an die für das Reisebürogewerbe erlassenen Vorschriften. Sie betreibe im Internet Werbung, welche dem E‑Commerce‑Gesetz (ECG) widerspreche. Sie verwende fünf verschiedene falsche Schreibweisen des Firmennamens. Weiters fehle ein Hinweis oder eine Zugriffsmöglichkeit auf die anwendbaren gewerbe‑ und berufsrechtlichen Vorschriften. Die Facebook‑Seite und der Online‑Katalog entsprächen ebenfalls nicht den Anforderungen des E‑Commerce‑Gesetzes. Die ergänzenden Veranstaltungsbedingungen der Beklagten seien insofern unrichtig, als sich alle angeführten Paragraphen und Hinweise auf deutsches Recht bezögen. Die Beklagte habe sittenwidrig iSd § 1 UWG gehandelt; ihr Verhalten sei auch als irreführende Geschäftspraxis gemäß § 2 Abs 4 und 5 UWG anzusehen.

Die Beklagte äußerte sich zum Sicherungsantrag trotz entsprechender Aufforderung nicht.

Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren zur Gänze ab. Die Beklagte sei den Anforderungen des ECG mit einer Ausnahme nachgekommen, lediglich der Hinweis auf die gewerbe‑ und berufsrechtlichen Vorschriften sowie der Hinweis auf die Kammer, den Berufsverband oder eine ähnliche Einrichtung fehlten. Firmenbuchnummer sowie das Firmenbuchgericht seien angeführt, die geringfügig unterschiedliche Schreibweise des Firmennamens schade nicht. Der unterbliebene Hinweis auf die berufs‑ und gewerberechtlichen Vorschriften sei nicht geeignet, geschäftliche Entscheidungen eines Verbrauchers zu dessen Nachteil zu beeinflussen. § 6 Abs 1 Z 2 ECG komme hier nicht zur Anwendung, weil keine Werbung der Beklagten vorliege, die Klägerin beanstande lediglich die Website und den Internetauftritt der Beklagten. Die Beklagte habe überdies die Vertragsbestimmungen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in dem Gesetz entsprechender Weise zur Verfügung gestellt. Dass auf deutsches Recht verwiesen werde, schade nicht, eine Inhaltskontrolle der AGB sei nicht vorzunehmen.

Das Rekursgericht erließ die beantragte Einstweilige Verfügung in Ansehung des fehlenden Hinweises auf die anwendbaren gewerbe‑ und berufsrechtlichen Vorschriften und den Zugang zu diesen. Im Übrigen bestätigte es die Abweisung des Sicherungsbegehrens und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Fall fehle.

Gemäß § 2 Abs 4 UWG gelte eine Geschäftspraktik auch dann als irreführend, wenn sie unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen nicht enthalte, die der Marktteilnehmer benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet sei, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 2 Abs 5 UWG gelten die im Gemeinschaftsrecht festgelegten Informationsanforderungen im Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing jedenfalls als wesentliche Informationen iSd § 2 Abs 4 UWG. Das Erstgericht habe daher zu Unrecht die Wesentlichkeit des unterlassenen Hinweises auf gewerbe‑ und berufsrechtliche Vorschriften geprüft. Das Sicherungsbegehren sei daher in diesem Umfang berechtigt. Im Übrigen sei das Sicherungsbegehren aber nicht berechtigt, weil eine eindeutige Identifizierung der Beklagten trotz unterschiedlicher Schreibweisen ihres Firmenwortlauts für jeden potentiellen Vertragspartner leicht möglich sei. Die unterschiedlichen Schreibweisen des Firmennamens bildeten keinen Wettbewerbsverstoß. Auf die Facebook‑Seite komme die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel nicht mehr zurück, darauf sei daher nicht weiter einzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie ihr Sicherungsbegehren weiter verfolgt, ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Da die Klägerin in ihrem Rekurs gegen die gänzliche Abweisung ihres Sicherungsantrags auf ihre Beanstandung der Facebook‑Seite der Beklagten einerseits und inhaltliche Mängel der Hinweise auf Vertragsbestimmungen oder Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht Bezug nimmt, ist insoweit von unbekämpft gebliebenen selbständigen Streitpunkten auszugehen, die im Revisionsrekurs nicht mehr aufgegriffen werden können (3 Ob 128/05b uva; RIS‑Justiz RS0043480 [T22]). Im Übrigen befasst sich § 11 ECG lediglich mit der Information des Nutzers über Vertragsbestimmungen und Geschäftsbedingungen, inhaltliche Anforderungen sind nicht normiert.

Ob der beanstandete Internetauftritt der Beklagten als kommerzielle Kommunikation iSd § 6 ECG aufzufassen ist, braucht nicht näher untersucht zu werden. Ein Verstoß der Beklagten gegen § 6 Abs 1 Z 2 ECG, wonach die natürliche oder juristische Person, die die kommerzielle Kommunikation in Auftrag gegeben hat, klar und eindeutig erkennbar sein muss, liegt jedenfalls nicht vor. Ihrem Internetauftritt sind sowohl ihr Name als auch die zugehörigen Registrierungsdaten klar und eindeutig zu entnehmen, weshalb Zweifel über die Person des Auftraggebers von vornherein ausgeschlossen sind.

Zu prüfen bleiben jene Unterlassungsbegehren, die die Klägerin auf die Verletzung der Offenlegungspflicht nach § 5 ECG stützt.

Gemäß § 5 Abs 1 ECG hat ein Diensteanbieter den Nutzern ständig leicht und unmittelbar zugänglich seinen Namen oder seine Firma (Z 1) und ‑ sofern vorhanden ‑ die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht zur Verfügung zu stellen (Z4 ).

Durch die Angabe des Namens oder der Firma sowie der Firmenbuchnummer und des Firmenbuchgerichts soll dem Nutzer die Identifizierung und die Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter ermöglicht/erleichtert werden (Burgstaller/Minichmayr, ECG, § 5, 101). Der Nutzer soll im Konfliktfall einen Anknüpfungspunkt für eine etwaige Rechtsverfolgung erhalten (4 Ob 186/08v mwN). Dem selben Zweck dient auch die ‑ hier nicht strittige ‑ Vorschrift, zur Offenlegung der geographischen Anschrift der Niederlassung sowie weiterer Kontaktdaten (§ 5 Abs 1 Z 2 und 3 ECG).

Dass die Verletzung der Informationspflichten des ECG (und auch des MedienG) geeignet sein kann, eine unsachliche Kaufentscheidung herbeizuführen, und so dem Rechtsverletzer einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, ist anerkannt (Schmid in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 791; vgl Blume/Hammerl, ECG, § 5 Anm 20). Gemäß § 2 Abs 5 UWG (Art 5 RL‑UGB) gelten die in § 5 ECG enthaltenen Informationspflichten jedenfalls als wesentlich. Das Rekursgericht hat daher zu Recht die gesonderte Prüfung der Irreführungseignung (Wesentlichkeit) unterlassen (vgl Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 § 2 Rz 523).

Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt hat die Beklagte aber gegen die Offenlegungsverpflichtung des § 5 Abs 1 Z 1 und 4 ECG nicht verstoßen. Ihrem Internetauftritt ist ständig, leicht und unmittelbar zugänglich sowohl ihr Name/ihre Firma, als auch die Firmenbuchnummer und das Firmenbuchgericht zu entnehmen. Der Umstand, dass die Beklagte an verschiedenen Stellen ihres Internetauftritts Abkürzungen ihres Firmenwortlauts verwendet, Firmenbestandteile in Fettdruck hervorhebt oder allgemein gebräuchliche Abkürzungen (Ges. für Gesellschaft) verwendet gefährdet in keiner Weise die vom Gesetz angestrebte vollständige Information des Nutzers über Identität und Erreichbarkeit seines potentiellen Vertragspartners. Es schadet auch nicht, dass die erforderlichen Daten (Name oder Firmenwortlaut einerseits und Firmenbuchnummer und Firmenbuchgericht andererseits) nicht im eigens hervorgehobenen Feld „Impressum“ zusammengefasst sind, wenn sie sonst im Rahmen des Internetauftritts ständig, leicht und unmittelbar zugänglich sind, was nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu prüfen ist (hier etwa Firmennamen im rechten oberen Bereich der Homepage).

Diese Erwägungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ob ein Diensteanbieter die Offenlegungsverpflichtungen des § 5 Abs 1 ECG erfüllt, ist nach den Umständen des Einzelfalls insoweit zu prüfen, ob der Nutzer die zur Identifizierung des Diensteanbieters sowie die zur Ermöglichung der Kontaktaufnahme notwendigen Daten ständig, leicht und unmittelbar erlangen kann. Die Verwendung allgemein gebräuchlicher Abkürzungen schadet ebensowenig wie die Verwendung individueller Abkürzungen etwa des Namens, wenn der ungekürzte vollständige Wortlaut dem Gesamtauftritt ständig, leicht und unmittelbar zu entnehmen ist.

Mangels bescheinigten Verstoßes gegen die ins Treffen geführten Offenlegungsbestimmungen erweist sich das klägerische Sicherungsbegehren als unberechtigt.

Eine Bekämpfung der rekursgerichtlichen Kostenentscheidung ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ausgeschlossen.

Dem insgesamt unberechtigten Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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