Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen wegen Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthaltenden - Urteil wurden Mario L***** und Jürgen L***** jeweils des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach haben in B***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Mario L***** als Geschäftsführer der Le*****gmbH und Jürgen L***** als Bautechniker dieser Gesellschaft, mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit des genannten Unternehmens, zu Handlungen verleitet, die diese mit einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar dadurch, dass Jürgen L***** im Zuge der Vertragsverhandlungen und Mario L***** bei Übermittlung der schriftlichen Auftragsbestätigung am 5. Juli 2010 (US 10) die wahre Ertragssituation des Unternehmens verschwiegen, Verfügungsberechtigte der Z***** zur Erbringung von Holzbauarbeiten und Lieferung von Materialien im Wert von 10.674,71 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die von den Angeklagten in einem gemeinsamen Schriftsatz ausgeführten und auf Z 5 und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, welche ihr Ziel verfehlen.
Die Mängelrüge (nominell Z 5 zweiter und vierter Fall, inhaltlich bloß zweiter Fall) behauptet, das Erstgericht hätte bei seiner Feststellung, wonach die beiden Angeklagten es bereits bei den Vertragsverhandlungen und der Auftragserteilung ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, Stefan T***** sen. über die tatsächlich nicht bestehende Zahlungsfähigkeit der Le*****gmbH zu täuschen und „damit einhergehend den Verfügungsberechtigten der Firma Z***** in dieser Höhe am Vermögen zu schädigen“ (US 10), in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse übergangen. Die leugnende Verantwortung des Mario L***** haben die Tatrichter - entgegen dem diesbezüglichen Vorwurf - jedoch berücksichtigt (US 11, 14 ff). Es ist kein Begründungsmangel, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt aller Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn das Gericht im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch einwandfrei und zureichend begründet, warum es von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS-Justiz RS0098377). Im Übrigen bleibt völlig offen, inwiefern die Verantwortung des genannten Angeklagten erheblich sein sollte, wonach er auf Rat seiner „spezialisierten Berater nach Fälligstellung des Kontokorrentkredites durch die B***** AG im Juli 2010 keine Zahlungen an Firmengläubiger mehr tätigen durfte, und dies auch Stefan T***** mitgeteilt hat“. Das gilt auch für die diese Angaben angeblich erhärtenden Aussagen des Sachverständigen Mag. (FH) G***** und des Zeugen J*****. Dass diese angebliche Mitteilung an Stefan T***** vor Durchführung der Tischlerarbeiten erfolgt sei, behauptet der Angeklagte gar nicht.
Ob der Zeuge Stefan T***** mit der Le*****gmbH schon mehrere Projekte klaglos abwickeln konnte, ist ebensowenig entscheidend, wie dessen Aussage, die beauftragten Arbeiten bereits begonnen zu haben, bevor er das in den Zahlungsmodalitäten von Mario L***** korrigierte Auftragsschreiben vom 5. Juli 2010 erhalten hatte (US 16; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399). Ebensowenig war die Aussage des Zeugen erörterungsbedürftig, wonach ihn Mario L***** „in der Folge“ davon informiert habe, dass er seine Forderung wegen Konkurses nicht begleichen könne.
Warum die Tatrichter sich mit dem aus dem Sachverständigengutachten des Mag. (FH) G***** ergebenden Umstand, dass die Forderung des Stefan T***** „nicht einmal die letzte vor Beantragung des Sanierungsverfahrens war, sondern ihr noch fünf weitere Geschäftsfälle gefolgt sind“, auseinandersetzen hätten sollen, bleibt offen. Ob die Angeklagten bei den anderen zeitlich vor und nach der gegenständlichen Auftragsvergabe liegenden Geschäftsfällen mit Schädigungsvorsatz gehandelt haben, ist irrelevant. Das gilt auch für das Vorbringen, wonach zahlreiche Geschäftspartner (darunter auch die Z*****) „in diesem Zeitraum“ volle Bezahlung erhalten hätten. Im Übrigen sagte der Zeuge Stefan T***** sen. bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung am 20. Juli 2011 (ON 32, Teil 2, S 53) - entgegen dem gegenteiligen Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde - aus, dass der Rechnungsbetrag von ca 10.600 Euro eben nicht bezahlt wurde.
Mit dem Vorbringen, eine „Gesamtbeurteilung“ ergäbe, dass beim gegenständlichen Geschäftsfall kein Schädigungsvorsatz, sondern ein „ehrliches Scheitern“ vorlag, bekämpft die Nichtigkeitsbeschwerde nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Entgegen dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (inhaltlich Z 5 vierter Fall), das Erstgericht hätte die Feststellungen zur Mitwirkung des Jürgen L***** an der Auftragsvergabe nicht begründet, konnten sich die Tatrichter diesbezüglich nicht bloß auf die Angaben des Zeugen Stefan T***** sen. stützen, sondern gestand der genannte Angeklagte seine Teilnahme an den Vertragsverhandlungen selbst zu (US 16).
Die Angeklagten behaupten einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) und bringen vor, aus dem angefochtenen Urteil ergebe sich nicht, über welche „betrugsrelevanten Tatsachen eine Täuschung Stefan T*****s erfolgt sein soll“. Dabei übergehen sie jedoch die eindeutigen Konstatierungen, wonach sie bei den Vertragsverhandlungen und der Auftragserteilung Stefan T***** sen. über die Zahlungsfähigkeit der Le*****gmbH täuschten (US 10).
Weshalb es darauf ankommen sollte, ob bzw wann „das Sanierungsverfahren trotz der Nichteinhaltung der Quotentermine“ „rechtlich“ oder „materiell“ beendet war, bleibt gänzlich offen.
Das gilt auch für das Vorbringen, wonach die Gemeinschuldnerin auch während des Zeitraums zwischen Ausgleichsannahme am 26. Juni 2008 und dem 28. Dezember 2008 zahlungsunfähig war.
Warum die vom Erstgericht festgestellten Täuschungshandlungen keine Tatsachentäuschungen sein sollten, weil „die spezifische Zahlungsunfähigkeit in einem Ausgleichsverfahren unter Eigenverwaltung die Bezahlungsmöglichkeit eingegangener Verpflichtungen nicht reduziert“, ist unverständlich.
Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach der Angeklagte Jürgen L***** keine Befugnis gehabt hätte, für die Gesellschaft verbindliche Erklärungen abzugeben, erklärt nicht, weshalb es darauf ankommen sollte (vgl RIS-Justiz RS0094480).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - ebenso wie die von den Angeklagten angemeldeten (ON 75), nicht aber ausgeführten, im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufungen wegen Schuld - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 283 Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen wegen Strafe und wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Zur Beschwerde der Angeklagten gegen den „Berichtigungsvorgang“ vom 13. Juni 2013 (ON 79):
Wie sich aus den unbedenklichen Stellungnahmen der Vorsitzenden des Schöffengerichts und der zuständigen Kanzleileiterin ergibt, hat die Vorsitzende lediglich die den Parteien zugestellten Ausfertigungen im Sinn der Urschrift berichtigt (vgl RIS-Justiz RS0119273; Danek, WK-StPO § 270 Rz 53), keineswegs jedoch - wie von der Beschwerde behauptet - „eine völlig neue Fassung“ des Urteils hergestellt. Grundlage der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof war daher die vorliegende Urteilsurschrift (ON 74), womit auch die Beschwerde erledigt ist (vgl RIS-Justiz RS0126057).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)