OGH 13Os75/13y

OGH13Os75/13y19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Ostojic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 5. April 2013, GZ 24 Hv 77/12f-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard M*****, soweit für die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung,(I) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, (V) des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB sowie (VI) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W*****

(I) im Jahr 2009 Daniela M***** mit Gewalt, indem er sie an den Haaren erfasste und ins Schlafzimmer zerrte, sie auf das Bett warf, ihr Stiefel, Hose und Unterhose auszog, sie am Bett niederdrückte, ihre zur Gegenwehr zusammengepressten Oberschenkel mit der Hand auseinanderdrückte und mehrere Finger in ihre Vagina einführte, zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt;

(V) am 14. Juli 2011 Nadja L***** mit Gewalt, indem er sie an den Haaren erfasste und aus dem Zimmer und der Wohnung zerrte, dazu genötigt, ihre gewaltsame Entfernung aus der Wohnung zu dulden;

(VI) am 14. Juli 2011 Nadja L***** durch die zu V beschriebene Handlung, die über die körperliche Einwirkung hinaus anhaltende Kopfschmerzen zur Folge hatte, am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig an der Gesundheit geschädigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die vom Angeklagten aus den Gründen der Z 3, 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 3) kann die Erklärung, die Aussage zu verweigern, auch schon vor der Hauptverhandlung abgegeben werden, etwa anlässlich der Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren oder in einem Schreiben an das Gericht; dieses hat darüber zu befinden, ob die Erklärung ausreichend und unbedenklich ist (vgl Kirchbacher in WK-StPO § 252 Rz 74 mwN).

Die Zeugin Daniela M***** brachte bereits im Rahmen der kontradiktorischen Zeugenvernehmung vom 2. März 2012 nach Rechtsbelehrung den Wunsch zum Ausdruck, dass „in einer allfälligen Hauptverhandlung die angefertigte DVD über die heutige Einvernahme vorgespielt wird“ (ON 9 S 3; §§ 156 Abs 1 Z 2, 252 Abs 2a StPO).

Zutreffend zeigt die eine offenbar unzureichende Begründung monierende Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) auf, dass die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 5 und 7 f) mit keinem Wort begründet sind (übrigens obwohl der gleiche Begründungsfehler bereits im ersten Rechtsgang zur Urteilsaufhebung geführt hat [ON 29 S 4]). Wenngleich es zulässig ist, aus äußeren Umständen der Tat durchaus Schlüsse auf die innere Tatseite zu ziehen (RIS-Justiz RS0098671), bedürfen auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite jedenfalls einer ausdrücklichen Begründung im Urteil (vgl Danek, WK-StPO § 270 Rz 40; RIS-Justiz RS0128679).

Dieser Mangel zwang - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils bei nichtöffentlicher Beratung (ohne dass es noch einer Erörterung der übrigen Einwände bedurfte), Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und Verweisung der Sache an das Landesgericht Innsbruck (§§ 285e, 288 Abs 2 Z 1 StPO).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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