OGH 9Nc20/13k

OGH9Nc20/13k4.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** K*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel ua, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Rechnungslegung (Streitwert: 35.000 EUR) und Zahlung (Streitwert: 35.000 EUR), über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht AZ 7 Cga 39/13s zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrer am 14. 6. 2013 beim Landesgericht Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten, einem Versicherungs- und Finanzvermittlungsunternehmen, Rechnungslegung und Zahlung von Provisionen für von ihr vermittelte Geschäfte. Die Klägerin ist in ***** wohnhaft, die Beklagte hat ihren Sitz in *****.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und bot die Einvernahme ihres Geschäftsführers und von drei Zeugen mit Sitz in *****, ***** und ***** an. Die Klägerin machte zwölf Zeugen namhaft, von denen neun in der Steiermark und drei in Oberösterreich wohnhaft sind.

Wie in der vorbereitenden Tagsatzung vom 23. 7. 2013 angekündigt, beantragte die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht nach § 31 JN mit der Begründung, den großteils aus dem Bereich Graz und Graz-Umgebung stammenden Zeugen und ihr werde damit das Erscheinen vor dem erkennenden Gericht erleichtert und die Verfahrenskosten verringert.

Die Beklagte sprach sich gegen eine Delegierung aus, weil sie für insgesamt sieben der einzuvernehmenden Personen mit einer erheblich weiteren Anreise an den Gerichtsort verbunden wäre.

Auch das Landesgericht Wiener Neustadt äußerte sich ablehnend.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung soll allerdings nur den Ausnahmefall darstellen. Keinesfalls soll durch eine zu großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (stRsp; RIS-Justiz RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen soll die Delegierung vor allem dann angeordnet werden, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens zu bewirken verspricht. Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, dass die Delegierung gegen den Willen der anderen Partei nur dann auszusprechen ist, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324 ua).

Im vorliegenden Fall haben zwar die Klägerin und neun der von ihr namhaft gemachten Zeugen ihren Wohnsitz in der Steiermark. Ihnen stehen aber sechs Zeugen aus Oberösterreich, ***** und ***** sowie der in ***** tätige Geschäftsführer der Beklagten, somit sieben Personen gegenüber, für die die beantragte Delegierung keine zeitlichen oder kostenmäßigen Vorteile brächte. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die einer Vernehmung auswärtiger Zeugen, insbesondere zu eingeschränkten Beweisthemen, im Wege einer Videokonferenz entgegenstünden. Damit bestehen auch für eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung oder Kostenreduzierung keine Anhaltspunkte, zumal das Landesgericht Wiener Neustadt in dieser Rechtssache bereits verhandelt hat.

Da danach keine ausreichende Zweckmäßigkeit einer Delegierung im Interesse beider Streitteile gegeben ist, ist der Antrag abzuweisen.

Stichworte