European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00116.13I.1003.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss, der im übrigen Umfang bestätigt wird, wird im Umfang der Zurückweisung des Rekurses betreffend einen Unterhaltsrückstand von 3.780 EUR aufgehoben und es wird dem Rekursgericht insoweit die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten des Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die Antragstellerin ist die eheliche Tochter des Antragsgegners. Der Vater ist aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 28. 11. 2005 verpflichtet, seiner Tochter monatlich 250 EUR an Unterhalt zu zahlen.
Die inzwischen volljährige Antragstellerin (Tochter) beantragte am 8. 11. 2011, ihren Vater für nachgenannte Zeiträume zu folgenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten:
12/2008 635 EUR
1-12/2009 537 EUR
1-4/2010 546 EUR
5-12/2010 604 EUR
1-9/2011 420 EUR
Der Antragsgegner (Vater) sprach sich (teilweise) gegen die begehrte Unterhaltserhöhung aus. Er zahle monatlich 350 EUR Unterhalt und 90 EUR auf ein Sparbuch für seine Tochter. Die Sparbucheinlage sei ‑ wie mit der Mutter abgesprochen ‑ zur späteren Verwendung gedacht. Der Vater begehrte seinerseits die Herabsetzung seiner monatlichen Unterhaltspflicht auf 277 EUR ab 1. 10. 2011 und 281 EUR ab 1. 1. 2012.
Die (damals noch durch ihre Mutter vertretene) Tochter stimmte diesem Herabsetzungsantrag zu.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater in Abänderung des Unterhaltsvergleichs zur Leistung folgender Unterhaltsbeiträge:
12/2008 635 EUR
1-12/2009 537 EUR
1-4/2010 546 EUR
5-12/2010 604 EUR
1-9/2011 420 EUR
10-12/2011 277 EUR
ab 1/2012 281 EUR
Dazu sprach das Erstgericht aus, dass der Unterhaltsrückstand für die Zeit von 12/2008 bis einschließlich 9/2012 in Höhe von 9.735 EUR ‑ abzüglich bisher geleisteter Zahlungen von insgesamt 7.980 EUR ‑ somit 1.755 EUR in sechs monatlichen Raten zu je 292,50 EUR jeweils am Ersten eines jeden Monats zu entrichten sei, wobei die erste Rate am 1. 11. 2012 fällig sei und künftig fällig werdende Beträge jeweils am Ersten eines jeden Monats zu entrichten seien. Das Erstgericht stellte (ua) fest, dass der Vater bis einschließlich Mai 2012 monatlich 350 EUR Unterhalt bezahlt und zusätzlich nach Rücksprache mit der Mutter monatlich 90 EUR für die Tochter auf einem Sparbuch angelegt hat. Rechtlich stützte sich das Erstgericht auf § 140 ABGB (aF) und vertrat insbesondere den Standpunkt, dass auch die monatliche Spareinlage von 90 EUR als Unterhaltsleistung des Vaters anzurechnen sei.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin samt dem Kostenersatzantrag zurück. Soweit die Antragstellerin die Höhe der monatlichen Unterhaltsbeiträge bekämpfe, fehle ihr die Beschwer, weil die für den Zeitraum 12/2008 bis 9/2011 festgesetzten Beträge ihrem erstinstanzlichen Antrag entsprechen würden. Für den Zeitraum 10/2011 beruhten die festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeträge auf dem vor dem Erstgericht erzielten Einverständnis der Parteien. Soweit der Rekurs den im Leistungsbefehl ausgewiesenen, vom gesamten Rückstandsbetrag zu subtrahierenden Betrag von 7.980 EUR bekämpfe, fehle ebenfalls die Beschwer, weil die Antragstellerin im Rekurs für die Zeit ab 12/2008 vom Antragsgegner geleistete Zahlungen mit einem höheren Betrag als im Spruch ausgewiesen zugestehe (14.650 EUR), was für die Antragstellerin nicht günstiger wäre.
Der nachträglich zugelassene (§ 63 Abs 3 AußStrG) Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig; er ist auch teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend das Rechtsmittel in Ansehung der betraglich festgesetzten Unterhaltsbeiträge mangels Beschwer zurückgewiesen. Einerseits hat das Erstgericht die Unterhaltsbeiträge bis 9/2011 entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag der Antragstellerin festgesetzt, andererseits hat diese für die Zeit ab 10/2011 der vom Vater begehrten Unterhaltsherabsetzung zugestimmt.
2. (Primäre) Verfahrensmängel zeigt die Antragstellerin nicht nachvollziehbar auf, macht sie doch unter diesem Rechtsmittelgrund inhaltlich ebenfalls (nur) die (Folgen der) unrichtige(n) Beurteilung der Frage der Beschwer durch das Rekursgericht geltend.
3. Die Neuerungserlaubnis des § 49 AußStrG gilt nur für Tatsachen und Beweismittel; neue Sachanträge dürfen dagegen im Rechtsmittel nicht gestellt werden (RIS‑Justiz RS0006891 [insb T4 und T7]; Fucik/Kloiber § 49 AußStrG Rz 1 mwN; Klicka in Rechberger ², § 49 AußStrG Rz 1). Schon aus diesem Grund hat das Rekursgericht das von der Antragstellerin in ihrem Rekurs erstmals erhobene Verzugszinsenbegehren im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
4. Die Antragstellerin rügt in ihrem Revisionsrekurs allerdings mit Recht die Zurückweisung ihres Rekurses, soweit darin auch die Frage des vom Antragsgegner zu zahlenden rückständigen Unterhalts aufgegriffen wird:
Das Rekursgericht hat insofern nicht beachtet, das sich der vom Erstgericht errechnete Betrag von 7.980 EUR aus der Differenz der vom Vater von 12/2008 bis einschließlich 5/2012 geleisteten Zahlungen (440 EUR x 42 Monate = 18.480 EUR) abzüglich der gemäß dem Unterhaltsvergleich aus 2005 geschuldeten Unterhaltsbeiträge von insgesamt 10.500 EUR (250 EUR x 42 Monate) ergibt. Daraus folgt, dass in den berücksichtigten Zahlungen des Vaters auch ein Betrag von 3.780 EUR (90 EUR x 42 Monate) an Einzahlungen auf das Sparbuch enthalten ist. Durch die Anrechnung auch dieses Betrags ‑ entgegen dem Rechtsstandpunkt der Antragstellerin ‑ ist diese aber jedenfalls formell und materiell beschwert, weshalb die Rekurszurückweisung in diesem Umfang rechtsirrig erfolgte.
5. Hat das Rekursgericht zu Unrecht einen Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen, dann kann der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf § 3 JN nicht in der Sache selbst entscheiden, es sei denn, dass die formelle Zurückweisung und die sachliche Abweisung inhaltlich übereinstimmen oder wenn das Rekursgericht trotz formeller Ablehnung einer Entscheidung in den Gründen die Sache meritorisch behandelt hat (2 Ob 189/11z mwN; RIS‑Justiz RS0007037 [T10]). Da diese Ausnahmen hier nicht vorliegen, war wie aus dem Spruch ersichtlich vorzugehen.
6. Die Zurückweisung des Kostenersatzantrags beruht auf § 101 Abs 2 AußStrG. Der Kostenvorbehalt ‑ betreffend Verfahrenskosten nach Volljährigkeit der Antragstellerin (RIS‑Justiz RS0123811; für den vorliegenden Fall aA 6 Ob 127/10k) ‑ beruht auf § 78 Abs 1 AußStrG (RIS‑Justiz RS0123011).
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