OGH 7Ob159/13b

OGH7Ob159/13b4.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1. des mj M***** F*****, und 2. der mj J***** F*****, wegen Kostenersatz nach § 33 JWG, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Mutter G***** F*****, vertreten durch die Verfahrenshelferin Dr. Susanne Kuen, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Dr. Christa Scheimpflug, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 5. März 2013, GZ 44 R 54/13m‑80, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 9. November 2012, GZ 38 Pu 229/09f‑70 (nunmehr: 7 Pu 1/12b‑70), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00159.13B.0904.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Verfahrens ist ein Kostenersatzanspruch des Landes Wien als Jugendwohlfahrtsträger nach § 33 JWG aF (seit 1. 5. 2013: § 30 Abs 3 B‑KJHG 2013) und § 39 WrJWG.

Über dessen Antrag verpflichtete das Erstgericht die Mutter, dem Jugendwohlfahrtsträger zum Unterhalt von M***** vom 21. 10. 2010 bis 27. 3. 2011 und zum Unterhalt von J***** vom 21. 10. 2010 bis 31. 3. 2011, für den 13. 4. 2011 und vom 3. 5. 2011 bis 24. 5. 2012 einen monatlichen Kostenersatz je Kind von 165 EUR zu bezahlen.

Einem dagegen von der Mutter erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss erhob die Mutter einen ‑ von ihrer Rechtsvertreterin entgegen § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten ‑ „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.

Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs ‑ außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen ‑ binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts ‑ beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde.

2. Die einzelnen Ansprüche, über die das Rekursgericht zu entscheiden hatte, sind nicht zusammenzurechnen. Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nach ständiger Rechtsprechung nicht auf dem gleichen tatsächlichen oder rechtlichen Grund im Sinn von § 55 Abs 1 Z 2 JN iVm § 11 Z 1 ZPO und sind daher nicht zusammenzurechnen (RIS‑Justiz RS0017257; RS0112656). Gleiches gilt für die getrennt zu betrachtenden Ansprüche des Jugendwohlfahrtsträgers auf Ersatz der Kosten der vollen Erziehung von mehreren Kindern (4 Ob 198/07g).

Auf die Geltendmachung von Kostenersatzansprüchen des Jugendwohlfahrtsträgers nach § 33 JWG aF und § 39 WrJWG ist zwar grundsätzlich, wenn laufende Ansprüche zu beurteilen sind, § 58 Abs 1 JN zur Bewertung heranzuziehen (5 Ob 15/07b; 5 Ob 10/08v). Sind jedoch ‑ wie hier ‑ nur einzelne Teilleistungen oder Teilbeträge Gegenstand des Rekursverfahrens, bildet deren Summe den Wert des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz (vgl RIS‑Justiz RS0046547; RS0111964).

3. Auf Grund dieser Erwägungen ist die Zulässigkeit des Revisionsrekurses für die Ansprüche gesondert zu beurteilen. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts je Kind übersteigt nicht 30.000 EUR (auf volle Monate aufgerundet für M***** 990 EUR und für J***** 3.135 EUR). Im Streitwertbereich des § 63 AußStrG (wie hier) sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des Rekursgerichts der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern (sofort) dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen (§ 69 Abs 3 AußStrG).

Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe die nicht im Elektronischen Rechtsverkehr erfolgte Einbringung des Rechtsmittels (§ 89c Abs 6 GOG; vgl RIS‑Justiz RS0128266) und/oder das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entgegen, so wird es einen ‑ mit Fristsetzung verbundenen ‑ Verbesserungsauftrag zu erteilen haben.

Derzeit ist der Oberste Gerichtshof nicht zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen.

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