OGH 4Ob112/13v

OGH4Ob112/13v27.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A***** S*****, vertreten durch Dr. Ramin Mirfakhrai, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. K***** D*****, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert KG in Wien, wegen 34.420 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2013, GZ 11 R 251/12f‑85, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. September 2012, GZ 55 Cg 149/07x‑81, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Beklagte beauftragte den Kläger mit Umbauarbeiten in ihrer Wohnung. Der schriftliche Bauvertrag umfasste neben einer detaillierten Leistungsbeschreibung samt Pauschalvergütung die Vereinbarung einer Haftungsrücklage sowie einer Pönale im Fall des Leistungsverzugs und legte das Ende der Ausführungsfrist mit 28. 2. 2007 fest.

Der Kläger begann mit seinen Arbeiten im Dezember 2006 und war bis Mai 2007 nicht fertig. Zwar führten unvorhergesehene Zusatzarbeiten zu einer Verzögerung von sechs Wochen, während dieser Zeitspanne hätte der Kläger aber Arbeiten an anderer Stelle der Wohnung durchführen können. Anfang Mai waren noch Arbeiten an der Terrasse sowie der Einbau einer Glasschiebetür offen. Die ausgeführten Arbeitsgänge der Malerarbeiten stimmten nicht mit der Leistungsbeschreibung überein. Der Kläger verwendete unter anderem keine Holzschutzimprägnierung. Darüber hinaus entsprechen die ausgeführten Arbeiten weder einschlägigen Ö‑Normen noch dem Stand der Technik. Der Wert der vom Kläger geleisteten Anstreicharbeiten ist daher mit Null anzusetzen. Darüber hinaus waren Verfliesungsarbeiten mangelhaft, Wandheizkörper nicht technisch ordnungsgemäß montiert und Rohre nicht gestrichen. Die Arbeiten des Klägers waren zu 80 % ausgeführt, überdies bestanden preismindernde Mängel.

Am 10. 5. 2007 erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Vertrag, wenn die Arbeiten nicht bis zum 25. 5. 2007 abgeschlossen werden sollten. Dies geschah nicht. Bis dahin hatte die Beklagte Teilzahlungen von 36.900 EUR geleistet.

Der Kläger begehrte von der Beklagten 34.420 EUR sA an restlichem Werklohn. Er verwies auf zusätzlich zum Pauschalauftrag erbrachte Leistungen, bestritt, mangelhaft geleistet zu haben und wendete ein, an den Verzögerungen nicht schuld gewesen zu sein.

Die Beklagte bestritt sowohl die Berechtigung, für Zusatzaufträge zusätzliches Entgelt zu begehren, wendete Mängel sowie die verzögerte und teilweise unvollständige Leistungserbringung ein und machte darüber hinaus Gegenforderungen wegen verursachter Schäden geltend.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nur 80 % der vereinbarten Arbeiten geleistet, überdies sei das (teilweise) ausgeführte Werk mangelhaft. Die am 10. 5. 2007 gesetzte 14‑tägige Nachfrist sei angemessen gewesen. Hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen sei vom berechtigten Rücktritt der Beklagten auszugehen. Für die mangelhaft erbrachten Leistungen gebühre Preisminderung nach der relativen Berechnungsmethode, welche unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Teilzahlungen, des Haftrücklasses und der Pönale wegen verspäteter Leistungserbringung dazu führe, dass kein Entgeltanspruch mehr bestehe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Es sei von einem Teilrücktritt der Beklagten in Ansehung der nicht und der mangelhaft erbrachten Leistungen auszugehen, weshalb Gewährleistung nicht mehr zu beurteilen sei. Bei Bemessung der Höhe des Entgelts für die erhaltenen Leistungen sei der subjektive Nutzen der Beklagten zu berücksichtigen und die vom Erstgericht angewandte relative Berechnungsmethode anzuwenden. Die Vertragsstrafe berechne sich anhand der Gesamtleistung.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiter verfolgt, vermag keine erheblichen Rechtsfragen nach § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der von ihm beanstandeten Gleichstellung der Ansprüche aus Gewährleistung und nach Rücktritt vom Vertrag stellen sich hier nicht, weil Rückabwicklungsansprüche nach Vertragsrücktritt in Wahrheit nicht zu beurteilen sind.

Nach den getroffenen Feststellungen steht ‑ entgegen der Argumentation des Klägers in seinem Rechtsmittel ‑ fest, welche Leistungen des Klägers zum Zeitpunkt des Rücktritts der Beklagten noch nicht erbracht waren (offene Arbeiten an der Terrasse, unterbliebener Einbau der Glasschiebetür). Ebenso steht fest, dass die erbrachten Leistungen 80 % des Gesamtauftragsvolumens entsprachen. Der von den Vorinstanzen ihrer Entscheidung zugrundegelegte Teilrücktritt erfasst die noch nicht erbrachten Teile der (als teilbar beurteilten) Gesamtleistung. Für nicht erbrachte Leistungen muss die Beklagte aber weder etwas zurückstellen noch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage Entgelt leisten. Infolge teilweisen Wegfalls der vertraglichen Grundlage hat sie auch den den nicht erbrachten Leistungen entsprechenden Teil des Werklohns nicht mehr zu leisten. Die in diesem Zusammenhang angestellte Berechnung des Erstgerichts (nach dem Vertrag geschuldetes Gesamtentgelt sowie der auf die erbrachten Leistungen entfallende Anteil) bekämpft der Kläger nicht mehr.

Die Frage der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der Erfüllung ist nach dem Willen beider Parteien bzw nach dem den Kontrahenten bei Vertragsabschluss bekannten oder erkennbaren Willen einer Partei zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0018438). Die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls erfolgende Beurteilung der Teilbarkeit der Vertragserfüllung wirft aber regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die von den Vorinstanzen mangels abweichenden Parteiwillens angenommene Teilbarkeit des mehrere Gewerke und viele Teilpositionen umfassenden Gesamtauftrags ist jedenfalls vertretbar.

Ebensowenig im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen ist die Vertragsauslegung der Vorinstanzen im Zusammenhang mit den strittigen Anstreicherarbeiten. Auf Überlegungen zum Stand der Technik und der Anwendbarkeit einschlägiger Ö‑Normen kommt es nicht an, weil feststeht, dass die in dem vom Kläger ins Treffen geführten Leistungsverzeichnis enthaltene Holzschutzimprägnierung nicht stattfand. Deren Fehlen macht die gesamten weiteren Anstreicherarbeiten ‑ mögen diese dem Leistungsverzeichnis entsprechen oder nicht ‑ jedenfalls wertlos, was auch ausdrücklich festgestellt wurde. Dass dies unter Anwendung der der ständigen Rechtsprechung entsprechenden relativen Berechnungsmethode (RIS‑Justiz RS0018764) zur Preisminderung, die der Kläger hier auch gar nicht mehr angreift, führen muss, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Auch die Pönaleberechnung der Vorinstanzen enthält keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Für den Fall des Verzugs wurde eine Pönale im Ausmaß von 5 % der Vertragssumme vereinbart. Fertigstellungstermin war der 28. 2. 2007, die Leistungen des Klägers wurden ‑ abgesehen von den überhaupt nicht erbrachten ‑ erst bis Anfang Mai 2007 tatsächlich erbracht. Dass ihm die Verzögerung nicht anzulasten wäre, vermochte der Kläger nicht zu beweisen (Verzögerung von lediglich sechs Wochen, die überdies durch eine andere Arbeitseinteilung einzubringen gewesen wäre). Es ist daher als durchaus vertretbar zu beurteilen, wenn die vereinbarte Pönale von dem den verspätet erbrachten Leistungen entsprechenden Auftragsvolumen berechnet wurde.

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