Spruch:
Der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 8. Mai 2012, GZ 19 U 52/12p-2, verletzt das Gesetz in § 450 StPO iVm § 166 Abs 1 StGB und § 30 Abs 1 StPO.
Der Beschluss wird aufgehoben und dem Bezirksgericht Floridsdorf die Durchführung des Strafverfahrens aufgrund der Privatanklage der Alexandra Gr***** aufgetragen.
Text
Gründe:
Die anwaltlich vertretene Alexandra Gr***** brachte am 23. April 2012 eine Privatanklage gegen ihren Vater Mladen G***** ein (ON 1). Danach habe der Angeklagte im Juni 2010 zu ihrem Nachteil Kästen in ihrer Wohnung in Wien beschädigt und jeweils mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz mehrere im Eigentum der Privatanklägerin stehende Sachen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Wert weggenommen sowie in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert veruntreut. Mladen G***** habe hiedurch „die Vergehen nach §§ 127 und 133 Abs 1 und Abs 2 StGB begangen“ und werde „nach dem Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB zu bestrafen sein“.
Mit Beschluss vom 8. Mai 2012 sprach das Bezirksgericht Floridsdorf seine sachliche Unzuständigkeit zur Führung des Privatanklageverfahrens „wegen §§ 127 und 133 Abs 1 und Abs 2 iVm § 166 Abs 3 StGB“ aus (ON 2). Zur Begründung führte die Bezirksrichterin aus, „die im Strafantrag angeführten Schadensbeträge übersteigen die in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksgerichts fallenden Kompetenzen gemäß § 30 Abs 1 StPO, da die Strafdrohung für Schadensbeträge über 3.000 Euro gemäß § 29 iVm 133 Abs 2 StGB mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist“.
Rechtliche Beurteilung
Der in Rechtskraft erwachsene Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht in Einklang.
§ 166 StGB privilegiert die Begehung von im einzelnen aufgezählten Vermögensdelikten im Familienkreis durch geringere Strafdrohungen sowie durch die Anordnung, dass der Tatverdächtige nur auf Verlangen des Verletzten zu verfolgen ist. Die Mladen G***** angelasteten Vergehen sind gemäß § 166 Abs 1 zweiter Strafsatz StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht.
Demnach war der Ausspruch der sachlichen Unzuständigkeit verfehlt. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich dies zum Nachteil des Angeklagten auswirkt (RIS-Justiz RS0108369), sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, den Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 8. Mai 2012 (ON 2) aufzuheben und diesem Gericht die Durchführung des Verfahrens aufzutragen, wobei es auch die Verjährungsbestimmungen (§§ 57 Abs 3 letzter Fall, 58 StGB; vgl § 451 Abs 2 StPO) zu prüfen haben wird.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)