OGH 9ObA89/13y

OGH9ObA89/13y24.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. B***** S***** vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei ***** AG, *****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, wegen 64.031,58 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. April 2013, GZ 9 Ra 119/12d-29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Arbeitsvertrag unterscheidet sich von anderen Vertragstypen vor allem durch die persönliche Arbeit, die Abhängigkeit des Arbeitnehmers, also dessen Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, die sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle auswirkt (vgl RIS-Justiz RS0021284, RS0021306 uva); dabei müssen die Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit nicht alle gemeinsam vorliegen, sondern können durchaus in unterschiedlicher Ausprägung gegeben sein, wenn sie nur insgesamt überwiegen.

Die Beklagte stellt die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung des freien Handelsvertreters vom Angestellten herausgearbeiteten Kriterien nicht in Frage, meint aber, die Vorinstanzen seien zu Unrecht nicht vom Vorliegen eines freien Handelsvertreters ausgegangen. Da dies nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden kann, wird damit nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründet, wenn eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende Fehlbeurteilung der Vorinstanzen vorliegt (RIS-Justiz RS0111914 [T14] uva). Dies vermag die Beklagte aber nicht darzustellen. Vielmehr war die Klägerin nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen in den Betrieb der Beklagten organisatorisch eingebunden (Arbeitsplatz, Diensthandy, E-Mail-Adresse, Geschäftspapiere ...), arbeitete entsprechend den Weisungen der Beklagten vereinbarungsgemäß ausschließlich für diese und musste Urlaube bewilligen lassen und Krankenstände melden.

Zur Frage der von der Beklagten in Anspruch genommenen einseitigen Reduzierung des Arbeitsausmaßes und damit auch der Entlohnung der Klägerin reicht es auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 277/01w zu verweisen. Der Oberste Gerichtshof hat damals bereits klargestellt, dass die Regelungen der §§ 19c und 19d AZG für Teilzeitbeschäftigte gebieten, jedenfalls Ausmaß und Lage der Arbeitszeit festzulegen. Die Zulässigkeit einer Arbeit auf Abruf, bei der jede Vereinbarung über eine bestimmte Grundanzahl von Arbeitsstunden, die der Unternehmer auf jeden Fall entlohnen muss, fehlt, wurde abgelehnt. Das Ausmaß der vereinbarten Arbeit ist aus dem Erklärungsverhalten der Vertragsparteien abzuleiten. Es kann - wie hier von den Vorinstanzen zutreffend angenommen - regelmäßig vom faktisch einvernehmlich erfolgten Vollzug ausgegangen und der sich daraus ergebende Durchschnitt des geleisteten Arbeitsausmaßes als Anhaltspunkt angenommen werden. Dass es hier über Wunsch der Klägerin zu einer Verringerung gekommen wäre, hat die Beklagte weder behauptet noch nachgewiesen. Wird eine Arbeitnehmerin - ohne dass ihr dies zuzurechnen wäre - geringer beschäftigt, so hat sie Anspruch auf Nachzahlung des auf die Durchschnittsbeschäftigung entfallenden Entgelts (8 ObA 277/01w). Neue Aspekte zu dieser bereits vorliegenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zeigt die Beklagte nicht auf.

Soweit sich die Beklagte gegen den Zuspruch von Sonderzahlungen wendet, zeigt sie nicht auf, in welchem konkreten Umfang dieser erfolgt wäre. Vielmehr haben die Vorinstanzen im Ergebnis auch im Rahmen des Zuspruchs der Kündigungsentschädigung nur das begehrte Monatsgehalt zuerkannt.

Im Übrigen kann hinsichtlich der Frage der Berechnung der Ansprüche bei Vorliegen einer „Scheinselbständigkeit“ auch auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu 8 ObA 56/11k und 9 ObA 51/12h verwiesen werden, in denen sich der Oberste Gerichtshof ausführlich mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat.

Soweit die Beklagte geltend macht, dass im Sinne des § 20 Abs 3 AngG die Zulässigkeit eine Kündigung zum Monatsletzten vereinbart worden sei, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot.

Insgesamt ist mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO die Revision zurückzuweisen.

Stichworte