Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit 447,98 EUR (davon 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin bezog vom 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2005 von der beklagten Wiener Gebietskrankenkasse anlässlich der Geburt ihrer Tochter ***** am 25. 1. 2004 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 5.303,45 EUR.
Mit Bescheid des Finanzamts Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom 29. 11. 2006 wurden der Klägerin aufgrund der Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Jahr 2005 in Höhe von 5.821,61 EUR 0 EUR an Einkommensteuer für das Jahr 2005 vorgeschrieben. Über Antrag der Klägerin gemäß § 37 Abs 9 EStG erließ das Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf am 7. 4. 2008 einen revidierten Einkommensteuerbescheid, in dem der Gesamtbetrag der Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Jahr 2005 mit 15.009,78 EUR festgesetzt wurde.
Mit Bescheid vom 17. 5. 2011 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für das Jahr 2005 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz der in dieser Zeit empfangenen Leistung von 5.303,45 EUR.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Klage der Klägerin mit dem Begehren auf Feststellung, dass sie das Kinderbetreuungsgeld zu Recht bezogen habe und der Widerruf und die Rückzahlungsverpflichtung nicht berechtigt seien. Sie habe im Jahr 2006 27.564,52 EUR aus selbständiger künstlerischer Arbeit verdient und die Möglichkeit des § 37 Abs 9 EStG in Anspruch genommen, diese Einkünfte auf das Veranlagungsjahr und die beiden vorangegangenen Jahre zu verteilen. Es handle sich dabei um eine rein steuerliche Verteilungsregel, die mit den in den betreffenden Jahren tatsächlich bezogenen Einkünften nichts zu tun habe. Im Jahr 2005 habe sie lediglich 5.821,61 EUR verdient, sodass die Zuverdienstgrenze nicht überschritten worden sei.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Kinderbetreuungsgeldes. Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin für das Jahr 2005 übersteige den maßgebenden Grenzbetrag von 14.600 EUR. Die Klägerin habe selbst den Antrag gemäß § 37 Abs 9 EStG gestellt. Aus der Neuverteilung des steuerpflichtigen Einkommens resultierten neben den steuerlichen Vorteilen auch Vorteile im Bereich der Sozialversicherung. Es wäre daher unbillig, die von der Klägerin selbst gewählte Einkommensverteilung als rein fiktiv unberücksichtigt zu lassen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz des im Zeitraum vom 1. 1. 2005 bis 31. 12. 2005 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien nach § 8 Abs 1 Z 2 KBGG nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln wie im Einkommensteuerrecht. Es komme daher nicht darauf an, ob die steuerrechtlich ermittelten Einkünfte tatsächlich lukriert worden seien. Daher sei es konsequent, das gemäß § 37 Abs 9 EStG ‑ auch ‑ auf die Vorjahre aufgeteilte Einkommen mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeflossen sei. Es bestehe ein strenger Gleichklang des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs mit jenem des KBGG. Die Frage, in welcher Höhe steuerliche Einkünfte im Bezugszeitraum festgestellt worden seien, sei eine Vorfrage für die Feststellung des Zuverdienstes. Die Steuerbehörde habe über die Höhe der Einkünfte der Klägerin im Jahr 2005 mit dem Bescheid vom 7. 4. 2008 entschieden.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im klagsstattgebenden Sinn ab. Eine Bindung an den Einkommensteuerbescheid bestehe nicht. Es sei Aufgabe der Gerichte zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge bei der Ermittlung der Höhe des Erwerbseinkommens im Sinn der Sozialversicherungsgesetze zu berücksichtigen seien. Der Progressionsausgleich nach § 37 Abs 9 EStG sei eine rein steuerrechtliche Konstruktion zur Ermäßigung der Progression für Einkünfte der Klägerin aus künstlerischer Tätigkeit. Die Einkünfte seien aber nicht während des Anspruchszeitraums auf Kinderbetreuungsgeld angefallen, sondern würden nur aus rein steuerrechtlichen Erwägungen fiktiv ‑ auch ‑ auf den Anspruchszeitraum verteilt. Sie seien jedoch zweifellos dem Jahr 2006 zuzuordnen. So spreche § 37 Abs 9 EStG ausdrücklich von „dem Kalenderjahr, dem die Einkünfte zuzurechnen sind“. Es fehle daher bei diesem rein fiktiven Einkommen an „Einkünften, die während des Anspruchszeitraums angefallen sind“; sie seien daher kein relevantes Einkommen iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG und damit nicht geeignet, zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze zu führen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob zum Zweck des Progressionsausgleichs nach § 37 Abs 9 EStG verteilte Einkünfte aus selbständiger künstlerischer Tätigkeit als Einkünfte iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG anzusehen sind.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Klägerin beantwortete Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem auf Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts gerichteten Abänderungsantrag.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin macht ‑ zusammengefasst - geltend, dass für die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach § 8 KBGG weder den Krankenversicherungsträgern noch den Gerichten die Berechtigung zukomme, die von der Abgabenbehörde festgestellten und übermittelten Einkunftsdaten nachzuprüfen, weil Steuerdaten nicht der Kontrolle anderer Behörden oder der Arbeits‑ und Sozialgerichte unterlägen. Das Kinderbetreuungsgeld sei keine Leistung der Sozialversicherung, sondern eine Familienleistung. Da die beklagte Partei nicht die rechtliche Kompetenz zur (Neu‑)Festsetzung von Steuerbemessungsgrundlagen habe, habe sie daher die betreffenden Steuerdaten weder auf deren Richtigkeit hin zu überprüfen noch selbst zu ermitteln und sie könne diese Daten auch nicht im Nachhinein abändern. Es bestehe somit im Bereich des Kinderbetreuungsgeldes sowohl für den Krankenversicherungsträger als auch für die Gerichte eine entsprechende Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe eines laut Einkommenssteuerbescheides festgestellten steuerpflichtigen Einkommens. Die vom Berufungsgericht für seinen gegenteiligen Rechtsstandpunkt zitierte Entscheidung 10 ObS 51/12s habe insofern einen anderen Sachverhalt betroffen, als in dieser zu beurteilen gewesen sei, ob ein Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG 1988 ein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen darstelle, während es sich bei dem von der Klägerin erzielten Einkommen um solches iSd § 23 EStG handle, das sich nicht bloß „fiktiv“ bei ihr niedergeschlagen habe, sondern das sie tatsächlich erzielt und auf eigenen Wunsch steuerwirksam auf mehrere Veranlagungsjahre verteilt habe.
Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der hier maßgebenden Stammfassung hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, wenn der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) einen Grenzbetrag von 14.600 EUR nicht übersteigt („Zuverdienstgrenze“).
2. Die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte hat somit nach § 8 KBGG zu erfolgen. Es wird dabei grundsätzlich von den (steuerpflichtigen) Einkünften gemäß dem EinkommensteuerG 1988 ausgegangen. Während § 8 Abs 1 Z 1 KBGG die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG) regelt, ist in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung die Ermittlung der maßgeblichen Einkünfte aus den Einkunftsarten gemäß §§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG („andere Einkünfte“) normiert. Auch bei diesen Einkunftsarten ist gleich den Einkünften aus unselbständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich der Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte iSd § 2 Abs 2 EStG maßgeblich. Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Land‑ und Forstwirtschaft (§ 21 EStG 1988), selbständiger Arbeit (§ 22 EStG 1988) und Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) der nach den §§ 4 bis 14 EStG zu ermittelnde Gewinn. Für die sich aus den Einkunftsarten der §§ 21 bis 23 und §§ 27 bis 29 EStG ergebenden Einkünfte iSd § 2 Abs 2 EStG sind grundsätzlich nicht nur die in den Anspruchsmonaten, sondern die im gesamten Kalenderjahr zufließenden Einkünfte maßgeblich. „Andere Einkünfte“ sind nämlich „mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht“ (§ 8 Abs 1 Z 2 Satz 1 KBGG). Einkünfte aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um die darauf entfallenden vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen (§ 8 Abs 1 Z 2 Satz 2 KBGG). Nicht einzurechnen sind aber Einkünfte, die aus einer Betätigung bezogen werden, die vor Beginn des Anspruchszeitraums (das sind die Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes ‑ § 8 Abs 1 Z 1 KBGG) beendet oder nach Ende des Anspruchszeitraums begonnen wird (§ 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG). Mit dieser Ausnahmeregelung wird das sonst geltende Zuflussprinzip durchbrochen, weil die Einkünfte aus einer vor dem Anspruchszeitraum beendeten oder nach diesem begonnenen Betätigung selbst dann außer Ansatz bleiben, wenn sie erst während des Anspruchszeitraums zufließen (Ehmer ua, KBGG2 147). Wird nicht im gesamten Kalenderjahr Kinderbetreuungsgeld bezogen und nachgewiesen, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraums angefallen sind, sind nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die während des Anspruchszeitraums angefallen sind (§ 8 Abs 1 Z 2 Satz 4 KBGG). Im Fall eines derartigen Nachweises sind die während des Anspruchszeitraums angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen (§ 8 Abs 1 Z 2 vorletzter Satz KBGG; vgl Ehmer ua, KBGG2 147).
3. Bei der Beurteilung des Gesamtbetrags der Einkünfte iSd § 8 KBGG geht der Gesetzgeber somit grundsätzlich von den steuerpflichtigen Einkünften gemäß dem EStG 1988 aus und knüpft damit an jenen Einkommensbegriff an, der für Zwecke der Erhebung der Einkommenssteuer als maßgeblich angesehen wird. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, VfSlg 18.705, ausgeführt hat, ist der Heranziehung des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs für Zwecke der Bemessung familienfördernder Leistungen aus verwaltungsökonomischen Überlegungen nicht entgegen-zutreten, zumal eine alternative, vom Steuerrecht losgelöste Ermittlung des „tatsächlichen Einkommens“ allein für Zwecke des Kinderbetreuungsgeldes nur mit einem verhältnismäßig hohen administrativen Ermittlungsaufwand im Einzelfall zu verwirklichen wäre.
4. Nach der Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 Satz 2 KBGG ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat. Gemäß § 37 Abs 1 KBGG haben die Abgabenbehörden den Krankenversicherungsträgern jene Daten, die eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung der ihnen durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben darstellen, elektronisch zu übermitteln. In diesem Sinne haben die Abgabenbehörden für Personen, deren Einkommen zur Feststellung des Anspruchs auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, im Rahmen ihres Wirkungsbereichs im Ermittlungsverfahren festgestellte Daten gemäß § 8 KBGG sowie jene Daten, aus denen Ansprüche auf Familienbeihilfe hervorgehen, auf Anfrage den Krankenversicherungsträgern bekannt zu geben (vgl § 37 Abs 2 KBGG in der Stammfassung).
5. Der Senat hat jüngst in der Entscheidung 10 ObS 27/13p unter Bezug auf § 31 Abs 2 Satz 2 KBGG ausgesprochen, dass die Gebietskrankenkassen bei ihrer Entscheidung über den Widerruf und die Rückforderung des strittigen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an den Spruch des rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheides gebunden sind und sie daher keine Einkunftsdaten, die vom relevanten Einkommenssteuerbescheid abweichen, ihren Berechnungen zugrunde legen dürfen.
6. Die angesprochene Bindung der beklagten Partei und damit aufgrund der sukzessiven Kompetenz auch des Arbeits‑ und Sozialgerichts an den rechtskräftigen Einkommenssteuerbescheid besteht ‑ wie in der Entscheidung 10 ObS 27/13p ausführlich begründet ‑ nur hinsichtlich der Höhe der ermittelten Einkünfte. Für die Beachtlichkeit der Einkünfte im Einzelnen oder im Gesamten ist nicht das steuerliche Ergebnis von Bedeutung, sondern die Anordnungen in § 8 KBGG. Dies zeigen gerade in Bezug auf die zeitliche Zuordnung der Einkünfte § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 und 4 KBGG (s oben Punkt 2.; vgl 10 ObS 51/12s; ErläutRV 620 BlgNR 21. GP 63). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof in der vom Berufungsgericht für seinen Rechtsstandpunkt ins Treffen geführten Entscheidung 10 ObS 51/12s ausgesprochen, dass es sich beim Veräußerungsgewinn nach § 24 EStG um kein iSd § 8 Abs 1 Z 2 KBGG relevantes Einkommen handelt. Demgegenüber ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass es sich bei den in den Einkommensteuerbescheiden für das Jahr 2005 der Klägerin ausgewiesenen Einkünften um Einkünfte aus selbständiger künstlerischer Arbeit handelt. Strittig ist allein, ob die tatsächlich im Jahr 2005 erzielten, im ersten Einkommenssteuerbescheid 2005 genannten, den Grenzbetrag nicht überschreitenden Einkünfte aus selbständiger künstlerischer Arbeit zu berücksichtigen sind oder aber jener Betrag dieser Einkünfte, der sich nach der Verteilung der (steuerrechtlich) dem Jahr 2006 zuzurechnenden Einkünfte nach dem, der Progressionsermäßigung dienenden § 37 Abs 9 EStG ua auf das Jahr 2005 laut dem neuen Einkommenssteuerbescheid 2005 nach dem wieder-aufgenommenen Verfahren (§ 37 Abs 9 letzter Satz EStG) ergibt.
7. Nach dem Zweck der Zuverdienstgrenze und im Hinblick auf § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 und 4 KBGG ist die strittige Frage im Sinn der Beurteilung des Berufungsgerichts zu beantworten. Dagegen lassen sich insbesondere die Erwägungen des Gesetzgebers zu der erst am 1. 1. 2010 in Kraft getretenen, daher hier gar nicht anzuwendenden (§ 49 Abs 19 ff KBGG) Novelle zum KBGG, BGBl I 2009/116, in ErläutRV 340 BlgNR 24. GP 15, 20 f nicht ins Treffen führen (vgl 10 ObS 51/12s). Ebensowenig können Erläuterungen im Ministerialentwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, 493/ME 24. GP, gesetzliche Auslegungsmethoden verdrängen.
8. Zielsetzung des KBGG ist, das Kinderbetreuungsgeld nur jenen Eltern(‑teilen) zu gewähren, die bereit sind, die Berufstätigkeit im Hinblick auf die Kinderbetreuung einzuschränken. Die „Zuverdienstgrenze“ ist daher als Maßstab für die Bereitschaft der Einschränkung der Berufstätigkeit zugunsten der Betreuungsleistung oder ‑ anders betrachtet ‑ für die Bereitschaft (und Möglichkeit) zur Kinderbetreuung zu sehen (10 ObS 173/10d mwN).
Die von der Revisionswerberin verfochtene Auffassung bedeutet, dass umgekehrt eine Kinderbetreuungsgeld beziehende Person mit Einkünften aus selbständiger künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit ihre den Grenzbetrag übersteigenden Einkünfte im Anspruchszeitraum durch Inanspruchnahme der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs 9 EStG so verteilen kann, dass ihr Anspruch dennoch bestünde. Dass dies dem Zweck des Grenzbetrags widerspricht, liegt auf der Hand. Ein derartiges Ergebnis zu beabsichtigen, kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden.
Diese Auffassung widerspricht auch der Intention des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG, wonach in den Betrag, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht, Einkünfte aus einer vor dem Anspruchszeitraum beendeten oder nach diesem begonnenen Betätigung nicht eingehen, und jener des vierten Satzes dieser Bestimmung, der eine zeitliche Zuordnung der in einem Kalenderjahr erzielten Einkünfte auf die Zeit des Anspruchszeitraums, vor seinem Beginn und nach seinem Ende ermöglicht. In dem Fall, dass eine selbstständige künstlerische Betätigung erstmals nach dem Ende des Anspruchszeitraums aufgenommen wird und die daraus bezogenen Einkünfte unter Inanspruchnahme der steuerrechtlichen Konstruktion der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs 9 EStG auch auf den Anspruchszeitraum mit einem die Zuverdienstgrenze überschreitenden Betrag verteilt werden, steht die Auffassung der beklagten Partei im Widerspruch mit dem Wortlaut des § 8 Abs 1 Z 2 Satz 3 KBGG.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)