OGH 11Os94/13b

OGH11Os94/13b27.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas Z***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 21 Hv 20/13w des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 29. Mai 2013, AZ 8 Bs 212/13g (ON 52 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Thomas Z***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.

Der angefochtene Beschluss wird nicht aufgehoben.

Dem Bund wird der Ersatz der Beschwerdekosten von 800 Euro zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer auferlegt.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Beschwerde des wegen als Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG, jeweils iVm § 12 zweiter respektive dritter Fall StGB subsumierten Strafvorwürfen angeklagten (ON 27) Thomas Z***** gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 17. Mai 2013, GZ 21 Hv 20/13w-44, nicht Folge gegeben und die Untersuchungshaft des Genannten gemäß § 173 Abs 1, Abs 2 Z 1, Z 3 lit a StPO fortgesetzt.

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Inhaftierten zeigt zutreffend eine Grundrechtsverletzung auf.

Die Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts beschränken sich nämlich darauf, den Angeklagten für dringend verdächtig zu halten,

„in Graz, Wien und anderen Orten des österreichischen Bundesgebietes vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1. aus- und eingeführt zu haben, indem er

a) im Herbst 2010 ca 100 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt mindestens 90 %) in seiner Unterhose verborgen von Chile nach Wien schmuggelte,

b) im Zeitraum von Herbst 2010 bis Februar 2011 die abgesondert verfolgten unmittelbaren Täter Alexander M***** und Annamaria N***** dazu bestimmte, insgesamt ca 4.000 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt mindestens 90 %) im Zuge zweier Flüge mit jeweils ca 2.000 Gramm Kokain von Chile und Costa Rica nach Wien zu schmuggeln, indem er die Flugkosten von Alexander M***** und Annamaria N***** übernahm und den Transport des Suchtgifts durch seine Anwesenheit überwachte;

2. im Frühjahr/Sommer 2011 anderen überlassen zu haben, indem er den abgesondert verfolgten Alexander M***** als unmittelbaren Täter bei der Übergabe von ca 250 Gramm Kokain (Reinheitsgehalt rund 40 %) an den abgesondert verfolgten Josef S***** unterstützte, indem er mit ihm gemeinsam von Wien nach Graz fuhr, Alexander M***** in die Wohnung von Josef S***** begleitete, die Übergabe des Suchtgifts und des Bargelds von mindestens 10.000 Euro beobachtete und als Begleiter und Beschützer von Alexander M***** auftrat“.

Setzt das Oberlandesgericht im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung (§ 87 Abs 1 StPO) die Untersuchungshaft fort, muss es selbst Sachverhaltsannahmen zum dringenden Tatverdacht treffen, welche die rechtliche Beurteilung, ob durch die solcherart als sehr wahrscheinlich angenommenen Tatsachen - objektiv wie subjektiv - eine hafttragende strafbare Handlung begründet wird, ermöglichen (RIS-Justiz RS0120817; zuletzt 13 Os 19/13p, EvBl 2013/77, 516). Diesem Erfordernis wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht, fehlen doch zur subjektiven Tatseite - namentlich in Richtung § 28a Abs 4 Z 3 SMG - jegliche Ausführungen.

Diese von der Grundrechtsbeschwerde zu Recht bemängelten Defizite der Sachverhaltsannahmen erfordern - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - die unverzügliche Klärung der Haftvoraussetzungen, nicht jedoch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (§ 7 Abs 1 GRBG; neuerlich 13 Os 19/13p mwN).

Bleibt zu erwähnen, dass der an sich richtig aufgezeigte Begründungsmangel zu Faktum 2 wegen der hafttragenden Bedeutung der Faktengruppe 1 b dahinstehen kann und die Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr (BS 3) den Rechtsmittelausführungen zuwider nicht als willkürlich anzusehen ist (RIS-Justiz RS0118185; RS0117806), womit sich ein Eingehen auf das Vorbringen in Richtung Enthaftung gegen gelindere Mittel als Substitution der Fluchtgefahr erübrigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 8 GRBG.

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