OGH 15Os80/13y

OGH15Os80/13y26.6.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bitsakos als Schriftführer im Verfahren zur Auslieferung des Frank S***** zur Strafvollstreckung, AZ 32 HR 418/12p des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 15. Mai 2013, AZ 22 Bs 164/13y (ON 52) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Frank S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Beim Landesgericht Wiener Neustadt ist zu AZ 32 HR 418/12p gegen den deutschen Staatsangehörigen Frank S***** ein auf dem Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Münster, AZ 29 Js 424/02, basierendes Auslieferungsverfahren zur Strafvollstreckung an die Bundesrepublik Deutschland anhängig. Die am 12. Oktober 2012 über Frank S***** verhängte Auslieferungshaft (ON 8) wurde am 3. Mai 2013 unter Heranziehung des Haftgrundes der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 29 ARHG (ON 45) fortgesetzt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde des Betroffenen, in der er sowohl die Annahme des Haftgrundes der Fluchtgefahr als auch den Ausschluss gelinderer Mittel, insbesondere durch Leistung einer Kaution bekämpfte (ON 48).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Wien der Beschwerde nicht Folge und setzte die über Frank S***** verhängte Auslieferungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO iVm § 29 ARHG fort (ON 52).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde des Frank S***** kommt keine Berechtigung zu.

Bezugnehmend auf die in diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 15 Os 42/13k, in der eine Grundrechtsverletzung - zufolge prinzipiellen Ausschlusses der Möglichkeit einer Kaution durch die befassten Gerichte - festgestellt worden war, behauptet der Beschwerdeführer, er sei schon deshalb im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt, weil an den nunmehrigen Haftentscheidungen dieselbe Haft- und Rechtsschutzrichterin sowie derselbe Beschwerdesenat beteiligt waren wie an der früheren Entscheidung.

Dieses Vorbringen scheitert schon daran, dass der Instanzenzug nicht ausgeschöpft wurde. Die behauptete Ausgeschlossenheit wurde nämlich weder in der Beschwerde gegen den Haftfortsetzungsbeschluss (hinsichtlich der Haft- und Rechtsschutzrichterin) geltend gemacht noch wurde ein Ablehnungsantrag gegen den - für den Beschwerdeführer erkennbar zuständigen - Senat gestellt. Jenem aber ist es verwehrt, einen Beschwerdepunkt „in der Hinterhand zu halten“ (horizontale Erschöpfung; vgl Kier in WK2 GRBG § 1 Rz 41).

Eine Ausgeschlossenheit iSd § 43 StPO der betroffenen Richter lag im Übrigen - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht vor. Eine analoge Anwendung der Regelungen der Abs 2 und 4 des § 43 StPO, wie sie der Beschwerdeführer fordert, setzt das Vorliegen einer Regelungslücke voraus, wofür im Hinblick auf den Ausnahmecharakter der Regelungen über die Ausgeschlossenheit ein äußerst strenger Maßstab anzulegen ist. Die Fälle, in denen die Ausgeschlossenheit allein aus einer bestimmten Stellung folgt, sind nach dem gesetzgeberischen Willen überhaupt abschließend geregelt (Lässig, Vorbem zu §§ 43-47 Rz 5). Mit Blick auf die daher gebotene strikte Auslegung der Ausgeschlossenheitsnormen kann in einer unrichtigen, im Grundrechtsbeschwerdeverfahren korrigierten Rechtsansicht allein kein Umstand gesehen werden, der geeignet wäre, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der betroffenen Richter in Zweifel zu setzen (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 12, 15); für eine analoge Ausweitung des Regelungsbereichs der Abs 2 und 4 des § 43 StPO besteht daher keine Notwendigkeit.

Das Oberlandesgericht sprach in seiner Beschwerdeentscheidung aus, dass im konkreten Fall dem Haftgrund der Fluchtgefahr aus den dort angegebenen, bestimmten Gründen durch gelindere Mittel - auch durch Leistung einer Kaution - nicht zweckentsprechend begegnet werden könne (BS 6). Das Vorbringen der Grundrechtsbeschwerde, „die Unterlassung der Klärung der Frage, ob nicht allenfalls eine höhere Kaution festzusetzen gewesen wäre“, sei grundrechtsverletzend, lässt die gebotene Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Beschwerdegerichts vermissen; ihre Argumentation geht so ins Leere (RIS-Justiz RS0106464).

Frank S***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Stichworte