Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 614,86 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 102,48 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Kläger kauften von der beklagten Bauträgerin einen Liegenschaftsanteil, mit dem Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung untrennbar verbunden ist. Bereits im Kaufanbot war eine zugehörige Gartenfläche von 292,97 m2 genannt, im Kaufvertrag selbst wurde dieselbe Gartenfläche festgehalten. Der Vertreter der Vermittlerin zeigte den Klägern bei einer Besichtigung vor Vertragsschluss die Gartenfläche und wies auf den damals bereits errichteten Zaun, der diese Fläche begrenzen sollte, sowie eine innerhalb des Zaunes vorgesehene 1 m breite Wegservitut für den Hausmeister zur Grundstücksbetreuung hin. Den Klägern fiel bei der Besichtigung nicht auf, dass die von der Beklagten für die Kläger vorgesehene Gartenfläche etwa 100 m2 weniger groß ist als im Plan dargestellt. Zwischen der tatsächlich als Gartenfläche angelegten und auch den Nutzwertgutachten für die Wohnungseigentumsbegründung zugrunde gelegten Fläche von 192,13 m2 und der Fläche laut Kaufvertrag (292,97 m2) besteht eine Differenz von 100,84 m2, welche zum Teil aus einer kaum nutzbaren Geländeformation (Böschung), andererseits aber aus asphaltierten Verkehrsflächen zur Allgemeinnutzung besteht.
Die Kläger begehrten 6.000 EUR sA mit der Behauptung, sie hätten 292,97 m2 Garten gekauft, in Wirklichkeit aber nur 192,13 m2 erhalten. Sie stützen sich auf Gewährleistung, Schadenersatz und Irrtum.
Die Beklagte wendete ein, die Kläger hätten vor Unterfertigung des Vertrags das Objekt besichtigt. Lage, Beschaffenheit und Ausmaß des Gartens sei ihnen bekannt gewesen. Sie hätten tatsächlich jene Grundfläche erworben, die sie zuvor in der Natur besichtigt hätten. Der Verkäuferin wäre es gleichgültig gewesen, ob die Differenzfläche den Klägern oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Nutzung überlassen worden wäre.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren großteils statt (die geringfügige Klageabweisung wurde rechtskräftig). Den Klägern sei eine Gartenfläche von 292,97 m2 zugesagt worden. Die tatsächlich übergebene Fläche sei deutlich kleiner gewesen, der Gewährleistungsverzicht im Kaufvertrag nicht wirksam und daher von einem versteckten Mangel oder einem Irrtum über eine zugesicherte Eigenschaft auszugehen.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil in seinem klagestattgebenden Teil auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Den Rekurs gegen diesen Aufhebungsbeschluss ließ es zu, weil bei Zutreffen der Rechtsauffassung der Beklagten, wonach weder ein Mangel noch ein Geschäftsirrtum vorliege, unnötige Verfahrenskosten bewirkt würden. Es stehe fest, dass den Klägern eine Eigentumswohnung samt 292,97 m2 Gartenfläche angeboten und verkauft worden sei. Da den Klägern tatsächlich nur 192,13 m2 Gartenfläche als Zubehör ins Wohnungseigentum übertragen worden sei, liege ein (Gewährleistungs-)Fall des § 923 ABGB vor. Die Beklagte habe für den Minderwert zu haften, welcher nach der relativen Berechnungsmethode auszumessen sei. Da die hiefür erforderlichen Feststellungen fehlten, sei das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dem Rechtsstandpunkt der Beklagten, die Kläger hätten durch Besichtigung und Begehung der Gartenfläche genau gewusst, was sie tatsächlich erwerben würden, könne aber nicht jede Berechtigung abgesprochen werden. Für die Frage, was Vertragsinhalt geworden sei, komme es auf den objektiven Erklärungswert und nicht auf den Willen des Erklärenden oder das tatsächliche Verständnis des Empfängers an. Ein Kalkulationsirrtum scheine nicht vorzuliegen, weil der Kaufpreis nicht in Grundkosten und Baukosten aufgeschlüsselt worden sei und der Preis einer Eigentumswohnung, zu der als Zubehör eine Gartenfläche gehöre, „nicht entscheidend durch die Fläche des Gartenanteils geprägt werde“.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten, mit dem sie die gänzliche Klageabweisung anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass der auf Gewährleistung gestützte Anspruch der Kläger dem Grunde nach zu Recht besteht, weil es von der Mangelhaftigkeit des Leistungsgegenstands ausging (etwa 100 m2 zu geringe Gartenfläche). Die Mangelhaftigkeit des Leistungsgegenstands ist nicht abstrakt, sondern immer aufgrund des konkreten Veräußerungsvertrags zu beurteilen (RIS-Justiz RS0107680).
Für die Frage, was Vertragsinhalt wurde, sind zunächst die Vertragserklärungen der Parteien iSd § 914 ABGB auszulegen. Unerheblich ist, was eine Partei wollte, solange die andere Partei das nicht erkennen kann. Der Vertrauenstheorie entsprechend ist der Empfängerhorizont maßgeblich: Die Erklärung gilt so, wie sie ein redlicher Empfänger verstehen durfte. Es kommt demnach auf den objektiven Erklärungswert und nicht auf den Willen des Erklärenden oder das tatsächliche Verständnis des Empfängers an (4 Ob 93/11x mwN).
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die dem angefochtenen Aufhebungsbeschluss zugrundeliegende Rechtsauffassung, dass eine bestimmte Größe der zur alleinigen Nutzung übertragenen, zur Wohnung gehörenden Gartenfläche Vertragsinhalt wurde und eine davon erheblich abweichende geringere Fläche eine mangelhafte Vertragserfüllung bildet, nicht zu beanstanden. Dass der sich daraus ergebende Preisminderungsanspruch nach der relativen Berechnungsmethode auszumitteln ist, entspricht ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0018764).
Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vermag auch die Beklagte nicht aufzuzeigen. Die Rekursausführungen lassen völlig unberücksichtigt, dass sowohl im Kaufanbot als auch im Kaufvertrag eine konkrete Flächenangabe für den zur alleinigen Benützung überlassenen Gartenanteil ausgewiesen wurde. Dass eine bestimmte Wohnungs- oder Grundstücksfläche wertbestimmend ist, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl RIS-Justiz RS0014781). Die das im konkreten Fall negierenden Ausführungen der Rekurswerberin sind daher nicht nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; vielmehr findet ein Kostenersatz statt, wenn - wie hier - der Rechtsmittelgegner auf diese Unzulässigkeit hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0123222, RS0035976 [T2]).
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