OGH 7Ob23/13b

OGH7Ob23/13b23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** E*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Dieter Eckhart und Mag. Andreas Horacek, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Hundegger Rechtsanwalt GmbH in Villach, wegen 21.500 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. November 2012, GZ 5 R 138/12x-59, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 4. Juni 2012, GZ 26 Cg 159/09t-51, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.259,64 EUR (darin enthalten 209,94 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht erklärte in Abänderung seines Ausspruchs die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob es § 933a Abs 2 ABGB auch ermögliche, ganz vom Vertrag loszukommen (schadenersatzrechtliche Wandlung).

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Entscheidung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Seit der Entscheidung des verstärkten Senats 1 Ob 536/90 wird in ständiger Rechtsprechung die volle Konkurrenz von Gewährleistungsansprüchen und Schadenersatzansprüchen sowohl im Werkvertragsrecht als auch im Kaufvertragsrecht bejaht (RIS-Justiz RS0021755). Durch das Gewährleistungsrechts-Änderungsgesetz (GewRÄG) wurde der § 933a ABGB eingeführt. Danach wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass der Übernehmer auch Schadenersatz fordern kann, wenn der Übergeber den Mangel verschuldet hat. Nach der RV 422 BlgNR 21. GP, 20 geht es nicht nur um Mängel, die der Übergeber schuldhaft herbeigeführt hat, sondern auch um ohne sein Zutun entstandene Fehler, die schuldhaft nicht vor Übergabe der Sache beseitigt wurden. Die Rechtsfolgen aus der mangelhaften Leistung sollen einheitlich ausgestaltet werden.

Gemäß § 933a Abs 2 ABGB kann der Übernehmer (unter anderem) dann Geldersatz verlangen, wenn der Übergeber die Verbesserung verweigert. Die Voraussetzungen für den Geldersatz entsprechen jenen, unter denen der Übernehmer gemäß § 932 Abs 4 ABGB Preisminderung und Wandlung verlangen kann (2 Ob 135/10g mwN). § 933a Abs 1 ABGB schreibt als lex specialis, die den §§ 1295 ff ABGB vorgeht, den in der Rechtsprechung vertretenen Grundsatz der vollen Konkurrenz zwischen Gewährleistung und Schadenersatz explizit im Gesetz fest. Damit wird klargestellt, dass der Übernehmer wegen der vom Übergeber verschuldeten (= schuldhaft nicht vor Übergabe beseitigten) Mängel auch Anspruch auf Schadenersatz hat. Demgemäß sind Geldersatzansprüche - auch neben dem Recht auf Wandlung eines Kaufvertrags - keinesfalls ausgeschlossen (2 Ob 95/06v = RIS-Justiz RS0122651). Nach Judikatur und Lehre steht dem Besteller bei einem unbrauchbaren Werk aus dem Titel des Schadenersatzes der Anspruch auf Rückerstattung des gesamten Werklohns zu (1 Ob 109/09z; vgl auch 6 Ob 7/06g, 3 Ob 295/05m; 9 Ob 3/13a [zum Kauf] je mwN). Die Ansicht, dass dem Übernehmer bei nicht bloß geringfügigem Mangel und Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch die Möglichkeit einzuräumen ist, ganz vom Vertrag loszukommen (schadenersatzrechtliche Wandlung), wird auch in der Lehre vertreten (Zusammenstellung der herrschenden Ansicht bei Zöchling - Jud in Kletecka/Schauer, ABGB ON.01, § 933a Rz 26 Fn 70; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger³, § 933a Rz 9; Ofner in Schwimann³, § 933a Rz 17; aA Zöchling - Jud aaO, § 933a Rz 27).

Dem hält die Revision ohne weitere Argumente nur entgegen, dass bei wörtlicher Auslegung des § 933a Abs 2 ABGB die Rechtsfolge der schadenersatzrechtlichen Wandlung nicht abzuleiten sei. Diese Ausführungen veranlassen den Obersten Gerichtshof nicht, seine Rechtsprechung zu überdenken.

Das Argument, es liege kein Verschulden vor, weil die Mitarbeiter der Beklagten nachträglich nur etwas verschleiert hätten, was ausschließlich vom Kläger als Mangel angesehen worden sei, ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte übergab dem Kläger einen Traktor, der nicht die altersentsprechend zu erwartende Motorleistung hatte. § 922 ABGB enthält die Vermutung, dass die Leistung (unter anderem) die gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat und dass sie der Natur des Geschäfts oder der getroffenen Vereinbarung gemäß verwendet werden kann. Mangels gegenteiliger Abrede sind diese Eigenschaften als stillschweigend vereinbart anzusehen (2 Ob 135/10g mwN; RIS-Justiz RS0018468). Es besteht zwar keine allgemeine Rechtspflicht, den Geschäftspartner über alle Umstände aufzuklären, die auf seine Entscheidung einen Einfluss haben könnten, doch ist sie dann zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (RIS-Justiz RS0014811).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass eine Motorleistung laut Datenblatt im vorliegenden Einzelfall zumindest stillschweigend vereinbart war, hält sich im Rahmen der Judikatur. Die Mitarbeiter der Beklagten nahmen zwar auf Grund der Reklamation des Klägers einen Verbesserungsversuch vor, doch konnten sie eine adäquate Motorleistung nicht herbeiführen. Um das nicht offenlegen zu müssen, nahmen sie eine unzulässige Manipulation an der Pumpe nach Öffnen einer Plombe vor und erhöhten die Fördermenge, was zu einem um 45 bis 46 % erhöhten Treibstoffverbrauch und zu einer unzulässig hohen Rußentwicklung führte. Die Beklagte hat es damit zu vertreten, dass (zumindest) grob fahrlässig eine mangelhafte Sache (abermals) übergeben und zuletzt durch Manipulation vorgetäuscht wurde, dass der Traktor die vereinbarte Eigenschaft habe. Als der Kläger die Rußentwicklung sofort bei der zweiten Übergabe bemerkte und einen Mitarbeiter der Beklagten darauf aufmerksam machte, wurde ihm noch dazu erklärt, dass dies normal sei und er (bei sonstiger Klagsandrohung) den Traktor übernehmen müsse.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Beklagte ein Verschulden an der Mangelhaftigkeit der Kaufsache trifft, hält sich im Rahmen der Judikatur.

Die Beklagte wandte im erstinstanzlichen Verfahren keine Gegenforderungen ein. Von einer Bevorzugung des Klägers kann nicht gesprochen werden.

Es werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

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