OGH 15Os150/12s

OGH15Os150/12s22.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller in der Medienrechtssache des Antragstellers DI Vladimir Z***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wegen § 16 MedienG, AZ 93 Hv 74/11z des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag der Antragsgegnerin auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

In der Medienrechtssache des Antragstellers DI Vladimir Z***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG wurde der Antragsgegnerin mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. Dezember 2010, GZ 93 Hv 104/10k-9, die Veröffentlichung einer Gegendarstellung auferlegt. Die Entscheidung über den Antrag auf Verhängung einer Geldbuße wurde gemäß § 18 Abs 2 zweiter Satz MedienG einem allenfalls fortgesetzten Verfahren vorbehalten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Antragsgegnerin wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 6. Juni 2011, AZ 18 Bs 98/11k (= ON 23) nicht Folge gegeben, ein Antrag auf Erneuerung des Verfahrens mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 19. Oktober 2011, AZ 15 Os 101/11h (= ON 25) zurückgewiesen.

In der Folge wurde die Antragsgegnerin mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. Juli 2012, GZ 93 Hv 74/11z-24, gemäß § 18 Abs 1 MedienG zur Zahlung einer Geldbuße in der Höhe von 2.000 Euro an den Antragsteller verurteilt. Der Berufung der Antragsgegnerin gab das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit Urteil vom 18. Oktober 2012, AZ 18 Bs 389/12f (= ON 33) nicht Folge.

Mit der Behauptung einer Verletzung von Art 6 und 10 MRK sowie Z 2 des Beschlusses der provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918 beantragt die K***** GmbH & Co KG nunmehr die Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a Abs 1 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG.

Der Antrag ist nicht berechtigt.

Für einen - wie hier vorliegenden - nicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützten Erneuerungsantrag, bei dem es sich um einen subsidiären Rechtsbehelf handelt, gelten alle gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 Abs 1 und Abs 2 MRK sinngemäß (RIS-Justiz RS0122737).

Demnach hat - weil die Opfereigenschaft nach Art 34 MRK nur dann anzunehmen ist, wenn der Beschwerdeführer substantiiert und schlüssig vorträgt, in einem bestimmten Konventionsrecht verletzt zu sein (Grabenwarter, EMRK5 § 13 Rz 13) - auch ein Erneuerungsantrag gemäß § 363a StPO per analogiam deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine (vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende) Grundrechtsverletzung im Sinne des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei (RIS-Justiz RS0122737 [T17]). Dabei hat sich der Antragsteller mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0124359).

Diesen Anforderungen wird der Erneuerungsantrag nicht gerecht.

Zu Art 6 MRK bringt die Erneuerungswerberin vor, das Erstgericht habe zur Höhe der Geldbuße keinerlei Tatsachenfeststellungen getroffen, das Oberlandesgericht in seiner Entscheidung jedoch ohne jedes Beweisverfahren eine Verletzung der journalistischen Sorgfalt durch die Antragsgegnerin konstatiert. Dadurch seien nicht nur die Bestimmungen der §§ 473 Abs 2, 474 StPO, sondern auch das Recht der Antragsgegnerin auf Gehör (Art 6 MRK) verletzt worden.

Abgesehen davon, dass sich die vom Erneuerungsantrag zitierten Bestimmungen der StPO auf die Feststellung schuld- und subsumtionsrelevanter Tatsachen beziehen (vgl Ratz, WK-StPO § 473 Rz 6; zur Rechtsnatur der Berufungsentscheidung s ders, WK-StPO § 295 Rz 1 ff), legte die Erneuerungswerberin nicht dar, aus welchem Grund sie in ihrem Recht auf Gehör verletzt worden sein soll, zumal sie nicht einmal behauptet, daran gehindert gewesen zu sein, Vorbringen zu erstatten oder zweckdienliche Anträge zu stellen.

Unbegründet blieb auch die Behauptung, das Oberlandesgericht habe Art 6 MRK verletzt, weil es in seinem Berufungsurteil nicht auf die in der Berufung aufgestellte Behauptung einer Verletzung der Z 2 des Beschlusses der provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918 eingegangen sei. Die vom Erneuerungsantrag als Beleg zitierten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs betreffen im Übrigen willkürliches Verhalten einer Behörde durch Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt und sind daher hier nicht anwendbar.

Aus welchem Grund die Geldbuße eine Strafe für „die bloße Wiedergabe fremder Äußerungen in einem Medium“ (zur Rechtsnatur der Geldbuße nach § 18 MedienG als Zivilsanktion und Beugemittel s Höhne in Berka/Heindl/Höhne/Noll § 18 Rz 2) und weshalb die konkret festgesetzte „im Lichte von Art 10 MRK“ unzulässig sein soll, wird von der - mit der sinnentstellend zitierten Entscheidung 15 Os 101/11h argumentierenden - Antragstellerin nicht näher dargelegt, sondern bloß unsubstantiiert behauptet. Auch aus dem - zu Unrecht - erhobenen Einwand, die Argumentation des Oberlandesgerichts Wien sei widersprüchlich, wird nicht klar, welche Grundrechtsverletzung sich daraus ergeben solle.

Schließlich genügt dem Vorbringen, Z 2 des Beschlusses der provisorischen Nationalversammlung vom 30. Oktober 1918 (StGBl 1918/3) verbiete jegliche Einschränkung der Pressefreiheit, der Hinweis, dass diese Bestimmung nur die Vorzensur, nicht aber jegliche repressive Maßnahmen verbietet (VfSlg 6615; 8461; Walter/Mayer/Kucsko-Stadelmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 1463 f; s auch 4 Ob 199/12m).

Der offenbar unbegründete Erneuerungsantrag der Antragsgegnerin war daher schon in nichtöffentlicher Beratung gemäß § 363b Abs 1 und Abs 2 Z 3 StPO zurückzuweisen.

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