Spruch:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO wird vom Widerruf der Okhan K***** mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. August 2011, GZ 83 Hv 130/11m-18, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die diesbezügliche Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird Okhan K***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Okhan K***** mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien zur Ausführung der strafbaren Handlungen des Ronald S*****, der von März 2012 bis Juni 2012 gewerbsmäßig und trotz früherer Verurteilung wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG im Urteil bezeichneten Abnehmern Suchtgift, nämlich dort im einzelnen genannte Mengen Marihuana und Cannabisharz (Delta-9-THC) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge durch gewinnbringenden Verkauf überlassen hat, wobei dieser an Suchtgift gewöhnt war und die Straftaten vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen (I/A), dadurch hinsichtlich einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge Marihuana sonst beigetragen, dass er von Mitte April 2012 bis Juni 2012 seine Wohnung dem Ronald S***** zum Abpacken und zum Verkauf von Marihuana zur Verfügung stellte, Suchtgiftabnehmern die Wohnungstür öffnete, diesen den Aufbewahrungsort des Suchtgifts beschrieb und sie anwies, das Geld für die Übernahme der verbotenen Substanzen dort zu deponieren, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Okhan K***** ist nicht im Recht.
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider betrifft (hier wie in aller Regel) die Feststellung des Tatzeitraums (Mitte April 2012 bis 21. Juni 2012; vgl US 11) keine entscheidende Tatsache (vgl RIS-Justiz RS0098557), sodass es unter diesem Aspekt einer Erörterung der Beweisergebnisse, wonach Ronald S***** in Ermangelung anderer Wohnmöglichkeiten bei Okhan K***** Unterkunft genommen hatte und dieser Ronald S***** aufforderte, damit aufzuhören und die Wohnung nach Urlaubsrückkehr des Okhan K***** aus der Türkei wieder zu verlassen, nicht bedurfte.
Aus welchem Grund die Konstatierungen zu der vom Angeklagten K***** „zu vertretenden Menge und dem Reinheitsgehalt des Suchtmittels“ (vgl US 14) undeutlich und mangelhaft begründet (Z 5 erster und vierter Fall) sein sollen, erklärt die Beschwerde nicht.
Mit dem Hinweis auf fehlende Angaben des Angeklagten K***** zur Reinsubstanz und dessen abweichende Einschätzungen zu der von Ronald S***** an Dritte überlassenen Suchtgiftmenge wendet sich das Rechtsmittel bloß unzulässig gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen zum (sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht erfolgten) Beitrag des Beschwerdeführers an den die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach überschreitenden Suchtgiftmanipulationen des Ronald S***** finden sich auf US 12. Die Behauptung, die Annahme strafbarer Beteiligung sei aus den tatrichterlichen Konstatierungen nicht ableitbar, übergeht genau diese und bleibt überdies ohne argumentative Bezugnahme auf das Gesetz, womit sie sich nicht an den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes orientiert (RIS-Justiz RS0099810). Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass als sonstiger Beitrag im Sinn des § 12 dritter Fall StGB grundsätzlich alle Handlungen in Betracht kommen, welche die Ausführung der Tat durch einen anderen ermöglichen, absichern oder in anderer Weise fördern (Kienapfel/Höpfel/Kert, AT14 E 5 Rz 8 mwN).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zu verwerfen.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch von nicht geltend gemachter Nichtigkeit betreffend den Angeklagten K***** (§§ 281 Abs 1 Z 10, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), weil - wie die Generalprokuratur im Ergebnis zutreffend ausführt - das Urteil die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung ausschließende Feststellungen enthält.
Nach diesen - die sofortige Entscheidung in der Sache selbst ermöglichenden (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO) - Konstatierungen war die Familienzugehörigkeit des Ronald S***** der einzige Grund für die Unterstützung durch Okhan K***** (US 14), womit (ungeachtet der Annahme einer früheren Verurteilung nach § 28a Abs 1 SMG) die Subsumtion der Tat nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG ausscheidet.
Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass die Annahme gewerbsmäßiger Begehung für einen (Bestimmungs- oder) Beitragstäter selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn dieser um das gewerbsmäßige Handeln des unmittelbaren Täters gewusst hat (SSt 48/96; Jerabek in WK2 StGB § 70 Rz 19). Vielmehr muss die beabsichtigte Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme stets die eigene Person betreffen (Jerabek in WK2 StGB § 70 Rz 14).
Das angefochtene Urteil war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang aufzuheben, was die Aufhebung des gemeinsam mit diesem gefassten Beschlusses nach § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO zur Folge hatte.
Bei der Strafneubemessung waren das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) sowie vier auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende - den Kriterien des § 39 StGB entsprechende - Vorverurteilungen (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) erschwerend und die teilweise geständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) mildernd. Davon ausgehend ist eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten tat- und schuldangemessen.
Dabei war - ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (RIS-Justiz RS0108868) - zu berücksichtigen, dass dem Erschwerungsgrund nach § 33 Abs 1 Z 2 StGB erhöhtes Gewicht zukommt.
Vom Erstgericht angenommene untergeordnete Beteiligung im Sinn des § 34 Abs 1 Z 6 StGB liegt mit Blick darauf, dass der Angeklagte durch die Bereitstellung seiner Wohnung über einen längeren Zeitraum eine wesentliche Rahmenbedingung für den Drogenhandel des Ronald S***** schuf, nicht vor.
Die (teil-)bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe kommt nicht in Betracht. Mit Rücksicht auf die mangelnde Wirkung früherer Abstrafungen und selbst des Vollzugs von Freiheitsstrafen ist die bloße Androhung weiteren Vollzugs allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen nicht geeignet, den Angeklagten von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.
Die Anrechnung der Vorhaftzeiten gründet sich auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB.
Einem allfälligen Widerruf der zu AZ 83 Hv 120/11m des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht steht schon das Verbot der reformatio in peius entgegen. Die diesbezügliche - hinsichtlich einer Verurteilung wegen § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB bestimmte - Probezeit war mit Blick auf die erhebliche, neuerlich einschlägige Delinquenz (vgl RIS-Justiz RS0091972 [T4]) zu verlängern.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung, mit seiner impliziten (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) Beschwerde auf die Beschlussfassung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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