OGH 2Ob74/13s

OGH2Ob74/13s7.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Casper R*****, geboren am *****, wegen Unterhaltsfestsetzung, über den Revisionsrekurs des Vaters Stefan G*****, vertreten durch Dr. Marco Nademleinsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 10. April 2013, GZ 16 R 54/13z‑5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 21. Jänner 2013, GZ 3 PU 19/13k‑2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0020OB00074.13S.0507.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Vater beantragte unter Hinweis darauf, dass er für das Kind mehr als ausreichend Unterhalt leiste, die Mutter dennoch immer neue und höhere Unterhaltsforderungen an ihn herantrage und er daher befürchten müsse, in Zukunft rückwirkend auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden, ihn zu verpflichten, ab 1. Februar 2013 seinem minderjährigen Sohn 486 EUR an monatlichem Unterhalt zu bezahlen. Er habe ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Festsetzung des Unterhalts. Der Weg einer negativen Feststellungsklage gemäß § 228 ZPO sei ihm verwehrt, weil Unterhaltsansprüche im Außerstreitverfahren zu behandeln seien.

Das Erstgericht wies den Antrag zurück. Es stehe allein dem Kind offen, den Unterhaltsfestsetzungsantrag zu stellen. Im Übrigen hänge eine gerichtliche Unterhaltsfestsetzung bei der Verpflichtung zur Leistung noch nicht fälligen Unterhalts gemäß § 101 Abs 4 AußStrG von einer Verletzung der Unterhaltspflicht bzw einem Drohen dieser Verletzung ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Ein Rechtsschutzinteresse des Unterhaltsschuldners an der gerichtlichen Festsetzung seiner Unterhaltspflicht für laufenden Unterhalt bestehe gemäß § 101 Abs 4 AußStrG dann nicht, wenn eine drohende Unterhaltsverletzung nicht einmal behauptet werde. Ein Recht des Vaters auf Schaffung eines Unterhaltstitels ihm selbst gegenüber bestehe nicht. Eine analoge Anwendung des § 228 ZPO komme in Hinblick auf die klare Anordnung des AußStrG nicht in Betracht.

Über Antrag des Vaters ließ das Rekursgericht den Revisionsrekurs zu, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Unterhaltsverpflichtete selbst zur Antragstellung zwecks Klärung seiner Unterhaltsschuld legitimiert sei, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig (§ 71 Abs 1 AußStrG), weil eine entscheidungswesentliche Rechtsfrage von der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität nicht aufgezeigt wird:

1. Der Rechtsmittelwerber verweist darauf, dass § 101 Abs 4 AußStrG eine lex specialis zu § 37 Abs 1 AußStrG bilde, die ebenso wie die dazu ergangene Rechtsprechung nicht verhindern wolle, dass der Unterhaltspflichtige selbst eine Klärung seiner Unterhaltspflicht herbeiführe. Sowohl in der Lehre als auch in den Gesetzesmaterialien zum AußStrG werde vertreten, dass ein Feststellungsbegehren iSd § 228 ZPO auch im Außerstreitverfahren immer dann möglich sei, wenn dies in der materiellen Rechtslage angelegt sei. Das Feststellungsinteresse des Antragstellers sei in der materiellen Rechtslage angelegt, weil die Mutter außergerichtlich eine Verletzung der Unterhaltspflicht behaupte und ständig neue, überhöhte Forderungen stelle. Der Antragsteller habe daher ein rechtliches Interesse an der Klärung seiner Unterhaltspflicht.

2. Die Fragen der Zulässigkeit einer Feststellungsentscheidung im außerstreitigen Unterhaltsverfahren im Allgemeinen (vgl 1 Ob 4/08g) und jene des Feststellungsinteresses des Vaters im Konkreten stellen sich im vorliegenden Fall aber nicht, weil der Vater kein Feststellungsbegehren erhebt. Dass dies in erster Instanz nicht erörtert wurde, hat der Vater im Rekurs nicht gerügt. Dies kann in dritter Instanz nicht mehr nachgeholt werden.

3. Inwiefern der Vater ein über die Feststellung hinausgehendes Rechtsschutzinteresse daran haben könnte, selbst zu einer Leistung verpflichtet zu werden, legt er im Übrigen nicht dar.

Die Erlassung des vom Vater begehrten Leistungstitels ist darüber hinaus ‑ wie bereits die Vorinstanzen dargelegt haben ‑ auch deshalb abzulehnen, weil nach der geltenden Gesetzeslage die Festsetzung des vom Vater beantragten Leistungsbefehls für zukünftige Zeitperioden eine Verletzung bzw drohende Verletzung der Unterhaltspflicht zur Voraussetzung hat und ein Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Unterhalts für das minderjährige Kind nach der Judikatur allgemein voraussetzt, dass der Unterhaltspflichtige bisher keinen oder weniger als den nach dem Gesetz zu leistenden Unterhalt gezahlt hat (RIS‑Justiz RS0047411).

Stichworte