OGH 9ObA142/12s

OGH9ObA142/12s24.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Werner Rodlauer und Mag. Robert Brunner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. E***** T*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt W*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 15.924,52 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 24. September 2012, GZ 9 Ra 52/12a‑25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Klägerin war vom 1. 10. 1996 bis 31. 7. 2009 bei der Beklagten im Rahmen mehrerer befristeter Dienstverhältnisse beschäftigt. Die Befristungen erfolgten zum Zweck der Ausbildung der Klägerin zur Fachärztin für Unfallchirurgie, für Allgemeinchirurgie, für das Additivfach Gefäßchirurgie und zur Fachärztin für Kinderchirurgie. Auf das Dienstverhältnis ist die Vertrags-bedienstetenordnung 1995 der Gemeinde Wien (VBO 1995) anzuwenden. Im Rahmen des letzten Dienstverhältnisses war die Klägerin gesundheitsbedingt vom 1. 1. 2008 bis 31. 12. 2008 karenziert. Ihr Ansuchen um Verlängerung des Karenzurlaubes um ein weiteres Jahr wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 8. 10. 2008 „für die Zeit vom 01. 01. 2009 bis 31. 07. 2009 (Ende Ihres befristeten Dienstvertrages)“ bewilligt. Über Nachfrage wurde ihr mitgeteilt, dass ihr Dienstvertrag bis 31. 7. 2009 befristet sei. Die Klägerin unternahm in weiterer Folge keine weiteren Schritte, sondern wartete das Ende ihres Dienstverhältnisses ab.

Mit ihrer am 4. 3. 2010 eingebrachten Klage steht die Klägerin auf dem Standpunkt, dass die Aneinanderreihung der Dienstverhältnisse rechtswidrig gewesen sei und ihr deshalb die eingeklagte Abfertigung wie aus einem unbefristeten Dienstverhältnis zustehe. § 2 Abs 5 VBO 1995 sei eng auszulegen. § 48 Abs 2 Z 3 VBO 1995 verstoße gegen § 4 der Rahmenvereinbarung.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Das Abfertigungsbegehren der Klägerin setzt eine abfertigungswirksame Beendigung ihres Dienstverhältnisses voraus. Dies räumt auch die außerordentliche Revision ein.

Die Klägerin bringt vor, aufgrund der ‑ im Detail ausgeführten ‑ Unzulässigkeit der Mehrfachbefristungen in einem unbefristeten Dienstverhältnis gestanden zu sein, das durch eine termin‑ und fristwidrige Dienstgeberkündigung geendet habe. Der festgestellte Sachverhalt lässt die Deutung einer Dienstgeberkündigung jedoch nicht zu, hat die Beklagte doch mehrfach explizit darauf hingewiesen, dass das Dienstverhältnis vereinbarungsgemäß durch Fristablauf zum 31. 7. 2009 ende. Die Klägerin, die nach dem Sachverhalt auch nicht in Unkenntnis des Unterschieds zwischen Fristablauf und Dienstgeberkündigung sein konnte, widersprach dem nicht und brachte auch sonst ‑ obwohl ihr nach der schon im Herbst 2008 erteilten Information Klar sein musste, dass die Beklagte von einem Ende des Dienstverhältnisses durch Fristablauf zum 31. 7. 2009 ausging ‑ auch nach dem Fristablauf zum 31. 7. 2009 nicht zum Ausdruck, das Fristende nicht zu akzeptieren. Zu bedenken ist, dass auch eine rechtswidrige Kündigung eines Dienstverhältnisses nicht unbegrenzt geltend gemacht werden kann. Vielmehr bedingt das Klarstellungsinteresse des Vertragspartners eine in angemessener Frist geltend zu machende Aufgriffsobliegenheit des Dienstnehmers(s RIS‑Justiz RS0028233, RS0107828 ua), widrigenfalls es bei der Beendigungswirkung der Kündigung bleibt. Da die Klägerin einen allfälligen aus einer unzulässigen Mehrfachbefristung resultierenden Fortsetzungsanspruch nicht zeitgerecht aufgriff, kann auch im vorliegenden Fall nur davon ausgegangen werden, dass ihr Dienstverhältnis durch den Zeitablauf beendet wurde. Auf ihre Erwägungen zur Unzulässigkeit der Mehrfachbefristungen kommt es folglich nicht an.

Daher sei nur am Rande angemerkt, dass die Aneinanderreihung von Befristungen für die Dauer einer Ausbildung bereits in der Entscheidung 9 ObA 80/02h als sachlich gerechtfertigt angesehen wurde, weil „die Träger von Krankenanstalten, die ‑ wie die Beklagte ‑ anerkannte Ausbildungsstätten für Fachärzte sind, dafür Sorge zu tragen haben, dass für Ärzte, die eine Ausbildung zum Facharzt anstreben, Ausbildungsstellen zur Verfügung stehen, was letztlich nur dadurch möglich ist, dass die in § 8 Abs 1 ÄrzteG vorgesehenen Arbeitsverhältnisse mit auszubildenden Fachärzten befristet für die voraussichtliche Dauer der Ausbildung abgeschlossen werden, weil andernfalls die nur beschränkt vorhandenen Ausbildungsstellen mit bereits ausgebildeten Fachärzten blockiert wären.“ Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Beklagte nach dem Spitalswechsel der Klägerin sehr daran interessiert war, sie für ein unbefristetes Dienstverhältnis zu gewinnen, hatte die Klägerin doch mit Beginn der Kinderchirurgieausbildung zu erklären, sich am Ende der von ihr angestrebten Sonderfachausbildung um einen Dauervertrag in jenem Spital zu bewerben. Danach ist es vertretbar, wenn das Berufungsgericht hier keine die Klägerin diskriminierende „Ausbeutungskonstruktion“ erkennen konnte.

2. Die Klägerin meint weiter, auch ein Ende durch Zeitablauf könne nicht zum Entfall ihres Abfertigungsanspruchs führen. Die Bestimmung des § 48 Abs 2 Z 3 VBO 1995 widerspreche dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung befristeter Dienstverhältnisse.

Nach § 48 Abs 2 Z 3 VBO 1995 gebührt bei einem auf bestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnis, das durch Zeitablauf endet, keine Abfertigung.

Nach § 4 Z 1 des Anhangs der Richtlinie 1999/70/EG des Rates zu der EGB‑UNICE‑CEEP Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 28. Juni 1999 dürfen befristet beschäftigte Arbeitnehmer in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil für sie ein befristeter Arbeitsvertrag oder ein befristetes Arbeitsverhältnis gilt, gegenüber vergleichbaren Dauerbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt.

Die Klägerin gesteht selbst zu, dass es bei der Beklagten keine Auszubildenden mit unbefristeten Dienstverträgen gibt. Soweit deshalb ein „Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrags oder in Ermangelung eines solchen gemäß den einzelstaatlichen gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder Gepflogenheiten“ zu erfolgen hat (§ 3 Z 2 Rahmenvereinbarung), verweist sie auf § 23 AngG, wonach auch bei befristeten Dienstverhältnissen von mindestens drei Jahren Dauer ein Abfertigungsanspruch entstehe. Ein solcher Verweis übersieht aber, dass es sich bei der VBO 1995 und dem AngG um unterschiedliche gesetzliche Regelungssysteme handelt und das AngG nicht ohne Weiteres auf Vertragsbedienstete anwendbar ist. Selbst wenn man aber davon absieht, dass die „einzelstaatliche gesetzliche Bestimmung“ hier § 48 Abs 2 Z 3 VBO 1995 ist, der generell für befristet beschäftigte Dienstnehmer keinen Abfertigungsanspruch vorsieht, so wäre aus § 23 AngG nichts zu gewinnen, weil nach der Wertung des § 23 Abs 1 letzter Satz AngG Zeiten eines Lehrverhältnisses allein keinen Abfertigungsanspruch begründen. Hält man aber Zeiten einer Berufsausbildung einer Lehrzeit gleich, so hat die Klägerin das Ausbildungsstadium gar nicht verlassen. Auf eine bestimmte „Ausbildungshöhe“ könnte es im Rahmen eines solchen Vergleichs nicht ankommen.

3. Da die Klägerin sohin insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist die Revision zurückzuweisen.

Stichworte