OGH 12Os35/13h

OGH12Os35/13h11.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Viktorin als Schriftführer in der Strafsache gegen Abdil Kadir Y***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Jugendschöffengericht vom 14. Dezember 2012, GZ 36 Hv 32/12y-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Privatbeteiligtenzuspruch enthält, wurde Abdil Kadir Y***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht auf den 22. Februar 2012 in S***** dadurch, dass er Tanja S***** in das Bett des Zimmers 101 im Hotel A***** zerrte, sich mit seinem Körpergewicht auf sie legte, die Genannte sodann entkleidete, unter Überwindung der Gegenwehr des Opfers dessen Beine spreizte und sodann mit seinem Glied in die Scheide der Widerstrebenden eindrang, eine Person mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Indem die Mängelrüge angesichts der Aussage der Zeugin Tanja S***** „Ich weiß auch nicht, ob er mich rein gestoßen hat oder rein gezerrt“ (ON 11 S 9) eine willkürliche Annahme des Erstgerichts, der Angeklagte habe sie - vor der eigentlichen Tathandlung - in das Bett gezerrt (US 3), und damit eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) ortet, legt der Beschwerdeführer mit der Behauptung, hieraus ergebe sich ein jeweils anderer Geschehnisablauf, was für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Tatopfers von Relevanz sei, nicht nachvollziehbar dar, weshalb diese Konstatierung eine entscheidende Tatsache (vgl zum Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399 ff) tangieren sollte.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit Hinweisen auf den vom Erstgericht ohnedies gewürdigten Umstand, die Zeugin Tanja S***** habe sich trotz ihrer Notlage nicht ins WC eingesperrt oder sonst zu flüchten versucht, deren nach Ansicht der Rüge mit den Tathandlungen nicht in Einklang zu bringenden geringfügigen Verletzungen und ihre von den Tatrichtern ebenfalls erörterte Bereitschaft, den Nichtigkeitswerber nach der Tat nach Hause zu chauffieren, werden jedoch keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.

Das Erstgericht hat die gänzliche Uneinsichtigkeit des Angeklagten bei der Ablehnung gänzlich bedingter Strafnachsicht zu Unrecht in Anschlag gebracht (US 6). Da dem Nichtigkeitsgrund (Z 11 dritter Fall; vgl RIS-Justiz RS0090897) noch im Rahmen der Berufungsentscheidung Rechnung getragen werden kann (RIS-Justiz RS0118870; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 29), bedarf es keiner amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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