OGH 13Os10/13i

OGH13Os10/13i4.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. April 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Niegl als Schriftführer in der Strafsache gegen Maksim B***** wegen Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 6. November 2012, GZ 22 Hv 73/12b-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Maksim B***** des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (1), des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 und Abs 4 StGB (2) sowie mehrerer Verbrechen des Raubes nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB (3 und 4) schuldig erkannt.

Danach hat er in I*****

(1) am 22. November 2011 und am 29. November 2011 Valentin S***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens der Vorbereitung eines Verbrechens durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel nach § 175 Abs 1 StGB iVm §§ 173 Abs 1 und Abs 2, 278c StGB, wissentlich (§ 5 Abs 3 StGB) falsch verdächtigte, indem er gegenüber Beamten der Sicherheitsdirektion Tirol wahrheitswidrig behauptete, dass Valentin S***** mit terroristischer Zielrichtung (§ 278c Abs 1 StGB) einen Bombenanschlag plane und zu diesem Zweck nach Bulgarien gereist sei, um Sprengstoff und Waffen zu kaufen,

(2) durch die zu (1) beschriebenen Angaben als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Kriminalpolizei falsch ausgesagt sowie

(3) und (4) im Herbst 2011 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Valentin S***** (3) und Abdulrahim E***** (4) zu bestimmen versucht, im einverständlichen Zusammenwirken mit ihm dem Manfred K***** mit Gewalt gegen seine Person Wertgegenstände und Bargeld wegzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 1, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Besetzungsrüge (Z 1), die aus der Wahrnehmung einer außerhalb der Hauptverhandlung getätigten Äußerung einer Zeugin durch die Schöffen Ausgeschlossenheit im Sinn des § 43 Abs 1 Z 2 dritter Fall StPO ableitet, geht schon mangels Erfüllung der diesbezüglichen Rügeobliegenheit ins Leere. Nach dem (nicht beanstandeten) Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 79) wurde das relevierte Geschehen nämlich im Rahmen der Hauptverhandlung - in Anwesenheit des Verteidigers (ON 79 S 1) - erörtert (ON 79 S 9), womit der angeblich Nichtigkeit begründende Tatumstand - die Rügeobliegenheit auslösend - „in die Kenntnis“ des Beschwerdeführers gelangte (13 Os 46/06y, SSt 2006/50; RIS-Justiz RS0120890). Auf die rechtsrichtige Beurteilung dieses Tatumstands (durch den Verteidiger) ist insoweit nicht abzustellen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 138).

Hinzu kommt, dass ein Mitglied des erkennenden Gerichts erst aufgrund entsprechender Beschlussfassung im Sinn des § 43 Abs 1 Z 2 StPO als Zeuge „vernommen werden soll“, weil es andernfalls der Parteienwillkür unterläge, (mittels Antragstellung) einen Ausschlussgrund herbeizuführen (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 8). Dass eine solche Beschlussfassung im gegenständlichen Verfahren erfolgt wäre, wird aber (aktenkonform) nicht behauptet.

Die Aussage des Zeugen Abdulrahim E*****, im Vorfeld des den Schuldsprüchen 3 und 4 zugrundeliegenden Tatgeschehens sei „über eine Katzen-Entführung gesprochen“ worden (ON 68 S 14), tangiert die Feststellung entscheidender Tatsachen nicht und war solcherart - entgegen der Mängelrüge (Z 5) - auch nicht erörterungsbedürftig im Sinn der Z 5 zweiter Fall (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421).

Indem die Beschwerde aus der angesprochenen Zeugenaussage anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Der Schluss vom objektiven Tatgeschehen auf die innere Tatseite ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden, vielmehr bei - wie hier (hinsichtlich der insoweit relevierten Schuldsprüche 3 und 4 - leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Mit dem Hinweis, dass das äußere Verhalten des Beschwerdeführers hypothetisch auch andere Interpretationsvarianten zulässt, entfernt sich die Beschwerde erneut vom Anfechtungsmaßstab des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449).

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die darauf zielt, das den Schuldsprüchen 3 und 4 zugrundeliegende Geschehen dem Tatbestand des § 277 Abs 1 StGB zu unterstellen, geht nicht vom Urteilssachverhalt aus und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581):

Die versuchte Bestimmungstäterschaft tritt nämlich in zwei Erscheinungsformen auf, und zwar einerseits als Bestimmungsversuch und andererseits als Bestimmung zum Versuch. Während Ersterer vorliegt, wenn es dem Bestimmenden nicht gelingt, den unmittelbaren Täter wenigstens zum Versuch der Tat zu veranlassen, ist Letzterer dann gegeben, wenn der unmittelbare Täter (aufgrund gelungener Bestimmung) - nur, aber auch wenigstens - den Versuch der angesonnenen Tat vornimmt (Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 72).

Da das Erstgericht aktuell von einer Sachverhaltsgrundlage ausgeht, die einem Bestimmungsversuch entspricht (US 7, 8), die Beschwerde ihre Argumentation hingegen aus der Prämisse der Tatsachenannahme entsprechend einer Bestimmung zum Versuch entwickelt, entzieht sie sich somit einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt sohin dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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