OGH 4Ob39/13h

OGH4Ob39/13h19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde *****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** L*****, vertreten durch Mag. Alfred Witzlsteiner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen eingeschränkt 32.441,82 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 29.549,90 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Oktober 2012, GZ 3 R 225/12b-73, mit welchem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 16. April 2012, GZ 17 C 333/08v-66, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.680,84 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 280,14 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte hatte von der Klägerin ein Gastlokal gepachtet. Nach dem Vertrag war die Beklagte verpflichtet, ohne Anrechnung auf den Pachtzins „die entsprechenden Versicherungen für den Pachtgegenstand abzuschließen“; ausdrücklich genannt wurden eine Versicherung des Inventars und eine Betriebshaftpflichtversicherung. Die bereits von der Klägerin abgeschlossenen Versicherungen, insbesondere eine Feuerversicherung, sollten aufrecht bleiben, wobei die Beklagte die Prämienzahlung übernahm. Bei Vertragsabschluss wies ein Vertreter der Klägerin die Beklagte ausdrücklich auf diese Klausel hin und empfahl ihr, in Bezug auf die Versicherungen eine fachliche Beratung einzuholen. Die Beklagte beauftragte daraufhin einen Versicherungsmakler, ihre Versicherungssituation zu prüfen und für eine volle Absicherung zu sorgen.

Etwa zwei Jahre nach Abschluss des Pachtvertrags brannte das Gastlokal ab. Die Klägerin begehrt von der Beklagten den von der Feuerversicherung nicht gedeckten Teil des Schadens. Grund für die Deckungslücke war eine Unterversicherung bei der Betriebseinrichtung und ein vertraglich vorgesehener Höchstbetrag für den Ersatz von Abbruchkosten. Diese Problematik war den Parteien bei Vertragsabschluss nicht bewusst gewesen. Der von der Beklagten beauftragte Makler hatte die bestehende Feuerversicherung nicht überprüft und die Beklagte daher auch nicht auf die Deckungslücke hingewiesen.

Die Klageforderung ist (inzwischen) dem Grunde und der Höhe nach unstrittig. Die Beklagte wendet jedoch ein, dass ihr eine Gegenforderung in gleicher Höhe zustehe, weil die Klägerin sie nicht auf die Deckungslücke hingewiesen habe. In diesem Fall hätte sie für eine entsprechende Versicherung gesorgt.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt, weil die Klägerin die Beklagte ohnehin auf die Versicherungsproblematik hingewiesen habe und die mangelhafte Beratung durch den Makler allein der Beklagten zuzurechnen sei. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Verpächter für die Nichtmitteilung einer ihm nicht bekannten Unterversicherung hafte.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage liegt ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs nicht vor.

Ob und gegebenenfalls welche vertraglichen Aufklärungspflichten bestehen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0111165, vgl auch RS0044348). Dabei mag zwar zutreffen, dass ein Verpächter den Pächter unter gewissen, hier nicht weiter zu erörternden Umständen - insbesondere bei Überbindung der Prämienzahlung - auf eine ihm bekannte Unterversicherung hinweisen muss. Im vorliegenden Fall war der Klägerin diese Problematik aber nicht bewusst. Zudem hatte sie der Beklagten ausdrücklich empfohlen, sich in Bezug auf die Versicherungsdeckung beraten zu lassen; und die Beklagte hatte sich verpflichtet, die „entsprechenden Versicherungen“, insbesondere für das Inventar, abzuschließen. Unter diesen Umständen ist die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Klägerin keine Aufklärungspflichtverletzung zur Last falle, jedenfalls vertretbar. Vielmehr oblag es der Beklagten, (auch) im eigenen Interesse die Versicherungsdeckung zu prüfen oder prüfen zu lassen. Die offenkundige Nachlässigkeit des von ihr beigezogenen Maklers fällt keinesfalls der Klägerin zur Last.

Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit hingewiesen hat, hat ihr die Beklagte die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

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