OGH 12Os12/13a

OGH12Os12/13a7.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Viktorin als Schriftführer in der Strafsache gegen Shoto V***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Milenko J***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 18. Oktober 2012, GZ 151 Hv 81/12g-48, sowie über dessen Beschwerde gegen den gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO gefassten Beschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Milenko J***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche des Mitangeklagten Shoto V***** enthält, wurde Milenko J***** des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB als Beteiligter gemäß § 12 „zweiter“ (gemeint dritter, richtig: erster) Fall StGB (I./V./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. Juli 2012 in W***** zur Ausführung der Tat des Shoto V*****, der Manuel B***** gewerbsmäßig und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe von zumindest 150 Euro nötigte, indem er ihm im Lüftungsraum einer Tiefgarage einen Elektroschocker an den Hals ansetzte und sagte, sie seien eine Organisation, die Schutzgeld erpresse, danach einen Schlagstock in die Hand nahm und Schlagbewegungen damit andeutete und anschließend ein scharfes Messer an dessen rechten Zeigefinger anlegte und mit einer erheblichen Verstümmelung nämlich mit dem Abschneiden der „Eier“ (US 12) und des Fingers drohte, beigetragen, indem er Manuel B***** in den Lüftungsraum der Tiefgarage führte, die Tür mit einem Schlüssel versperrte, sodass dieser nicht flüchten konnte, den Ausweis des Genannten an sich nahm und dessen Daten unter dem Titel „Opfer“ aufschrieb, sowie Shoto V***** bei seinen weiteren Tathandlungen durch seine Anwesenheit und dadurch, dass er zum Schein die Rolle des „good guy“ übernahm, indem er zu Shoto V***** sagte, dieser brauche Manuel B***** den Finger doch nicht abschneiden, unterstütze.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten und aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milenko J***** kommt keine Berechtigung zu.

Die von der Mängelrüge (der Sache nach Z 9 lit a) vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite finden sich auf US 12 f.

Dem behaupteten Begründungsmangel (Z 5 vierter Fall) zuwider legten die Tatrichter sehr wohl eingehend dar, wie sie zur Annahme des Tatvorsatzes gelangten, und zwar indem sie auf die von ihnen für glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen Manuel B***** und den am Tatort sichergestellten, von Milenko J***** verfassten Zettel Bezug verwiesen, auf dem der Beschwerdeführer unter der Überschrift „Shoto´s Opfer“, die Daten des Manuel B***** notiert hatte (US 19 f).

Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) aktenfremd behauptet, der Zeuge Manuel B***** habe Zweifel daran geäußert, vom Angeklagten Milenko J***** abgeholt worden zu sein (vgl demgegenüber ON 40, S 18), entzieht sie sich einer Erwiderung.

Der den Verfahrensergebnissen vom Schöffengericht jeweils zuerkannte Beweiswert, wie hier der Glaubwürdigkeit des Zeugen Manuel B***** bei gleichzeitiger Annahme der Unglaubwürdigkeit des leugnenden Beschwerdeführers, ist einer Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0106588 [T3]).

Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann zwar unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Dafür aber müssen die die Aufrichtigkeit von Zeugen angeblich ernsthaft in Frage stellenden, gleichwohl unerörtert gebliebenen Tatumstände deutlich und bestimmt bezeichnet werden (RIS-Justiz RS0119422).

Derartiges wird mit dem Verweis auf Unsicherheiten des Zeugen in Bezug auf das Vorhandensein einer Türklinke oder dazu, ob ihn nur Milenko J***** oder auch eine weitere Person abgeholt habe (ON 40, S 18), nicht dargetan.

Die Mängelrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS-Justiz RS0119370).

Diesen Anfechtungskriterien wird der Nichtigkeitswerber nicht gerecht.

Der Einwand (Z 5), die Einweihung und Beiziehung des Milenko J***** wäre ebenso wenig logisch wie die Angaben des Zeugen Manuel B***** zum Aufsperren des Lüftungsraums, verkennt den von einer Schuldberufung verschiedenen Anfechtungsrahmen.

Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite finden sich (wie bereits im Rahmen der Mängelrüge dargelegt) auf US 12 und 13.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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