OGH 12Os10/13g

OGH12Os10/13g7.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Viktorin als Schriftführer in der Strafsache gegen Franco V***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franco V***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 2. August 2012, GZ 35 Hv 86/12k-252, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Franco V***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche des Mitangeklagten Orlando M***** enthält, wurde Franco V***** (richtig) der Verbrechen des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (A./I./1./) und nach § 142 Abs 1 StGB (A./I./3./ sowie II./1./ bis 4./), des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A./I./2./) sowie des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz -

(zu A./I./2./) am 14. Oktober 2011 in G***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Orlando M***** als Mittäter (§ 12 StGB) Verfügungsberechtigten der R***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe Bargeld in Höhe von 243.803 Euro mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, indem sie den Bankangestellten Rene L***** und Ingrid Z***** eine (Spielzeug-)Waffe und ein Keramikmesser mit einer Klingenlänge von ca 10 cm vorhielten und in englischer Sprache die Übergabe von Geld forderten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franco V*****, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der Mängelrüge sind die Konstatierungen zum Schuldspruch A./I./2./ (auch) in Bezug auf den Einsatz des als Waffe anzusehenden Keramikmessers als Mittel zur (qualifizierten) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben keineswegs undeutlich (Z 5 erster Fall). Das Erstgericht stellt insoweit fest, dass der Beschwerdeführer während der bereits begonnenen - im Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Orlando M***** begangenen - Tatausführung das mitgeführte Keramikmesser zog, es Rene L***** „drohend mit der rechten Hand in Richtung dessen Oberkörper hielt“ und dadurch mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben drohte (US 16 iVm 18 f). Damit ist aber - aus objektiver Sicht - für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, somit sowohl für den Beschwerdeführer als auch für den Obersten Gerichtshof als Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar, dass die angesprochene entscheidende Tatsache, nämlich das von der Qualifikation des § 143 zweiter Fall StGB verlangte „Verwenden einer Waffe“ (worunter iSd ständigen Rechtsprechung [RIS-Justiz RS0093914, RS0093846, RS0093850; vgl Eder-Rieder in WK² § 143 Rz 12 f] ihr Einsatz bei der Gewaltausübung gegen eine Person oder bei der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu verstehen ist) festgestellt wurde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419). Weshalb das angefochtene Urteil undeutlich sein soll, weil es nicht näher ausführt, „in welchem Abstand der Erstangeklagte zu Rene L***** stand und welche drohende Handlung konkret ausgeführt wurde“, legt die Mängelrüge nicht nachvollziehbar dar.

Der Ausspruch, wonach es sich bei dem vom Beschwerdeführer verwendeten Keramikmesser um ein besonders scharfes Messer handelt (US 17), betrifft - dem Einwand unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider - keine entscheidende Tatsache (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 f), weil nach dem funktionalen Waffenbegriff auch ein gewöhnliches - allenfalls auch nicht besonders scharfes - Küchenmesser als Waffe iSd § 143 zweiter Fall anzusehen ist (vgl Eder-Rieder in WK² § 143 Rz 18).

Die den Entfall der Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) erschöpft sich darin, einen „direkten Zusammenhang“ zwischen der Wegnahme des Bargeldes und den festgestellten - durch die Verwendung eines Keramikmessers verstärkten - Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zu bestreiten, entfernt sich solcherart aber von den gegenteiligen Urteilskonstatierungen (insbesondere US 16 f iVm 18 f) und verfehlt damit den gerade in den Sachverhaltsannahmen der Tatrichter gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Entsprechendes gilt für das abschließende Vorbringen, das - die darauf abstellenden Urteilsannahmen ignorierend (US 14, 16 ff) - davon ausgeht, das Erstgericht habe keine Feststellungen zur inneren Tatseite des Beschwerdeführers (insbesondere eines auf den Einsatz der Waffe als Drohungsmittel zur [kausalen] Erleichterung des Wegnehmens der Beute gerichteten Vorsatzes) getroffen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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