OGH 14Os24/13f

OGH14Os24/13f5.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kogler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ruslan S***** wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 19. Juli 2012, GZ 6 U 117/12v-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 19. Juli 2012, GZ 6 U 117/12v-11, verletzt, soweit darin gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht vom 23. Februar 2009, GZ 15 BE 52/09h-4, gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.

Der Beschluss wird in diesem Umfang aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft Leoben auf Widerruf dieser bedingten Entlassung abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit gekürzt ausgefertigtem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 19. Februar 2009, GZ 9 Hv 1/09v-52, wurde Ruslan S***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Aus dem unbedingten Teil der Freiheitsstrafe wurde der Verurteilte mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht vom 23. Februar 2009, GZ 15 BE 52/09h-4, mit Wirkung vom 24. Februar 2009 bedingt entlassen. Der Strafrest betrug zwei Monate, die Probezeit wurde mit drei Jahren bestimmt und Bewährungshilfe angeordnet.

Nachdem das Landesgericht Leoben anlässlich einer neuerlichen Verurteilung des Genannten (wegen jeweils am 21. September 2011 begangener Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 3 StGB) mit Beschluss vom 28. November 2011, GZ 14 Hv 137/11i-15, vom Widerruf sowohl der bedingten Strafnachsicht als auch der bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeiten auf fünf Jahre verlängert hatte (§ 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO), wurde Ruslan S***** aufgrund neuer Delinquenz während der Probezeit mit Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 19. Juli 2012, GZ 6 U 117/12v-11, des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit gemeinsam mit dem Urteil gefasstem Beschluss wurde die bedingte Entlassung zu GZ 15 BE 52/09h-4 des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht widerrufen und gleichzeitig (unter anderem) vom Widerruf der mit dem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 19. Februar 2009, GZ 1/09v-52, gewährten bedingten Strafnachsicht hinsichtlich des Strafteils von acht Monaten abgesehen (§ 494a Abs 1 Z 2 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Bezirksgerichts Bruck an der Mur vom 19. Juli 2012, GZ 6 U 117/12v-11, soweit darin gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO der Widerruf der mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Vollzugsgericht vom 23. Februar 2009, GZ 15 BE 52/09h-4, gewährten bedingten Entlassung ausgesprochen wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach dem durch das Strafrechts-änderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB können die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder Abs 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich - wie hier - in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils dieser Strafe vom Widerruf abgesehen wird (vgl RIS-Justiz RS0125448).

Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst (§ 292 letzter Satz StPO), deren Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Stichworte