OGH 2Ob233/12x

OGH2Ob233/12x21.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. E***** W*****, und 2. J***** W*****, vertreten durch die Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in Perg, gegen die beklagte Partei K***** AG, *****, vertreten durch die Pistotnik & Krilyszyn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 11.767,67 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2012, GZ 2 R 138/12x-15, womit das Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 19. April 2012, GZ 56 Cg 177/12s-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 922,07 EUR (darin enthalten 153,68 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht bestätigte das Zwischenurteil des Erstgerichts (§ 393a ZPO), mit welchem dieses ausgesprochen hatte, dass das Begehren der klagenden Anleger auf Rückersatz des Kaufpreises der von ihnen erworbenen Aktien der I***** AG, für welche die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zuvor als Abschlussprüfer tätig gewesen war und einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hatte, nicht verjährt sei. Die Wertpapiere seien im Frühjahr 2007 angeschafft worden. Die Klagseinbringung im Herbst 2011 sei daher noch innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB erfolgt. Die Frist beginne nicht mit dem schädigenden Ereignis - der Erteilung des Bestätigungsvermerks oder der Übergabe der Prüfunterlagen -, sondern mit dem Zeitpunkt des Schadenseintritts - hier frühestens der Veranlagungs-zeitpunkt - zu laufen. Die unmissverständliche Klärung der Frage, ob im Bereich der Abschlussprüferhaftung nach § 275 UGB die Verjährungsfrist nicht doch unabhängig vom Schadenseintritt beim klagenden Anleger bereits mit Überreichung des Prüfberichts an die Gesellschaft zu laufen beginne, stelle im Hinblick auf die Vielzahl potenziell betroffener Anlegerprozesse eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten, welche geltend macht, dass das die Ansprüche nach § 275 UGB auslösende Ereignis die Übergabe des unrichtigen Prüfberichts mit dem zu Unrecht ausgestellten Bestätigungsvermerk an den Vorstand der geprüften Gesellschaft sei, berührt indes keine erhebliche Rechtsfrage, zumal die aufgeworfene Rechtsfrage in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt wurde.

§ 275 Abs 5 HGB (nunmehr UGB) ist eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst mehrfach klargestellt, dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB als objektive, mit dem Eintritt des primären Schadens beginnende Frist (auch) im Bereich der Dritthaftung anzuwenden ist (1 Ob 35/12x; 10 Ob 88/11f; 4 Ob 193/12d; 3 Ob 230/12p).

Ein Primärschaden in Gestalt eines sogenannten realen Schadens liegt bereits darin, dass sich das Vermögen des Anlegers wegen einer Fehlinformation des Schädigers anders zusammensetzt, als es bei pflichtgemäßem Verhalten der Fall wäre (1 Ob 35/12x; RIS-Justiz RS0022537 [T12]). Dieser primäre Schaden trat im vorliegenden Fall mit dem Erwerb der Wertpapiere im Frühjahr 2007 ein. Dem Zeitpunkt der Übergabe des unrichtigen Prüfberichts mit dem zu Unrecht ausgestellten Bestätigungsvermerk an den Vorstand der geprüften Gesellschaft kommt daher im Sinne der zitierten Rechtsprechung für die Frage des Beginns der Verjährung keine Relevanz zu.

Auf eine Unterscheidung zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Pflichtverletzung (vgl 3 Ob 230/12p) kommt es hier nicht an, weil der Klagsanspruch keinesfalls verjährt wäre.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (vgl 1 Ob 73/10g).

Stichworte