OGH 5Ob246/12f

OGH5Ob246/12f24.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Dkfm. H***** H*****, vertreten durch Mag. Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. W***** I*****, und alle übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 1353 GB *****, wegen § 52 Abs 1 Z 3 iVm § 17 Abs 2 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. September 2012, GZ 39 R 124/12t‑19, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00246.12F.0124.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Antragstellerin macht als Mangel des Verfahrens geltend, dass zur Ermittlung des Entgelts für die Rahmen einer Benützungsregelung erfolgende Nutzung eines Abstellplatzes ein Sachverständiger hätte beigezogen werden müssen. Damit behauptet die Antragstellerin einen angeblichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, welchen sie in ihrem Rekurs nicht geltend gemacht hat und der deshalb ‑ von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen ‑ nicht mehr erfolgreich mit Revisionsrekurs nachgeholt werden kann (RIS‑Justiz RS0043111; RS0030748).

2.1. Die Antragstellerin meint, das Rekursgericht sei rechtsirrig vom konkludenten Zustandekommen einer Benützungsregelung ausgegangen, weil es seit 1996 eine 16 Jahre währende einvernehmliche Übung angenommen habe. Tatsächlich hätte aber nur ein Zeitraum von 6 Jahren, nämlich bis zum Inkrafttreten des WEG 2002, unterstellt werden dürfen, weil seither eine Benützungsregelung nur mehr schriftlich möglich gewesen sei. Dass bis dahin keine Beanstandungen geäußert worden seien, stehe nicht fest und hätte von den Antragsgegnern behauptet sowie bewiesen werden müssen.

2.2. Der Antragstellerin ist zuzustimmen, dass seit dem Inkrafttreten des WEG 2002 (1. 7. 2002) eine Benützungsregelung schriftlich abzuschließen ist (§ 17 Abs 1 WEG 2002); bis dahin konnte eine solche aber auch konkludent zustandekommen (RIS‑Justiz RS0013638). Dabei entspricht es bereits vorliegender Rechtsprechung, dass die jahrelange Beibehaltung einer bestimmten Nutzungsart als schlüssiges Verhalten im zuvor genannten Sinn gewertet werden kann (vgl 6 Ob 700/87 [4 ½-jährige Nutzung ohne Widerspruch]; RIS‑Justiz RS0013638 [T5, T6 und T9]). Dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen gefolgt; eine als unvertretbar aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt insoweit nicht vor.

2.3. Das Rekursgericht ist ‑ durch antragsgegnerisches Vorbringen gedeckt (vgl etwa ON 11) ‑ davon ausgegangen, dass die bisher für die Abstellplätze geübten Vergaberegeln jahrelang praktiziert wurden und allseitig akzeptiert waren. Diese Tatsachenannahme ist vertretbares Verständnis erstgerichtlicher Feststellungen und der vorliegenden Parteienbehauptungen; immerhin hat selbst die Antragstellerin noch in ihrem Rekurs nicht das Einvernehmen über die Vergaberegeln als solches bestritten, sondern nur deren unrichtige Anwendung behauptet. Im Übrigen kommt der Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0043253).

3. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Höhe des Nutzungsentgelts für die Abstellplätze ist widersprüchlich. Einerseits beanstandet die Antragsstellerin insoweit den vom Erstgericht durch die Erhöhung vorgenommenen massiven Eingriff in den „ursprünglichen Vertragskonsens“ (S 6 in ON 20) und andererseits wünscht sie eine noch weitergehende Erhöhung auf einen marktkonformen Preis. Die vom Erstgericht vorgenommene Erhöhung des Nutzungsentgelts ist demgegenüber der einzelfallbezogene Versuch, einen angemessenen Ausgleich zwischen spezifischen Interessen der Wohnungseigentümer und dem marktüblichen Entgelt zu finden; dem vermag die Antragstellerin keine überzeugenderen Argumente entgegenzuhalten.

Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG stellen sich insgesamt nicht; der Revisionsrekurs ist somit unzulässig und zurückzuweisen.

Stichworte