Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung
Die Antragstellerin ist zu 5/8 Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 1285 GB ***** mit der Grundstücksadresse P***** 19/R***** 10. Die I***** GmbH & Co KG (Rekurswerberin in zweiter Instanz; in der Folge immer: Miteigentümerin) ist zu 3/8 Miteigentümerin der Liegenschaft. Sie ist ferner Alleineigentümerin der benachbarten Liegenschaft EZ 1284 GB ***** mit der Grundstücksadresse P***** 18.
Im händisch geführten Grundbuch schien im Gutsbestandsblatt betreffend die Liegenschaft EZ 1285 das Grundstück Nr 2 und als Bezeichnung des Grundstücks das Haus Nr 19 P***** auf. In der Aufschrift war neben der Einlagezahl, der Katastralgemeinde und dem Gerichtsbezirk unter der Bezeichnung Haus Nr 19 P***** in ***** (Nr 10 R*****) Konskriptionsnummer 192 vermerkt: „samt dabei jedoch unter dem Haus Nr 18 P***** befindlichen Keller/.Präs 4. September 1861 Zahl 6819/.“
Die Antragstellerin beantragte am 11. 1. 2012 die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 21 GUG dahin, dass der Zusatz „samt dabei jedoch unter dem Haus Nr 18 P***** befindlichen Keller“ eingetragen werde. Die Eintragung sei 1982 anlässlich der Umstellung des Grundbuchs nach dem GUG irrtümlich in das elektronische Grundbuch nicht übernommen worden. Insofern sei das Grundbuch in diesem Punkt offensichtlich fehlerhaft. Der Grundbuchstand sei daher nach § 21 GUG, allenfalls auch gemäß § 136 GBG dahin zu berichtigen, dass die ursprüngliche Eintragung in Bezug auf den Keller, der sich unter dem Haus Nr 18 befinde, wieder aufgenommen werde. Interessen der Miteigentümerin iSd § 21 Abs 3 GUG seien nicht berührt, weil sich die Miteigentümerin aus im Antrag näher dargestellten Gründen auf keinen Gutglaubensschutz berufen könne.
Das Erstgericht bewilligte den Antrag.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Miteigentümerin Folge und wies den Antrag der Antragstellerin ab.
Es vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass Eigentumsrechte der Antragstellerin durch die begehrte Eintragung nicht berührt würden, weil die Einverleibung des Eigentumsrechts nach § 10 AllgGAG durch Einverleibung im Eigentumsblatt, daher im B‑Blatt, zu erfolgen habe. Die beantragte Berichtigung betreffe allerdings nur das Gutsbestandsblatt und greife in dingliche Rechte nicht ein. Die Antragstellerin sei daher antragslegitimiert, ohne dass es einer Zustimmung der weiteren Miteigentümerin bedürfte.
Auf einen Gutglaubensschutz iSd § 21 Abs 3 GUG könne sich die Rekurswerberin (Miteigentümerin) schon deshalb nicht berufen, weil die Rechtsvorgängerin der Rekurswerberin die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ 1285 unstrittig bereits deutlich vor der Grundbuchsumstellung erworben habe. Die Sechsmonatsfrist des § 21 Abs 3 GUG komme daher nicht zur Anwendung.
Der Antrag sei jedoch inhaltlich nicht berechtigt: An unterirdischen Räumen und Bauwerken könne zwar selbständiges (Keller‑)Eigentum begründet werden. Grundlage für die Verbücherung als eigener Grundbuchskörper sei bis 31. 12. 2008 das Hofkanzleidekret vom 2. 7. 1832 über Kellergrundbücher gewesen; seit 1. 1. 2009 diene § 300 ABGB als Rechtsgrundlage. Jedenfalls seit Inkrafttreten des AllgGAG 1929 würden derartige Presshäuser, Keller und nunmehr auch Tiefgaragen als selbständige unbewegliche Sachen gesehen und als eigene Grundbuchskörper behandelt. Im Anlassfall bestehe allerdings für den unter dem Haus Nr 18 befindlichen Keller weder eine Grundbuchseinlage, noch sei er im Gutsbestandsblatt einer Grundbuchseinlage eingetragen. Es bestehe daher keine Rechtsgrundlage für die Eintragung des gewünschten Zusatzes in der Aufschrift. Wann und auf welcher Grundlage der Zusatz in die Aufschrift aufgenommen worden sei, lasse sich nicht mit Sicherheit klären. Sollte ‑ dem Vermerk im handschriftlich geführten Grundbuch entsprechend ‑ der 4. 9. 1861 das Datum der Begründung darstellen, habe der Zusatz schon der damals geltenden Rechtslage nicht mehr entsprochen, da das Hofkanzleidekret vom 2. 7. 1832 eine Verbücherung in eigenen Kellergrundbüchern vorgesehen habe.
Der gewünschte Zusatz in der Aufschrift entspreche nicht den Bestimmungen des AllgGAG. Berücksichtige man Aufgabe und Funktion des Grundbuchs als jedermann einsehbares öffentliches Register, so stehe der gewünschten Berichtigung entgegen, dass mit der Aufnahme des Zusatzes erhebliche Unklarheit über dessen Bedeutung geschaffen würde.
Eine Berichtigung nach § 136 GBG scheide schon deshalb aus, weil ein Eintrag einer außerbücherlichen, im Grundbuch nur noch nachvollziehbaren Rechtsänderung nicht behauptet worden sei.
Nachdem eine Wiederholung des Grundbuchantrags nicht in Betracht komme, sei auf weitere Abweisungsgründe nicht einzugehen.
Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht mit der Begründung für zulässig, dass zur behandelten Frage der Berichtigung der Aufschrift Rechtsprechung fehle.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichts im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise stellt die Antragstellerin einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Gemäß § 19 Abs 1 GUG sind bei der ADV‑Grundbuchsumstellung die im bestehenden Hauptbuch enthaltenen Eintragungen in dem Umfang und in der Fassung in der Grundstücksdatenbank zu speichern, die den Bestimmungen über die Führung des Hauptbuchs im automationsunterstützten Grundbuch entsprechen. Gemäß § 19 Abs 2 GUG sind jedoch 1. Eintragungen von denen mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass sie gemäß § 131 Abs 2 GBG gegenstandslos sind, und 2. vor dem 1. 5. 1945 eingetragene Pfandrechte zur Sicherung von Forderungen, die 1.100 EUR nicht übersteigen, nicht zu speichern.
2. § 21 GUG regelt die Berichtigung im Zusammenhang mit der Grundbuchsumstellung. Entsprechen die im Zeitpunkt der Eröffnung des umgestellten Grundbuchs gespeicherten Eintragungen nicht dem § 19 GUG, so sind sie gemäß § 21 Abs 1 GUG auf Antrag oder von Amts wegen im Verfahren in Grundbuchssachen zu berichtigen. Die Berichtigung umfasst auch die Aufnahme fehlender Eintragungen. Nach § 21 Abs 2 GUG sind auf Antrag auch Eintragungen aufzunehmen, deren Speicherung gemäß § 19 Abs 2 GUG unterblieben ist. Für die in § 19 Abs 2 Z 1 GUG angeführten Eintragungen gilt dies jedoch nicht, wenn ihre Löschung gemäß § 133 GBG sogleich angeordnet werden könnte. Werden durch die Berichtigung bücherliche Rechte dritter Personen berührt, die aufgrund eines Rechtsgeschäfts nach der Umstellung des Grundbuchs eingetragen wurden, so ist sie nach § 21 Abs 3 GUG nur dann zulässig, wenn der Antrag auf Berichtigung innerhalb von sechs Monaten nach der Eröffnung des umgestellten Grundbuchs beim Grundbuchsgericht einlangt oder die amtswegige Berichtigung innerhalb dieser Frist vollzogen wird (RIS‑Justiz RS0060901 [T2]; 5 Ob 240/08t NZ 2009/745 ‑ GBSlg [ Hoyer ]).
3. Bereits in der zitierten Entscheidung 5 Ob 240/08t (NZ 2009/745 ‑ GBSlg [ Hoyer ]) hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass der aus den Materialien zu § 21 Abs 1 und 2 GUG (ERV 334 BlgNr XV. GP 18) ableitbare Hinweis auf die Verletzung eines bücherlichen Rechts als Voraussetzung für einen Antrag nach § 21 GUG mit den Grundwertungen des AußStrG zum materiellen Parteibegriff (§ 2 Abs 1 Z 3 AußStrG) übereinstimmt, der auf einer rechtlich geschützten Stellung aufbaut. Daraus folgerte der Senat, dass ein Antragsrecht nach § 21 Abs 1 und 2 GUG nur demjenigen zusteht, der nach Antragsinhalt und Aktenlage die mögliche Verletzung eines bücherlichen Rechts durch die unterbliebene Übertragung einer Eintragung im Zuge der ADV‑Grundbuchsumstellung aufzuzeigen vermag.
4. Ebenso wie im Anlassfall der Entscheidung 5 Ob 240/08t zeigt auch die Antragstellerin eine solche mögliche Verletzung eines bücherlichen Rechts nicht auf:
4.1 Die ursprüngliche Ersichtlichmachung „samt dabei jedoch unter dem Haus Nr 18 befindlichen Keller“ korrespondiert ‑ was die Antragstellerin nicht bezweifelt ‑ nicht mit einer Verbücherung des unter der Nachbarliegenschaft gelegenen Kellers als eigener Grundbuchskörper.
4.2 Eine Kelleranlage wird allerdings nur dann zur selbständigen unbeweglichen Sache, wenn das Eigentum am Keller durch Eröffnung einer Grundbuchseinlage verbüchert wird (1 Ob 513/93 SZ 66/38; 5 Ob 99/09h; zuletzt 5 Ob 160/12h).
4.3 Grundlage für die Verbücherung eines Kellers als eigener Grundbuchskörper war ‑ wie das Rekursgericht zutreffend erkannte ‑ das Hofkanzleidekret vom 2. 7. 1832 über den Bestand der Keller‑Grundbücher. Durch das BRBG BGBl I 1999/191 wurde dessen Geltung bis 31. 12. 2009 befristet. Mit 1. 1. 2009 trat § 300 ABGB idF BGBl I 2008/110 in Kraft. Seither ist die Sonderrechtsfähigkeit von unterirdischen Räumen nach dieser Bestimmung zu beurteilen. Nach den Gesetzesmaterialien (ERV BlgNR XXIII. GP 16 f) soll mit § 300 ABGB nF die durch das Hofkanzleidekret bewirkte Rechtslage über den 31. 12. 2009 hinaus aufrecht erhalten werden (vgl dazu 5 Ob 160/12h).
4.4 Da ohne entsprechende Verbücherung des Eigentums an einem Keller die Kelleranlage nicht zur selbständigen unbeweglichen Sache wird, sondern unselbständiger Bestandteil der Liegenschaft bleibt, kann ein bücherliches Recht der Antragstellerin durch die unterbliebene Aufnahme der Passage „samt unter dem Haus P***** Nr 18 gelegenen Keller“ in der Aufschrift des Gutsbestandsblatts nicht verletzt worden sein, weil ein solches bücherliches Recht nicht existiert.
5. Auf die in erster Instanz beantragte Berichtigung gemäß § 136 GBG ‑ die das Rekursgericht ebenfalls ablehnte ‑ kommt die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs nicht mehr zurück.
6. Dem Revisionrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Im Grundbuchsverfahren findet nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Kostenzuspruch nicht statt. Die Revisionsrekurswerberin hat daher die Kosten ihres ‑ überdies erfolglosen ‑ Rechtsmittels selbst zu tragen (RIS‑Justiz RS0035961).
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