Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit der am 2. Dezember 2011 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger von der ursprünglich beklagten Partei (in der Folge immer: Schuldnerin) Zahlung von 3.500 EUR an Preisminderung bzw Schadenersatz wegen behaupteter Mängel an einem von der Schuldnerin gelieferten Whirlpool.
Mit Urteil vom 17. Juni 2012 wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Nach Zustellung des Ersturteils am 20. Juni 2012 wurde über das Vermögen der Schuldnerin mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 24. Juli 2012 der Konkurs eröffnet und der nunmehrige Beklagte zum Masseverwalter bestellt.
Am 27. September 2012 stellte der Kläger den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens und verband diesen Antrag mit einer Berufung gegen das Ersturteil. Er bezog sich darauf, dass über das Vermögen der Schuldnerin am 24. Juli 2012 das Konkursverfahren eröffnet worden sei. Das Verfahren sei daher unterbrochen. Der Kläger habe seine Forderung im Konkurs angemeldet. Die Forderung sei bestritten worden.
Mit Beschluss vom 2. Oktober 2012 sprach das Erstgericht aus, dass das Verfahren wegen der Konkurseröffnung unterbrochen war und nunmehr über Antrag des Klägers fortgesetzt werde. Dieser Beschluss wurde nach der Aktenlage zunächst nur dem Vertreter der Schuldnerin, nicht aber dem Masseverwalter zugestellt.
Am 30. Oktober 2012 brachte der Masseverwalter eine Berufungsbeantwortung ein, in der er ua die Zurückweisung der Berufung wegen der noch andauernden Unterbrechung des Streitverfahrens infolge Konkurseröffnung beantragte.
Das Berufungsgericht berichtigte - unbekämpft - die Bezeichnung der ursprünglich beklagten Partei auf den Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und wies mit Punkt 2 seines Beschlusses die Berufung zurück.
Es vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass die Unterbrechungswirkungen iSd § 7 IO nach ständiger Rechtsprechung erst mit der Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses an den Masseverwalter als Partei wegfielen. Das Verfahren sei daher weiterhin ex lege unterbrochen. Rechtsmittelschriften könnten nicht meritorisch erledigt werden; sie seien vielmehr nach ständiger Rechtsprechung zurückzuweisen.
Gegen die Zurückweisung der Berufung richtet sich der Rekurs des Klägers.
Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin beantragt mit seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
1. Gegen einen Beschluss, mit dem das Berufungsgericht eine Berufung zurückweist, ist ein Rekurs ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig (RIS-Justiz RS0043893). Das Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist nach der ZVN 2009 zweiseitig (3 Ob 45/10d; RIS-Justiz RS0098745 [T21]).
2. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden gemäß § 7 Abs 1 IO alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten - von den hier nicht vorliegenden Ausnahmen des § 6 Abs 3 IO abgesehen - ex lege (RIS-Justiz RS0064046) unterbrochen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung kann ein unterbrochenes Verfahren nur durch ausdrücklichen Gerichtsbeschluss (§ 165 Abs 2 ZPO) wieder aufgenommen werden (RIS-Justiz RS0037128, 3 Ob 171/08f). Über ein nach Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens eingebrachtes Rechtsmittel kann das Gericht, solange das Verfahren nicht wieder aufgenommen ist, nicht meritorisch entscheiden (stRsp; RIS-Justiz RS0037023).
3. Der Kläger hat allerdings im vorliegenden Fall ohnedies bei dem zuständigen (§ 165 Abs 1 ZPO) Erstgericht einen Antrag auf Verfahrensfortsetzung gestellt.
Das Erstgericht hat vor Vorlage der vom Kläger erhobenen Berufung an das Berufungsgericht auch einen entsprechenden Fortsetzungsbeschluss gefasst. Dieser Fortsetzungsbeschluss wurde zwar zunächst nach der Aktenlage nicht dem Masseverwalter, sondern dem Vertreter der Schuldnerin zugestellt. Inzwischen wurde allerdings eine Zustellung auch an den Masseverwalter verfügt (ON 22).
Es kann nun dahinstehen, ob der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Berufungsgerichts der Fortsetzungsbeschluss des Erstgerichts noch nicht an den Masseverwalter zugestellt war, die meritorische Erledigung der Berufung durch das Berufungsgericht hinderte, weil die Berufungsentscheidung auch unter Zugrundelegung, dass zum Zeitpunkt ihrer Fassung die Unterbrechungswirkungen noch nicht beseitigt waren, verfehlt ist:
Der Kläger hat nämlich erkennbar die Berufung nur für den Fall der Verfahrensfortsetzung erhoben. Das ergibt sich aus seinem gleichzeitig gestellten Fortsetzungsantrag, in welchem er auch auf die bereits erfolgte Anmeldung der Forderung und deren Bestreitung durch den Masseverwalter verwies.
Nun sind zwar nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedingte Prozesshandlungen nur sehr eingeschränkt und nur dort zulässig, wo der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist. Die Zulässigkeit einer bedingten Prozesshandlung wird dann bejaht, wenn die Bedingung in einem innerprozessualen Umstand oder Vorgang besteht und ihre Beachtung nicht dazu angetan ist, die Vorhersehbarkeit des weiteren Prozessablaufs für das Gericht oder den Prozessgegner zu beeinträchtigen. Letzteres ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Bedingung eine richterliche Entscheidung bestimmten Inhalts ist (RIS-Justiz RS0037502; RS0006441; 8 Ob 25/08x). Genau dieser Fall liegt hier vor, wird doch der Fortsetzungsantrag gerade nur für den Fall einer richterlichen Entscheidung bestimmten Inhalts - nämlich der Fortsetzung des wegen der Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens - gestellt.
Das Berufungsgericht hätte daher zunächst die - mittlerweile auch erfolgte - Zustellung des Fortsetzungsbeschlusses des Erstgerichts an den Masseverwalter zu veranlassen gehabt und erst danach das nur für den Fall der Verfahrensfortsetzung erhobene Rechtsmittel inhaltlich behandeln müssen.
4. Da im Anlassfall auch der Masseverwalter in der von ihm bereits erstatteten Berufungsbeantwortung zugestand, dass der Kläger die diesem Verfahren zugrunde liegende Forderung im Konkursverfahren angemeldet hat und die Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde, steht der auch amtswegig vorzunehmenden Verfahrensfortsetzung als Prüfungsprozess (RIS-Justiz RS0041103; zuletzt 8 ObA 3/11s) nichts im Wege.
5. Das Berufungsgericht wird daher über die Berufung des Klägers inhaltlich zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht darauf, dass infolge des in der Berufungsbeantwortung ausdrücklich gestellten Antrags auf Zurückweisung der Berufung ein Zwischenstreit vorliegt.
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