OGH 7Ob7/13z

OGH7Ob7/13z23.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Nitsch und Dr. Sacha Pajor, Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Pistotnik & Krilyszyn Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 358.272 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. November 2012, GZ 4 R 279/12x‑21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die behaupteten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens sowie die gerügte Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Sekundäre Feststellungsmängel bestehen nicht. Die von der Klägerin begehrten zusätzlichen Feststellungen sind einerseits nicht von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen gedeckt und andererseits für die rechtliche Beurteilung nicht von Relevanz.

2. Die Beklagte schloss über Vermittlung der Klägerin mit zahlreichen Eigentümern Kaufverträge über deren Liegenschaften, die unter mehreren Bedingungen (rechtswirksame Änderung des Flächenwidmungs‑ und Bebauungsplans und der Bebauungsbestimmungen der Marktgemeinde gemäß einem bestimmten Verordnungsentwurf; Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung und sonstiger für die Realisierung des Projekts notwendiger Bewilligungen) standen. Keine dieser Bedingungen trat ein. Die Marktgemeinde hatte bereits vor Unterzeichnung der Kaufverträge einen ‑ vom Verordnungsentwurf, der den Kaufverträgen zugrunde liegt ‑ abweichenden Flächenwidmungsplan rechtskräftig beschlossen, in dem nicht das gesamte Areal in „BWA 5“ (Bauland Wohngebiet‑Aufschließungszone 5) umgewidmet, sondern ein Teil davon als „BS‑GAR“ (Bauland‑Sondergebiet‑Garage) gewidmet wurde. Die Beklagte teilte den Verkäufern sämtlicher Liegenschaften mit, dass die vereinbarte Bedingung der rechtswirksamen Änderung des Flächenwidmungs‑ und Bebauungsplans trotz ihrer Bemühungen, eine Lösung zu finden, nicht eingetreten sei, weshalb die Kaufverträge nicht wirksam geworden seien und sie das Projekt nicht weiter verfolge. Eine auflösende unmögliche Bedingung, die als nicht beigesetzt gelten würde (§ 698 ABGB), liegt entgegen den Revisionsausführungen nicht vor. Damit besteht aber kein Anspruch auf Provision gemäß § 7 Abs 1 MaklerG, wonach dieser mit der Rechtswirksamkeit des vermittelten Geschäfts entsteht.

Ein Fall der absichtlichen Provisionsverhinderung liegt hier nicht vor (vgl 4 Ob 37/02z; 7 Ob 116/03i). Danach hätte die Klägerin dann einen Provisionsanspruch, wenn die Beklagte die Kaufverträge nur deshalb mit einem (vom bereits beschlossenen Flächenwidmungsplan) abweichenden ursprünglichen „Verordnungstextentwurf“ der Marktgemeinde abgeschlossen und den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für ihr Projekt nur deshalb nicht gestellt hätte, um die Klägerin um ihre Provision zu bringen. Für eine solche Annahme bietet der festgestellte Sachverhalt ‑ wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte ‑ keinen Anhaltspunkt. Zwar steht fest, dass ein Mitarbeiter (und Ansprechpartner der Klägerin bei) der Beklagten im Zeitpunkt der Unterfertigung der Kaufverträge durch den Geschäftsführer der Beklagten bereits in Kenntnis vom abweichend beschlossenen Flächenwidmungsplan war, nicht jedoch, dass er dies dem Geschäftsführer der Beklagten mitteilte oder dieser davon Kenntnis hatte. Es steht fest, dass die von der Beklagten in Auftrag gegebenen Architekturstudien für das Projekt, die auf dem ursprünglichen Text des Verordnungsentwurfs basierten, auf der Grundlage des tatsächlich beschlossenen Flächenwidmungsplans „nicht 1 : 1“ umgesetzt hätte werden können. Dass die Beklagte für ihr beabsichtigtes Projekt tatsächlich die Erteilung einer Baubewilligung erlangt hätte, steht nicht fest.

Gemäß § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG ist eine Vereinbarung, nach der der Auftraggeber auch ohne einen dem Makler zurechenbaren Vermittlungserfolg einen Betrag zu leisten hat, nur bis zur Höhe der vereinbarten oder ortsüblichen Provision und nur für den Fall zulässig, dass das im Maklervertrag bezeichnete Geschäft wider Treu und Glauben nur deshalb nicht zustandekommt, weil der Auftraggeber entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf einen für das Zustandekommen des Geschäfts erforderlichen Rechtsakt ohne beachtenswerten Grund unterlässt. Diese Bestimmung soll dem Makler eine leicht geltend zu machende Entschädigung für vertragswidriges Verhalten des Auftraggebers oder einen Ersatz für seine Aufwendungen und Mühewaltung ermöglichen. Der Auftraggeber muss entgegen dem bisherigen Verhandlungsverlauf wider Treu und Glauben einen für das Zustandekommen des Geschäfts erforderlichen Rechtsakt unterlassen haben. Beachtenswert ist ‑ neben allen nicht vom Auftraggeber zu vertretenden Gründen ‑ ein Grund auch dann, wenn er in der (Unternehmens‑ oder) Privatsphäre des Auftraggebers liegt und von subjektiven Erwägungen getragen ist (1 Ob 142/03v; 3 Ob 69/05a = SZ 2006/113; jeweils mwN).

Die Frage, ob die Beklagte gegen Treu und Glauben verstieß, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste (RIS‑Justiz RS0118180 [T3]). Das ist hier nicht der Fall: Ein Mitarbeiter der Beklagten erhielt den tatsächlich beschlossenen Flächenwidmungsplan vom Bauamtsleiter der Marktgemeinde am 3. 10. 2008. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits die von der Beklagten auf der Grundlage des ursprünglichen Verordnungsentwurfs des Flächenwidmungsplans in Auftrag gegebenen Architekturstudien vor. Der von der Marktgemeinde am 25. 6. 2008 beschlossene und am 6. 8. 2008 in Rechtskraft erwachsene Flächenwidmungsplan weist aber abweichend von diesem Entwurf nicht mehr durchgängig die Widmung „Bauland Wohngebiet‑Aufschließungszone 5“ auf, sondern widmet einen Teil des Areals als „Bauland‑Sondergebiet‑Garage“. Auf Basis des neuen Flächenwidmungsplans können die Architekturstudien nicht umgesetzt werden, jedoch wäre „jedenfalls aus technischer Sicht“ eine entsprechende Adaptierung möglich gewesen. Die Beklagte brachte dazu im erstinstanzlichen Verfahren ‑ von der Klägerin nicht substantiiert bestritten ‑ vor, dass durch die tatsächlich erfolgte Flächenwidmung für ihr Projekt ein Verlust von 618 m² Nutzfläche und eine Reduktion der erzielbaren Nutzfläche um 5 % eingetreten sei. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte auf Grund geänderter Verhältnisse vor neu anzustellenden Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gestanden und daher vom Projekt abgestanden sei, wodurch auch kein Anspruch nach § 15 Abs 1 Z 1 MaklerG bestehe, ist vertretbar. Die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist hier ein beachtenswerter Grund, der der Beklagten nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben anzulasten ist. Es muss der Beklagten nach Abschluss der Provisionsvereinbarung mit der Klägerin möglich sein, aus wirtschaftlichen Gründen vom Bauprojekt infolge Änderung des von ihr (und auch der Klägerin) zugrunde gelegten Verordnungsentwurfs des Flächenwidmungsplans abzustehen, ohne dass dadurch diese Provisionsverpflichtung ausgelöst wird.

3. Die außerordentliche Revision zeigt insgesamt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) auf.

Stichworte