Spruch:
Der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. Juli 2011, GZ 15 Hv 170/10a-58, verletzt im Ausspruch über die Höhe der vom Verurteilten Gerhard H***** zu ersetzenden Sachverständigengebühren § 389 Abs 2 StPO, im Fehlen einer Begründung überdies § 86 Abs 1 StPO.
Dieser Beschluss wird im Umfang des Ausspruchs über die Höhe der zu ersetzenden Sachverständigengebühren aufgehoben und es wird dem Landesgericht Klagenfurt insoweit eine neue Entscheidung aufgetragen.
Text
Gründe:
Gerhard H***** wurde mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 4. Mai 2011, GZ 15 Hv 170/10a-49, der Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1 (Abs 5 Z 3 und Z 5) und Abs 2 (Abs 5 Z 3) iVm § 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt.
Danach haben er und der unter einem schuldig erkannte und gleichfalls zum Kostenersatz verurteilte Hermann S***** in Klagenfurt
„I./ als handelsrechtliche Geschäftsführer der M***** GmbH
1./ im Zeitraum 1. Jänner 2007 bis Ende März 2008 die Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaft dadurch herbeigeführt, dass sie kridaträchtig handelten, indem sie
a./ mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im auffallenden Widerspruch stehenden übermäßigen Aufwand durch unverhältnismäßigen Wareneinsatz/übermäßige Privat-entnahmen (Gerhard H***** und Hermann S*****) sowie Anmietung einer Produktionshalle (nur Gerhard H*****) betrieben;
c./ Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung sie verpflichtet sind, zu erstellen unterließen;
2./ im Zeitraum Ende Juli bis 15. Dezember 2008 (Hermann S***** bis 26. September 2008) in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der genannten Gesellschaft grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines der Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass sie übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen oder der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand dadurch betrieben, dass Gerhard H***** von der Gesellschaft ein B[r]uttobezug von 4.000 Euro im Monat gewährt wurde, sowie dass Gerhard H***** wie bereits zu I./1./a./ übermäßige Privatentnahmen tätigte.“
Hingegen wurden Gerhard H***** „von dem wider ihn erhobenen Strafantragsfaktum II./2./“, dh vom Vorwurf eines von der Anklagebehörde dem Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB subsumierten Verhaltens, sowie Hermann S***** vom „Strafantragsfaktum III./“ (Vorwurf der Gläubigerbegünstigung nach § 158 Abs 1 iVm § 161 Abs 1 StGB) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (US 5).
Der im Strafantrag der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 28. September 2010 (ON 27) gegen Gerhard H***** (zu II./1./) erhobene, als Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB beurteilte Vorwurf, er habe „im Zeitraum Jänner 2007 bis Ende November 2008 einen Bestandteil des Vermögens der M***** GmbH, nämlich einen Betrag von 43.000 Euro, beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger der genannten Gesellschaft oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert“, wurde im Urteil nicht erledigt (eine Anklagezurückziehung durch die Staatsanwaltschaft ist aus den Akten nicht ersichtlich), was - in Ermangelung entsprechender Urteilsanfechtung durch die Staatsanwaltschaft - einem Freispruch gleichkommt (RIS-Justiz RS0099646; Lendl, WK-StPO § 259 Rz 14).
Mit - zu Recht gesondert gefassten (vgl Lendl, WK-StPO § 389 Rz 15) - Beschlüssen des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. Juli 2011 wurden die zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens hinsichtlich Hermann S***** mit 9.822,76 Euro (ON 57) und für Gerhard H***** mit 8.321,76 Euro (ON 58) bestimmt. Diese Beträge errechnen sich aus dem Pauschalkostenbeitrag in der Höhe von jeweils 300 Euro, Sachverständigengebühren (für die Gerhard H***** und Hermann S***** solidarisch haften) in der Höhe von 8.021,76 Euro sowie (nur hinsichtlich Hermann S*****) weiteren Sachverständigengebühren in der Höhe von 1.501 Euro.
Während das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 18. Oktober 2011, AZ 10 Bs 336/11d (ON 61), in Stattgebung der Beschwerde des Hermann S***** die ihn betreffende Bestimmung der Sachverständigengebühren aufhob und diese Gebühren in weiterer Folge mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. Dezember 2011 mit 4.761,38 Euro festgesetzt wurden (ON 63), blieb der gegen Gerhard H***** ergangene Kostenbestimmungsbeschluss (ON 58) unangefochten.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 11. Juli 2011 (ON 58) steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 389 Abs 2 StPO ist der Angeklagte, wenn das gegen ihn geführte Strafverfahren wegen mehrerer Straftaten teils mit Schuld-, teils mit Freispruch erledigt wird, nur zum Ersatz jener Kosten zu verpflichten, die sich auf den Schuldspruch beziehen.
Demnach sind die Kosten des zu einem Teilfreispruch führenden Verfahrens vom Ersatz auszuscheiden, und zwar auch dann, wenn es zu keinem formellen (Teil-)Freispruch in der Hauptverhandlung gekommen ist, sei es, weil das Verfahren insoweit schon davor (gemäß §§ 190, 191 oder 227 Abs 1 StPO) eingestellt worden ist (Lendl, WK-StPO § 389 Rz 11), oder weil - wie hier - das (in Rechtskraft erwachsene) Urteil die Anklage nicht zur Gänze erledigt hat.
Der gegen Gerhard H***** ergangene Kostenbestimmungsbeschluss (ON 58) enthält aber weder eine - im Hinblick auf das Anklagefaktum II./1./ indizierte (vgl das Gutachten ON 8 S 52) - Kostenausscheidung gemäß § 389 Abs 2 StPO (RIS-Justiz RS0110663) noch - irgendeine - Begründung (vgl aber die Anordnung des § 86 Abs 1 StPO) für deren allfälliges tatsächliches Unterbleiben (weil sich etwa sämtliche aufgelaufenen Kosten auf den Schuldspruch bezogen haben).
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung ist geeignet, sich zum Nachteil des Verurteilten auszuwirken, weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, ihre Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.
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