OGH 13Os114/12g

OGH13Os114/12g20.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Haberreiter als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Gabriele S***** wegen Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG idF vor BGBl 2010/104 und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 28. Juni 2012, GZ 35 Hv 28/12y-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gabriele S***** gemäß § 214 FinStrG von der Anklage freigesprochen, sie habe im Bereich des Finanzamts Salzburg-Land als Einzelunternehmerin gewerbsmäßig vorsätzlich unter Verletzung

(I) einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht durch Nichtabgabe von Umsatz- und Einkommensteuererklärungen Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2009 um insgesamt 56.423,04 Euro und Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2009 um insgesamt 57.638,90 Euro verkürzt;

(II) der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch deren Nichtabgabe, für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2010 eine Verkürzung von Umsatzsteuer um insgesamt 4.844,47 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Nach den wesentlichen Urteilsannahmen (US 3 bis 6) betrieb die Angeklagte im Tatzeitraum ein Bordell, indem sie zwei zusammengelegte Wohnungen an Prostituierte vermietete, die dort ihrem Gewerbe nachgingen. Für das von diesen und ihr selbst aus Prostitution erzielte Einkommen entrichtete die Angeklagte regelmäßig so genannte „pauschalierte Abzugssteuern“. Sie gab keine Steuererklärungen (Umsatzsteuervoranmeldungen) ab, weshalb eine Festsetzung von Umsatz- und Einkommensteuer für aus der Vermietung der Wohnungen erwirtschaftete Umsätze und Einkommen unterblieb. Eine daraus resultierende Abgabenverkürzung von mehr als 100.000 Euro hielt das Erstgericht nicht für erwiesen. Zudem erachtete es die Verantwortung der Angeklagten, sie sei davon ausgegangen, dass sie mit der Entrichtung der „Abzugsteuer“ ihrer Steuerpflicht zur Gänze entsprochen hätte, für nicht widerlegbar und verneinte demnach vorsätzliches Handeln.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde ist nicht im Recht.

Soweit die Beschwerdeführerin die (Negativ-)Feststellungen zur subjektiven Tatseite als „aktenwidrig“ (Z 5 fünfter Fall) bekämpft, übersieht sie, dass nur die erheblich unrichtige Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels in den Entscheidungsgründen diesen Nichtigkeitsgrund herstellt, aus Beweisergebnissen gezogene Schlussfolgerungen der Tatrichter insoweit daher als Anfechtungsbasis ausscheiden (RIS-Justiz RS0099431).

Davon abgesehen wird (allenfalls gemeinte) Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mit dem bloßen Hinweis auf - ohne Angabe von Fundstellen in den Akten genannte (vgl RIS-Justiz RS0124172) - mangels (erkennbarem) Bezug zum Anklagevorwurf unerhebliche Umstände (RIS-Justiz RS0116877) weder nominell noch der Sache nach geltend gemacht.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in diesem Umfang scheitert, ein Schuldspruch daher schon wegen der erfolglos bekämpften Negativfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 6 und 9) nicht in Betracht kommt, erübrigt sich eine Erörterung der Kritik (Z 5 vierter Fall) an der Begründung der Feststellungen zur Höhe der inkriminierten Abgabenverkürzungen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Bleibt anzumerken, dass das Erstgericht bei der Prüfung gerichtlicher Zuständigkeit zu Unrecht auf das Übersteigen eines strafbestimmenden Wertbetrags von 100.000 Euro (vgl § 53 Abs 1 FinStrG idgF) abgestellt hat (US 9). Gemäß § 265 Abs 1p FinStrG sind nämlich die Änderungen der Zuständigkeitsgrenzen (unter anderem) des § 53 FinStrG auf Verfahren, die bei Inkrafttreten der FinStrG-Novelle 2010 - wie hier (vgl ON 1 S 1) - bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten bereits anhängig sind, nicht anzuwenden. Maßgeblich wäre vorliegend daher das Übersteigen eines strafbestimmenden Wertbetrags von 75.000 Euro (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG idF vor BGBl I 2010/104) gewesen.

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