OGH 15Os149/12v

OGH15Os149/12v12.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Abdul T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21. September 2012, GZ 5 Hv 74/12t-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Abdul T***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (1./) sowie der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (2./) und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (3./) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen Anfang 2011 und 19. Dezember 2011 in Graz vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar

1./ gewerbsmäßig in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er 2.800 Gramm Cannabiskraut (140 Gramm Delta-THC in Reinsubstanz) an bekannte und unbekannt gebliebene Abnehmer in mehreren Angriffen mit Gewinnaufschlag verkaufte, wobei er schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war;

2./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er 1.868,7 Gramm Cannabiskraut (92,10 Gramm Delta-9-THC in Reinsubstanz) für den späteren Weiterverkauf in seiner Wohnung verwahrte;

3./ über die zuvor angeführten Mengen hinaus weitere unbekannte Mengen Cannabiskraut zum Eigenkonsum erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, dass abgesehen vom Erfordernis der Bezugnahme auf entscheidende Tatsachen und der Verpflichtung des Gerichts zur gedrängten Darstellung der Gründe bei Ausführung der Mängelrüge zu beachten ist, dass die Beweisergebnisse in ihrer Gesamtheit zu betrachten sind (§ 258 Abs 2 StPO), weswegen die isolierte Hervorhebung einzelner Verfahrensergebnisse nicht zielführend ist (RIS-Justiz RS0116504). Die Behauptung einer offenbar unzureichenden oder gar fehlenden Begründung bzw einer Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) hat also stets sämtliche beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter in Ansehung der bekämpften Feststellung zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0119730; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 455), widrigenfalls sie ihren gesetzlichen Bezugspunkt verfehlt.

Den Ausführungen des Angeklagten zuwider hat sich das Erstgericht mit seiner Verantwortung, das in der Wohnung sichergestellte Suchtgift hätte Mustafa F***** gehört, ebenso - logisch und empirisch einwandfrei - auseinander gesetzt wie mit jener, dass die „Araber“ ihm, um die „eigenen Lieferanten“ zu schützen, die Schuld „in die Schuhe schieben“ wollten (US 7, 9), während die Frage, bei wem er selbst das später veräußerte Suchtgift erwarb, keine entscheidende Tatsache anspricht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Bleibt anzumerken, dass aufgrund der Feststellungen, dass der dem Angeklagten zu Schuldspruch 3./ wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG angelastete Erwerb und Besitz unbekannter Mengen Cannabiskrauts dem Eigenkonsum diente, weswegen die vom Erstgericht nicht angenommene Privilegierung des § 27 Abs 2 SMG zum Tragen gekommen wäre. Da dieser Umstand angesichts der Strafbemessung nach § 28a Abs 2 SMG ohne nachteilige Wirkung für die Angeklagten war, bedurfte es keines Vorgehens nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO.

Sieht sich der Oberste Gerichtshof unter ausdrücklichem Hinweis auf eine verfehlte Subsumtion mangels eines darüber hinausgehenden konkreten Nachteils nicht zu einem amtswegigen Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO veranlasst, so besteht bei der Entscheidung über die Berufung insoweit auch keine (dem Berufungswerber nachteilige) Bindung an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO (RIS-Justiz RS0118870; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 27a).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte