OGH 14Os43/12y

OGH14Os43/12y20.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fruhmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ewald T***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 14. Oktober 2010, GZ 27 Hv 88/10t-145, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ewald T***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** von Anfang 2004 bis 31. Jänner 2005 die ihm als Geschäftsführer der R***** W***** und U***** reg GenmbH und als Leiter der Kommerzkundenabteilung durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dieser Bank einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er bezüglich der nachangeführten Kreditnehmer und Konten wiederholt entgegen den Richtlinien für Kreditinstitute bei Abschluss von Kredit- und Garantiegeschäften, entgegen dem Sorgfaltsbegriff des § 39 BWG, und den internen Dienst- und Arbeitsanweisungen, in Kenntnis der teilweise bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit oder mangelnden Bonität und von unzureichenden Besicherungen, teilweise unter Umgehung des Aufsichtsrats und des Vorstands pflichtwidrig Kredit- und Kontoüberziehungen (sogenannte Internkredite) hinsichtlich im Urteil namentlich genannter Kreditnehmer im Gesamtausmaß von 895.677,61 Euro gestattete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wurde verspätet ausgeführt:

Nachdem er am 18. Oktober 2010 - ohne Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt zu bezeichnen oder Tatumstände anzuführen, die einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen - rechtzeitig Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet hatte (ON 148), wurde seinem Verteidiger die Urteilsausfertigung am 29. Juli 2011 zugestellt (Zustellnachweis bei ON 153), womit die Frist von vier Wochen zur Ausführung der Beschwerdegründe (§ 285 Abs 1 StPO) in Gang gesetzt wurde, und mit Ablauf des 26. August 2011 endete.

Noch am 29. Juli 2011 stellte der Angeklagte den Antrag auf Verlängerung der Frist für die Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel „zumindest“ bis Ende des Jahres 2011 (ON 154).

Mit Beschluss vom 11. August 2011 (ON 155) erstreckte der Vorsitzende die Frist zur Ausführung der angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde (und damit auch der Berufung; § 294 Abs 2 dritter Satz StPO) bis zum 31. Dezember 2011. Dieser Beschluss wurde dem Verteidiger am 16. August 2011 zugestellt (2. Zustellnachweis bei ON 153).

Mit weiterem - bei Gericht am 11. November 2011 (sohin innerhalb der verlängerten Frist) eingelangten - Antrag begehrte der Beschwerdeführer neuerlich eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist nunmehr bis zum 31. März 2012 (ON 156), welchem Begehren mit Beschluss vom 28. November 2011 (ON 159) entsprochen wurde.

Die Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kann indes nur einmal verlängert werden; ein auf weitere Verlängerung gerichteter Antrag wäre zurückzuweisen. Wird die Frist des § 285 Abs 1 StPO dessen ungeachtet ein weiteres Mal verlängert, entfaltet dieser Beschluss - weil ihm die Sperrwirkung der früheren Entscheidung entgegensteht - keine rechtliche Wirkung und hindert den Ablauf der Ausführungsfrist nicht (RIS-Justiz RS0127793 und RS0127794; 15 Os 176/11p, 67/12k = EvBl 2012/114).

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die am 30. März 2012 bei Gericht eingelangte Nichtigkeitsbeschwerde (ON 160 S 1) verspätet ist.

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 364 StPO) wurde nicht eingebracht, obwohl die Generalprokuratur in ihrer - dem Verteidiger zugestellten - Stellungnahme zur Nichtigkeitsbeschwerde vom 3. Juli 2012 (§ 24 StPO) ausdrücklich auf die (seit dem 13. Juni 2012 jedermann im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts zugängliche) oben zitierte - zu einem gleich gelagerten Fall ergangene - Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juni 2012, AZ 15 Os 176/11p, 67/12k, hingewiesen hatte, aus der sich die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs unmissverständlich ergibt (vgl auch 11 Os 19/12x, 11 Os 91/12k).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Auf die in der verspäteten Ausführung geltend gemachten Gründe ist nicht Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0100168).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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