Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Manuel E***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (1./) und des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB (2./) schuldig erkannt.
Danach hat er in K***** Silvana E*****
1./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt einige Tage vor dem 7. Juni 2011 mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe ihres Mobiltelefons, genötigt, indem er die Finger ihrer Hand, in der sie ihr Mobiltelefon hielt, gewaltsam umbog und ihr dieses wegnahm;
2./ am 7. Juni 2011 vorsätzlich zu töten versucht, indem er sie, jeweils auf ihr sitzend, in mehreren Angriffen mit beiden Händen so kräftig am Hals würgte und dabei gegen ihren Kehlkopf drückte, dass sie währenddessen einen Hirninsult (Schlaganfall) erlitt, und ihr anschließend mit einem Küchenmesser (Klingenlänge: 16 cm, Grifflänge: 15 cm) einen Stich in den linken Halsbereich versetzte.
Insoweit haben die Geschworenen die Hauptfragen nach dem Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB sowie nach dem Verbrechen des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB bejaht und die Zusatzfrage nach Rücktritt vom Versuch vom Verbrechen des versuchten Mordes verneint. Eventualfragen in Richtung des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB sowie nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB blieben demnach unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
Inhaltlich nur gegen den Schuldspruchpunkt 2./ richtet sich die auf Z 6, 8, 9, 10a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Mit dem Einwand, die Vorschriften über die Fragestellung seien dadurch verletzt, dass die nach Rücktritt vom Versuch des Mordes gestellte Zusatzfrage zur Hauptfrage 3 bloß darlege, dass der Angeklagte die Rettung verständigt habe, jedoch keinen Hinweis darauf enthalte, er habe zwei Notrufe abgesetzt und selbst versucht, die blutende Wunde zu stillen, lässt die Fragestellungsrüge (Z 6) offen, warum, entgegen dem Gesetzeswortlaut in Bezug auf Strafaufhebungsgründe, nach der Existenzbehauptung des Untersatzes einer (auf den konkreten Fall hin gebildeten) Fallnorm und nicht nach dem Vorliegen der gesetzlichen Kriterien des Strafaufhebungsgrundes schlechthin (vgl § 313 StPO [„... nach dem Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund ... zu stellen“]) zu fragen sein soll (RIS-Justiz RS0117501; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 619).
Gegenstand einer Instruktionsrüge (Z 8) kann nur der Inhalt der schriftlichen Belehrung der Geschworenen sein, soweit er sich entweder auf die Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, auf die Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes, auf das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander oder auf die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage (betreffend einen Schuld- oder einen Freispruch und die Subsumtion) bezieht (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 53). Die vom Rechtsmittelwerber - soweit erkennbar - vermisste Belehrung über „die konkrete Fallgestaltung“ im Rahmen der Instruktion zu den Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB, wonach die vom Beschwerdeführer tatsächlich gesetzten Handlungen nicht alleine in der Verständigung der Rettung bestanden hätten, bezieht sich hingegen auf Tatfragen, die Gegenstand der Besprechung gemäß § 323 Abs 2 erster Satz StPO, nicht aber der Rechtsbelehrung sind (RIS-Justiz RS0109476).
Soweit der Beschwerdeführer vermeinen sollte, durch Anführung eines Beispiels in der Rechtsbelehrung (zu einer Konstellation, in der strafbefreiender Rücktritt vom Versuch ausscheiden würde; ON 103 S 157) sei es zu einer Beeinflussung der Geschworenen gekommen, wirft er dem Schwurgerichtshof eine verfehlte Instruktion gar nicht vor und geht daher ins Leere (RIS-Justiz RS0116640). Dass diese Passage der Belehrung unrichtig sei, wird hingegen bloß begründungslos behauptet, nicht jedoch aus dem Gesetz abgeleitet (vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65).
Aus einer nach Ansicht des Nichtigkeitswerbers mangelhaften Fragestellung kann eine verfehlte Instruktion jedenfalls nicht abgeleitet werden.
Die auf Z 9 gestützte Rüge verkennt, dass der herangezogene Nichtigkeitsgrund - von ihr gar nicht behauptete - Mängel in der Antwort der Geschworenen auf die an sie gerichteten Fragen voraussetzt, und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt. Ein behaupteter Fehler in der Interrogation - wie ihn die Rüge mit dem wiederholten Vorbringen, aus der Zusatzfrage zur Hauptfrage 3 ergebe sich nur, dass der Angeklagte die Rettung verständigt habe, releviert - ist aus Z 9 unbeachtlich (RIS-Justiz RS0121301; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 76).
Der weiters geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 10a greift seinem Wesen erst dann, wenn sich „aus den Akten“ (mithin aus dem aktenkundigen Beweismaterial, das in der Hauptverhandlung vorgekommen ist oder vorkommen hätte können und dürfen) nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen ergeben. Dieser formale Nichtigkeitsgrund will daher nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern. Die Tatsachenermittlung im kollegialgerichtlichen Verfahren bleibt der Mehrzahl von Tatrichtern erster Instanz vorbehalten, die unter dem Eindruck der unmittelbaren, mündlichen und kontradiktorischen Beweiserhebung entscheiden. Beweiswürdigende Detailerwägungen diesseits der Schwelle erheblicher Bedenklichkeit - wie in Erledigung einer im einzelrichterlichen Verfahren zugelassenen Berufung wegen Schuld - sind dem Obersten Gerichtshof somit verwehrt und auch in einer Tatsachenrüge nicht statthaft (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583).
Indem der Beschwerdeführer aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens lediglich isoliert hervorhebt, zwei Notrufe im Abstand von ca dreieinhalb Minuten abgesetzt und versucht zu haben, die blutende Wunde am Hals des Tatopfers zu stillen, und daraus ableitet, aus autonomen Motiven die ihm noch mögliche Tatausführung aufgegeben zu haben, demgegenüber jedoch insbesondere den festgestellten und weitgehend von ihm zugestandenen zeitlichen Ablauf (ON 103 S 21 ff) sowie den Inhalt seiner Gespräche mit der Landesleitzentrale des Roten Kreuzes, im Zuge derer er auf ein von ihm fingiertes E-Mail seiner damaligen Ehefrau Bezug nahm und damit von seiner - was den Messerstich betrifft - schlussendlich einbekannten Täterschaft (ON 103 S 25) ablenken wollte (ON 67; vgl auch ON 103 S 31 f), ausklammert, werden solche Bedenken nicht geweckt.
Die gesetzmäßige Ausführung einer Subsumtionsrüge (Z 12) setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten (siehe § 351 zweiter Satz StPO) Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus (RIS-Justiz RS0101476). Indem die Beschwerde im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen die Voraussetzungen freiwilligen Rücktritts vom Versuch reklamiert und demzufolge eine Subsumtion unter den Tatbestand des § 87 Abs 1 StGB einfordert, verlässt sie den Anfechtungsrahmen des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 613).
Soweit der gegen das ganze Urteil gerichtete Aufhebungsantrag auch den Schuldspruch 1./ erfasst, ist auf die Rüge keine Rücksicht zu nehmen, weil der Nichtigkeitswerber insofern weder bei der Anmeldung noch im Rahmen der Ausführung der Beschwerde Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnete (§ 285 Abs 1 zweiter Satz iVm §§ 285a Z 2, 344 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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