Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Manuel H***** und Benjamin K***** betreffenden Einziehungserkenntnissen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Rohrbach verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche von Mitangeklagten enthält, wurde Thomas P***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt (II./).
Danach haben am 31. Juli 2010 in U***** Thomas P***** und sechs weitere Angeklagte sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, indem sie während des Abspielens von Rechtsrockmusik der Gruppen „Landser“ und anderen mit jeweils rechtsextremen und hetzerischen Texten wiederholt die NS-Parolen „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ riefen und dabei mehrmals den Hitlergruß zeigten.
Gemäß § 26 Abs 1 StGB wurden die bei den Angeklagten Manuel H***** und Benjamin K***** jeweils sichergestellten Datenträger mit „Rechtsrockmusik“ eingezogen (vgl US 23 und US 24).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene und auf § 345 Abs 1 Z 11 lit a und 12a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas P***** geht fehl.
Soweit die Rechtsrüge (Z 11 lit a) auf die Anwesenheit der Mitangeklagten verweist und ergänzend vorbringt, die dem Angeklagten vorgeworfene Tat sei objektiv nicht geeignet, das Tatbildmerkmal einer Betätigung im nationalsozialistischen Sinn zu verwirklichen, weil der Vorfall in der privaten Gartenhütte der Familie P***** stattgefunden habe, erschöpft sie sich in einer nicht am Gesetz orientierten Rechtsbehauptung. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut legt sie nämlich nicht dar, weshalb der von der Beschwerde ins Treffen geführte Ort der Tatbegehung von Bedeutung sei, obwohl das als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipierte Verbrechen nach § 3g VG auf der objektiven Tatseite weder eine konkrete Gefährdung noch eine qualifizierte Publizitätswirkung verlangt (vgl dazu Lässig in WK² VG § 3g Rz 8 mwN; RIS-Justiz RS0079825 [T4]).
Der gegen die Annahme einer nationalsozialistischen Propagandaaktion gerichtete Einwand verfehlt die Orientierung an der Verfahrensordnung, weil er den von den Geschworenen angenommenen Vorsatz auf Betätigung im nationalsozialistischen Sinn durch Verwendung der typischen NS-Parolen „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ bestreitet (vgl dazu auch RIS-Justiz RS0101476; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584, 588; Lässig in WK² VG § 3g Rz 6).
Die weitere Kritik des Rechtsmittelwerbers, wonach offen bleibe, welche Texte oder Rechtsrockmusik abgespielt worden seien, entzieht sich einer meritorischen Erwiderung, weil sie entgegen der Prozessordnung nicht methodengerecht aus dem Gesetz ableitet, weshalb die im Wahrspruch der Geschworenen festgestellte Verwendung von typisch nationalsozialistischen Parolen bzw das Zeigen des Hitlergrußes zur Annahme der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn nicht ausreicht.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des (normativen) Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ auf der Feststellungsebene angesiedelt und somit den Geschworenen vorbehalten ist. Bejahen diese die Schuldfrage, haben sie damit eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen, aufgrund derer das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch“ entspricht. Diese Bejahung ist einer Anfechtung mit Rechts-und Subsumtionsrüge entzogen (RIS-Justiz RS0119234; Lässig in WK² VG § 3g Rz 17).
Die Diversionsrüge (Z 12a) entzieht sich deshalb einer meritorischen Erwiderung, weil sie in Vernachlässigung der bis zum Schluss der Hauptverhandlung gleichbleibend leugnenden Einlassung des Angeklagten lediglich behauptet, der Angeklagte wäre bereit gewesen die Verantwortung für die Tat zu übernehmen (vgl Schroll, WK-StPO § 198 Rz 36).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass die von Manuel H***** und Benjamin K***** jeweils unbekämpft gebliebenen Einziehungserkenntnisse mit dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 13 StPO behaftet sind. Die Urteilspassage allein, wonach es sich um bei den Genannten sichergestellte Datenträger mit „Rechtsrockmusik“ handelt, lässt nämlich keine Rückschlüsse auf eine besondere Beschaffenheit zu, die die Maßnahmen jeweils rechtfertigen würden. Selbst bei Annahme der von § 26 Abs 1 StGB geforderten Voraussetzungen sind dem Urteil die Gründe, weshalb die auf den Datenträgern gespeicherten Daten nicht gelöscht werden können, nicht zu entnehmen (Ratz in WK² § 26 Rz 15). Das Vorliegen der Einziehungsvoraussetzungen kann somit derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
Diese den Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit war vom Obersten Gerichtshof zu Gunsten von Manuel H***** und Benjamin K*****, die das Urteil nicht angefochten haben, von Amts wegen aufzugreifen (§§ 285e erster Fall, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall, 344 StPO).
In Anbetracht der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts Rohrbach für die gesondert zu treffende Entscheidung über den Antrag auf Einziehung (§§ 445 Abs 3, 445a StPO), war mit Delegierung an dieses Gericht vorzugehen (§§ 288 Abs 2 Z 3 letzter Satz, 344 zweiter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 Abs 1 StPO.
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