OGH 3Ob18/12m

OGH3Ob18/12m11.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei D***** SE, *****, Liechtenstein, vertreten durch Salpius Rechtsanwalts GmbH in Salzburg, gegen die verpflichtete Partei Tschechische Republik (Ministerium des Gesundheitswesens), Prag, Palackeho namesti 4, Tschechische Republik, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 24.089.400 CKZ sA, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Oktober 2011, GZ 46 R 395/11w, 46 R 396/11t-34, womit aus Anlass des Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 16. Mai 2011, GZ 72 E 1855/11z‑6, aufgehoben und das gesamte nachfolgende Verfahren für nichtig erklärt wurde und die Anträge der betreibenden Partei auf Vollstreckbarerklärung und auf Bewilligung der Fahrnisexekution zurückgewiesen wurden, und womit aus Anlass des Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 21. Juni 2011, GZ 72 E 1855/11z‑20, dieser Beschluss aufgehoben und der Antrag der verpflichteten Partei auf Einstellung der Exekution zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluss des Rekursgerichts aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine inhaltliche Behandlung der Rekurse beider Parteien aufgetragen. Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die betreibende Partei beantragte mit ihren nach Verbesserung am 2. Mai 2011 beim Erstgericht eingelangten Schriftsätzen,

(a) den von einem Ad-hoc-Schiedsgericht in der Tschechischen Republik erlassenen „Endgültigen Schiedsspruch“ Rsp 06/2003 vom 4. August 2008 gemäß dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 für vollstreckbar zu erklären und

(b) ihr zur Hereinbringung einer Teilforderung von 1.000.000 EUR die Fahrnisexekution zu bewilligen. Im Exekutionsantrag verwies die betreibende Partei auf drei im Eigentum der verpflichteten Partei stehende Kunstgegenstände (zwei Gemälde und eine Bronzeskulptur),

die sich ‑ zeitlich befristet bis 29. Mai 2011 - in der Ausstellung „DYNAMIK! Kubismus/ Futurismus/KINETISMUS“ im Unteren Belvedere in Wien befänden.

Die Zuständigkeit des Erstgerichts für die Behandlung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung gründete die betreibende Partei auf § 82 Z 2 EO iVm § 18 Z 4 EO.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2011 (ON 6) erklärte das Erstgericht den Schiedsspruch in Österreich für vollstreckbar und bewilligte ohne nähere Einschränkung auf bestimmte Gegenstände die Fahrnisexekution.

Die Pfändung wurde am 24. Mai 2011 vollzogen. Die im Exekutionsantrag genannten Exekutionsobjekte befinden sich beim gerichtlich bestellten Verwahrer, dem „Belvedere“ (ON 9).

Nach Einlangen einer Stellungnahme des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) vom 1. Juni 2011, wonach Vermögen „extra commercium“ kraft Völkergewohnheitsrecht nicht Gegenstand von Vollstreckungsmaßnahmen sein könne und daher Immunität der Tschechischen Republik von Zwangsmaßnahmen gegen die in ihrem Eigentum stehenden drei Kunstwerke bestehe (ON 11), stellte das Erstgericht mit Beschluss vom 21. Juni 2011 (ON 20) die Fahrnisexekution von Amts wegen gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO ein. Begründet wurde dieser Beschluss mit völkergewohnheitsrechtlicher Immunität staatlicher Kunstleihgaben.

Die verpflichtete Partei erhob Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung (ON 14), die betreibende Partei erhob Rekurs gegen den Einstellungsbeschluss (ON 22).

Die verpflichtete Partei machte geltend, dass der Schiedsspruch nicht vollstreckbar sei. Sie habe ‑ in Übereinstimmung mit Punkt V des Schiedsvertrags vom 18 September 1996 (Blg ./A) ‑ rechtzeitig den Antrag auf Überprüfung des Schiedsspruchs gestellt. Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik sei mangels Einigung der von den Parteien bestellten Schiedsrichter (gemeint: im Überprüfungsverfahren) auf einen dritten Schiedsrichter angerufen worden und zu dem ‑ bindenden ‑ Schluss gelangt, dass die Zuständigkeit zur Bestellung des dritten Schiedsrichters dem Stadtgericht Prag zukomme (Blg ./4). Der Antrag auf Überprüfung des Schiedsspruchs sei rechtmäßig erhoben worden. Eine Ab‑ oder Zurückweisung des Überprüfungsantrags durch das zuständige ‑ noch gar nicht wirksam bestellte ‑ Schiedsgericht sei nicht erfolgt. Nur diesem obliege aber die Prüfung, ob der Schiedsspruch rechtzeitig und rechtswirksam bekämpft worden sei.

In diesem Zusammenhang relevierte die verpflichtete Partei mit einem umfangreichen Vorbringen die Frage, ob das „Ministerium für Gesundheitswesen“ der Tschechischen Republik über eigene Rechtspersönlichkeit verfüge bzw befugt gewesen sei, die Tschechische Republik ‑ vor allem im Zusammenhang mit der Einleitung eines Überprüfungsverfahrens ‑ zu vertreten.

Die verpflichtete Partei verwies in ihrem Rekurs überdies darauf, dass es sich bei den in Exekution gezogenen Objekten um hoheitlichen Zwecken dienendes kulturelles Vermögen der Tschechischen Republik handle, das wegen ‑ auf Völkergewohnheitsrecht beruhender ‑ sachlicher Immunität der Exekution entzogen sei. Es bestehe eine völkerrechtliche Verpflichtung zum Schutz von Kunstleihgaben.

Die betreibende Partei bezog sich in ihrem Rekurs gegen den Einstellungsbeschluss zusammengefasst darauf, dass die von der Exekution betroffenen Objekte aufgrund eines privatrechtlichen Leihverhältnisses als Kunstleihgaben zur Verfügung gestellt worden und daher nicht der Exekution entzogen seien.

Mit Beschluss vom 25. Oktober 2011 (ON 34) hat das Rekursgericht

1. aus Anlass des Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 16. Mai 2011 (ON 6) diesen Beschluss aufgehoben und das gesamte nachfolgende Verfahren für nichtig erklärt;

die Anträge der betreibenden Partei,

1.1. das Schiedsurteil im Ad‑hoc‑Schiedsverfahren in der unter dem Aktenzeichen Rsp 06/2003 geführten Streitsache der nun betreibenden Partei gegen die nun verpflichtete Partei vom 4. August 2008 in Österreich für vollstreckbar zu erklären, und

1.2. die Fahrnisexekution gegen die verpflichtete Partei zur Hereinbringung einer Forderung von 24.089.400 CZK zu bewilligen,

mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurückgewiesen;

2. aus Anlass des Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Erstgerichts vom 21. Juni 2011 (ON 20) diesen Beschluss aufgehoben und den Antrag der verpflichteten Partei auf Einstellung der Exekution zurückgewiesen.

In seiner Begründung führte das Rekursgericht in seiner umfassenden rechtlichen Beurteilung zusammengefasst aus:

Die verpflichtete Partei habe sich mit der Schiedsvereinbarung Blg ./A ausdrücklich dem Schiedsverfahren unterworfen und dadurch auf ihre Immunität im Erkenntnisverfahren verzichtet.

Von dieser Immunität im Erkenntnisverfahren sei die Immunität vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu unterscheiden. Im Exekutionsverfahren bestimme der Zweck, dem der Vermögenswert gewidmet sei, auf den im Vollstreckungswege gegriffen werden soll, ob dieser der Vollstreckung unterliege. Nur Vermögen, welches ausschließlich privatrechtlichen Zwecken diene, sei der Exekution unterworfen.

Die Immunität von im Staatseigentum stehenden Kulturgütern habe ihre Grenze dort, wo Kulturgüter eindeutig kommerziellen Zwecken oder dem Verkauf gewidmet seien. Einem betreibenden Gläubiger den Zugriff auf Werke zu verwehren, die ohnehin der kommerziellen Verwertung gewidmet seien, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Kulturgut-Leihgaben spreche nicht dagegen, dass im Staatseigentum stehende Kulturgüter auf völkergewohnheitsrechtlicher Basis weitergehenden Schutz genießen.

Abschließend könne daher festgehalten werden: Die Doktrin der beschränkten Immunität habe die traditionell absolute Immunität der Staaten eingeschränkt; im Bereich des Exekutionsrechts sei nunmehr privatrechtlichen Zwecken gewidmetes Vermögen der Vollstreckung unterworfen. Diese Ausnahme gehe jedoch nicht so weit, dass traditionell hoheitlichen Aufgaben gewidmetes Vermögen der Vollstreckung unterworfen wäre. Die von der betreibenden Partei im Rahmen ihres Antrags auf Bewilligung der Fahrnisexekution bezeichneten Kunstwerke seien hoheitlich genutztes Vermögen der verpflichteten Partei und somit der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen. Eine Exekution in derartiges Vermögen sei völkerrechtlich unzulässig.

Die betreibende Partei habe außer den ‑ nicht der Vollstreckung unterworfenen ‑ Kunstwerken kein Vermögen genannt, auf welches sie mittels Fahrnisexekution zu greifen trachte. Demnach ergebe sich aus den Bestimmungen der §§ 18 ff EO kein tauglicher Gerichtsstand im Inland. Da Österreich nicht aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit berufen sei, die betreibende Partei ihren Sitz nicht in Österreich habe und eine Gerichtsstandvereinbarung betreffend diese Streitigkeit nicht getroffen worden sei, fehle es daher an der inländischen Gerichtsbarkeit für die Durchführung des Exekutionsverfahrens. Aus diesem Grund sei aus Anlass des Rekurses auch das gesamte Verfahren für nichtig zu erklären; die Anträge der betreibenden Partei auf Vollstreckbarerklärung sowie auf Bewilligung der Fahrnisexekution seien zurückzuweisen. Mangels inländischer Gerichtsbarkeit sei auf die weiteren Ausführungen der verpflichteten Partei, insbesondere zur Endgültigkeit des Schiedsspruchs, nicht einzugehen.

Die Nichtigkeit der Exekutionsbewilligung erfasse auch das gesamte Folgeverfahren; allein rechtskräftige Beschlüsse blieben bestehen. Da die betreibende Partei fristgerecht Rekurs erhoben habe, sei auch der Einstellungsbeschluss als nichtig aufzuheben.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob die Verwaltung und Verwahrung von Kulturgütern eine hoheitliche Aufgabe des Staates sei, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Mit ihrem Revisionsrekurs bekämpft die betreibende Partei den Beschluss des Rekursgerichts zur Gänze mit dem (erkennbaren) Antrag auf Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses über die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung. Hilfsweise wird ein Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die verpflichtete Partei beantragte (in zwei getrennten Revisionsrekursbeantwortungen) die Zurückweisung des Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Einstellungsbeschluss als verspätet; hilfsweise, diesem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben. In Ansehung des gegen die rekursgerichtliche Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung erhobenen Revisionsrekurses beantragt die verpflichtete Partei dessen Zurückweisung mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage; hilfsweise stellt sie den Antrag, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Ergebnis im Sinne einer Aufhebung der Rekursentscheidung auch berechtigt.

1. Zur Rechtzeitigkeit

1.1 § 84 Abs 1 EO sieht im Vollstreckbarerklärungsverfahren grundsätzlich eine Rechtsmittelfrist von einem Monat vor. Mangels spezieller Regelungen für den Revisionsrekurs und dessen Beantwortung gilt die Einmonatsfrist auch im Revisionsrekursverfahren (3 Ob 65/11x; Jakusch in Angst², § 84 EO Rz 5).

1.2 Das Rekursgericht entschied in einem Beschluss über die erhobenen Rekurse. Nach dem auch im Exekutionsverfahren anwendbaren (Jakusch in Angst², § 84a EO Rz 6) Grundsatz, dass sämtliche in einem einheitlichen Erkenntnis zusammengefasste Entscheidungen innerhalb der jeweils zur Verfügung stehenden längeren Rechtsmittelfrist angefochten werden können (RIS‑Justiz RS0041670), ist der in der Monatsfrist des § 84 Abs 1 EO erhobene Revisionsrekurs der betreibenden Partei insgesamt rechtzeitig.

2. Zum Antrag auf Vollstreckbarerklärung

2.1 Zutreffend ist das Rekursgericht davon ausgegangen, dass der Immunitätsverzicht der verpflichteten Partei im Erkenntnisverfahren (Schiedsverfahren) ‑ den sie gar nicht in Abrede stellt ‑ nicht das Vollstreckungsverfahren erfasst (Matscher in Fasching 2 Art IX EGJN Rz 153; Haas, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche 187).

2.2 Nach dem österreichischen Konzept ist das Verfahren zur Prüfung der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Exekutionstitels im Inland nicht Teil des Exekutionsverfahrens, sondern ein dem Exekutionsverfahren nachgebildetes Verfahren sui generis, das eine Ergänzung zum ausländischen Erkenntnisverfahren (Titelverfahren) bildet (3 Ob 175/03m = SZ 2004/43; 3 Ob 70/04x uva; Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 614 ZPO Rz 42; Jakusch in Angst 2, § 83 EO Rz 1; Zeiler, Schiedsverfahren [2006] § 614 Rz 12). Durch die Vollstreckbarerklärung wird einem ausländischen Exekutionstitel ganz unabhängig von einem einzelnen Exekutionsverfahren die Vollstreckbarkeit im Inland mit der Wirkung zuerkannt, dass die Vollstreckbarkeit auch für alle zukünftigen Exekutionsverfahren im Inland bindend feststeht (Burgstaller/Höllwerth in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 79 EO Rz 5).

2.3 Die Vollstreckbarerklärung erfolgt daher, auch wenn die Verbindung des darauf gerichteten Antrags mit einem Exekutionsantrag zulässig ist (vgl § 84a EO), grundsätzlich losgelöst von einem konkreten Exekutionsverfahren. Als Gründe für die Verweigerung der Vollstreckbarerklärung dürfen daher nur Umstände herangezogen werden, die nicht bloß derzeit ein inländisches Exekutionsverfahren ausschließen, sondern auch in die Zukunft wirken (Jakusch in Angst 2, § 79 EO Rz 11). Beispielsweise steht die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels nicht entgegen (RIS‑Justiz RS0119161).

2.4 Nach der herrschenden Lehre von der beschränkten bzw relativen Staatenimmunität im Vollstreckungsverfahren kommt dem Staat Vollstreckungsimmunität (nur) dann zu, wenn der Vollstreckungsgegenstand hoheitlichen Zwecken dient (Matscher in Fasching 2 Art IX EGJN Rz 218; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht6 [2009] Rz 590; v Schönfeld; Die Immunität ausländischer Staaten vor deutschen Gerichten, NJW 1986, 2980 [2985]; Kröll, Die Pfändung von Forderungen des russischen Staates gegen deutsche Schuldner ‑ Investitionsschutz und Vollstreckungsimmunität, IPRax 2004, 223 [225]; Weller, Vollstreckungsimmunität: Beweislast, Beweismaß, Beweismittel, Gegenbeweis und Beweiswürdigung, RIW 2010, 599; ders, Vollstreckungsimmunität für Kunstleihgaben ausländischer Staaten, IPRax 2011, 574; Lange, Internationale Rechts‑ und Forderungspfändung [2004] 51; dBVerfG 2 BvM 9/03 NJW 2007, 2605).

2.5 Für den Anlassfall folgt daraus aber, dass eine generelle Vollstreckungsimmunität der verpflichteten Tschechischen Republik nicht besteht. Vielmehr unterliegen im Vollstreckungsstaat derzeit oder künftig gelegene Vermögenswerte, die nicht hoheitlich genutzt werden, der Zwangsvollstreckung.

2.6 Daraus ergeben sich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren folgende Konsequenzen:

2.6.1 Die Rekursentscheidung ist, soweit sie den Beschluss über die Vollstreckbarerklärung des Erstgerichts als nichtig aufhebt und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückweist, verfehlt.

2.7 Eine Bestätigung der Zurückweisung der Anträge der betreibenden Partei durch das Rekursgericht wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit des Erstgerichts kommt nicht in Betracht:

2.7.1 Gemäß § 82 Z 2 EO ist das nach §§ 18 und 19 EO bezeichnete Bezirksgericht für die Vollstreckbarerklärung zuständig, in Wien das nach dem Bezirksgerichts‑Organisationsgesetz für Wien in Exekutionssachen zuständige Gericht. Nach der hier maßgeblichen Generalklausel des § 18 Z 4 EO ist jenes inländische Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel sich bei Beginn des Exekutionsvollzugs die Sachen befinden, auf welche Exekution geführt wird. Nur dann, wenn es an einem Sachverhalt mangelt, der die Zuständigkeit eines inländischen Exekutionsgerichts begründet ‑ etwa wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung isoliert gestellt wird und der Verpflichtete keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat (§ 82 Z 1 EO) -, ist das zur Erteilung der Vollstreckbarerklärung zuständige Gericht unter den Voraussetzungen des § 28 JN, also insbesondere bei gegebener inländischer Gerichtsbarkeit für ein Exekutionsverfahren, im Wege der Ordination durch den Obersten Gerichtshof zu bestimmen (Jakusch in Angst 2, § 82 EO Rz 3), wenn ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes besteht (RIS‑Justiz RS0053178).

2.7.2 Für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 18 Z 4 EO reicht es aus, dass sich Gegenstände, auf die Exekution geführt werden soll, bei Beginn des Exekutionsvollzugs im Sprengel des Gerichts befinden. Das ist hier der Fall, befanden sich doch nach dem maßgeblichen Antragsvorbringen der Betreibenden iSd § 54 Abs 1 Z 3 EO (Jakusch in Angst 2 § 82 Rz 2a) die zu pfändenden Gegenstände bei Beginn des Vollzugs im Sprengel des angerufenen Erstgerichts. Ob hingegen die konkret beantragte Exekution erfolgreich sein wird, hat auf die örtliche Zuständigkeit keinen Einfluss. Die Frage einer möglichen Vollstreckungsimmunität ist erst im Exekutionsverfahren zu prüfen, genau so wie die amtswegige Prüfung der Unpfändbarkeit vom Gerichtsvollzieher beim Vollzug bzw vom Exekutionsrichter über Einstellungsantrag nach § 39 Abs 1 Z 2 EO vorzunehmen ist (Mohr in Angst 2 § 250 Rz 7).

2.8 Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass das Rekursgericht den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit welchem der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wurde, einer inhaltlichen Behandlung zu unterziehen und dabei insbesondere den von der verpflichteten Partei im Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung zulässig (§ 84 Abs 1 Z 2 EO) vorgebrachten Einwand der mangelnden Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs zu überprüfen haben wird.

3. Zur Entscheidung über den Exekutionsantrag und über den Einstellungsantrag

3.1 Aus den zu 2. dargelegten Gründen liegt eine generelle Vollstreckungsimmunität nicht vor. Eine einfach gesetzliche Vollstreckungsimmunität (vgl Bundesgesetz über die vorübergehende sachliche Immunität von Kulturleihgaben zu Ausstellungen der Bundesmuseen BGBl 133/2003 idgF) hat die verpflichtete Partei nicht erwirkt.

3.2 Der Exekutionsantrag der betreibenden Partei könnte nur dann ‑ unabhängig von der Frage, ob der Titel überhaupt vollstreckbar ist ‑ bereits im derzeitigen Verfahrensstadium zurückgewiesen werden, wenn er sich ausschließlich auf ein Exekutionsobjekt bezöge, das schon nach dem Vorbringen der betreibenden Partei der Exekution entzogen ist.

3.3 Dieser Fall ist hier schon deshalb nicht verwirklicht, weil der Exekutionsantrag ganz allgemein auf die Bewilligung der Fahrnisexekution abzielt, wobei die konkrete Beschreibung der drei im Belvedere ausgestellten Gegenstände keine Einschränkung auf die Pfändung bloß dieser Gegenstände bedeutet, wie sich aus dem maßgeblichen Antragsvorbringen ergibt, das ganz allgemein auf eine zu bewilligende Fahrnisexekution Bezug nimmt.

3.4 Aber auch in Ansehung der drei gepfändeten Kunstgegenstände bedurfte es keiner Behauptung der betreibenden Partei im Exekutionsantrag, dass sie keinen hoheitlichen Zwecken dienen:

3.4.1 Grundsätzlich trifft die Behauptungs- und Beweislast für jene Tatsachen, die Vollstreckungsimmunität begründen, die Partei, die sich darauf beruft (Lange, Forderungspfändung 82 f; Geimer, IZPR6 Rz 527; Kröll, IPrax 2004, 227; Weller, RIW 2010, 600; Zimmermann in MünchKomm ZPO3 [2008] § 20 GVG Rz 15; Walter, Gibt es eine Beweislastverteilung bei der Immunität von Staaten? RIW 1984, 14; v Schönfeld, NJW 1986, 2982; BGH VII ZB 37/08 RIW 2010, 72).

3.4.2 Dem entspricht im Ergebnis auch die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (2 BvM 1/76 NJW 1978, 485): Darin wurde zwar darauf hingewiesen, dass umfassende prozessuale Mitwirkungspflichten des ausländischen Staates für die Beurteilung der Vollstreckungsimmunität aufgrund einer Einmischung in dessen innere Angelegenheiten unzulässig seien. Das setzt jedoch bereits voraus, dass auch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich von einer Beweisbelastung des Vollstreckungsschuldners („in dubio pro jurisdictione“) ausgeht und lediglich das Beweismaß für den ausländischen Staat im Sinne einer bloßen Glaubhaftmachung herabsenkt (s dazu Lange, Forderungspfändung 84 ff und Weller, RIW 2010, 600 ff; ferner BGH VII ZB 37/08 RIW 2010, 72).

3.4.3 Ob von dem Grundsatz „in dubio pro jurisdictione“ dann eine Ausnahme zu machen wäre, wenn bereits nach dem ersten Anschein die Vermutung für eine Verwendung des Exekutionsobjekts zu hoheitlichen Zwecken spricht, wie es etwa der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der Pfändung eines Botschaftskontos aussprach (3 Ob 38/86 SZ 59/76; ebenso Jakusch in Angst², § 31 EO Rz 7 und Deixler‑Hübner in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 31 EO Rz 3), bedarf hier keiner Prüfung, weil ein solcher Fall nicht vorliegt: Hier geht es um die Pfändung körperlicher Sachen (Kunstgegenstände), wobei ein hoheitlicher Verwendungszweck jedenfalls nicht a priori augenscheinlich ist. Nach den Angaben der betreibenden Partei im Exekutionsantrag ‑ die schon wegen der grundsätzlichen Einseitigkeit des österreichischen Exekutionsverfahrens maßgeblich sind ‑ kann noch nicht der Schluss auf eine sachliche Immunität der zu pfändenden Gegenstände gezogen werden: Die betreibende Partei verwies nur darauf, dass sich die Kunstgegenstände zeitlich befristet in einer Ausstellung im Belvedere befänden.

3.4.4 Damit ist aber die Frage, ob die konkrete Pfändung der drei von der betreibenden Partei im Exekutionsantrag bezeichneten Kunstgegenstände zulässig ist oder nicht, in das ‑ auch amtswegig durchzuführende ‑ Einstellungsverfahren nach § 39 Abs 1 Z 2 EO verwiesen.

3.4.5 Das ergibt sich schon daraus, dass in dem in Österreich einseitig gestalteten Exekutionsbewilligungs-verfahren widerstreitendes Parteivorbringen und Beweisaufnahmen grundsätzlich nicht vorgesehen sind.

3.4.6 Hingegen kann (und muss) den Parteien im Einstellungsverfahren jedenfalls dann die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden, wenn wesentliche Sachverhaltsfeststellungen zu ihren Lasten getroffen werden, und zwar unabhängig davon, ob ein förmliches Beweis‑ oder Bescheinigungsverfahren erforderlich ist oder ob die Feststellungen aufgrund der bereits bestehenden Aktenlage zu treffen sind (Jakusch in Angst 2, § 39 EO Rz 78; vgl § 45 Abs 3 EO). Die Frage also, ob die konkret gepfändeten Kunstwerke sachlich immun und damit der Exekution entzogen sind, ist somit, da ihre Verwendung zu hoheitlichen Zwecken der verpflichteten Partei nicht schon aus dem Exekutionsantrag hervorgeht, erst über den ‑ im Verfahren auch erhobenen ‑ Einwand der verpflichteten Partei im Einstellungsverfahren nach § 39 Abs 1 Z 2 EO (vgl auch Deixler‑Hübner/Rebernig in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 39 EO Rz 11 und Mini in Burgstaller/Deixler‑Hübner, § 251 EO Rz 5 zur Geltendmachung der Unpfändbarkeit), allenfalls nach Beweiserhebungen zur Schaffung einer Sachverhaltsgrundlage ‑ zu prüfen.

3.5 Schon aus diesem Grund sind die Beschlüsse des Rekursgerichts auch insoweit verfehlt, als die Entscheidung über den Exekutionsantrag und der Einstellungsbeschluss als nichtig behoben und die entsprechenden Anträge zurückgewiesen wurden.

3.6 Das Rekursgericht hat den Exekutionseinstellungsbeschluss ausschließlich deshalb als nichtig behoben und den Einstellungsantrag zurückgewiesen, weil es die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung ‑ aus den dargelegten Gründen zu Unrecht ‑ als nichtig aufhob. Wegen des untrennbaren Zusammenhangs zwischen den zuletzt genannten Beschlüssen und der Entscheidung über den Einstellungsbeschluss war auch letztere als zwangsläufige Folge der Behebung des rekursgerichtlichen Beschlusses bezüglich der Vollstreckbarerklärung und der Exekutionsbewilligung zu beheben.

3.7 Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass § 84a Abs 1 zweiter Satz EO ausdrücklich vorsieht, dass über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung und einen damit verbundenen Antrag auf Bewilligung der Exekution zugleich zu entscheiden ist. Wegen dieser Bestimmung, aber auch aus verfahrensökonomischen Gründen wird daher das Rekursgericht zunächst inhaltlich über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen die Vollstreckbarerklärung zu entscheiden haben. Sollte sich nämlich herausstellen, dass der Schiedsspruch aus den von der verpflichteten Partei dargelegten Gründen, die inhaltlich den Versagungsgrund des Art 5 Abs 1 lit e des New Yorker Schiedsübereinkommens betreffen (vgl dazu Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen, Art 5 Rz 47 ff), nicht verbindlich ist, wird der Exekutionsantrag der betreibenden Partei schon wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs abzuweisen sein. Für den Fall, dass der Schiedsspruch vollstreckbar ist, wird ‑ im Rahmen der Überprüfung des mit Rekurs der betreibenden Partei angefochtenen Einstellungsbeschlusses des Erstgerichts ‑ inhaltlich auf die Frage der sachlichen Immunität der gepfändeten Kunstgegenstände einzugehen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO iVm § 78 EO.

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