Spruch:
Der Antrag auf Erneuerung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 24. Juni 1991, GZ 30 Vr 167/91-57, wurde Konrad K***** zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Dieses Urteil erwuchs mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 17. Dezember 1991, GZ 11 Os 129/91-9, in Rechtskraft.
Mit direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtetem Schreiben vom 6. März 2012 begehrt Konrad K***** Erneuerung des Strafverfahrens.
Weiters richtet sich der Erneuerungsantrag des gemäß § 21 Abs 2 StGB Angehaltenen gegen den in seiner Maßnahmenvollzugssache (AZ 2 BE 369/11x des Landesgerichts für Strafsachen Graz) ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 16. Februar 2012 (AZ 8 Bs 58/12h).
In eventu beantragt Konrad K***** die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Ausführung des Erneuerungsantrags.
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich der Erneuerungsantrag gegen das eingangs genannte Urteil des Obersten Gerichtshofs richtet, war er schon deshalb zurückzuweisen, weil bei vorangegangener Anrufung des Obersten Gerichtshofs mit Nichtigkeitsbeschwerde ein nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützter Antrag nach § 363a StPO unzulässig ist: Wurde nämlich die im Erneuerungsantrag behauptete Grundrechtsverletzung in Bezug auf schöffen- und geschworenengerichtliche Urteile in einer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht, steht einer nochmaligen Anrufung des Obersten Gerichtshofs die Zulässigkeitsbeschränkung des Art 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK entgegen, weil der Antrag solcherart „im Wesentlichen“ mit einer schon vorher durch ihn geprüften „Beschwerde“ übereinstimmt. Wurde eine Nichtigkeitsbeschwerde hinwieder gar nicht erhoben oder ein entsprechendes Vorbringen darin unterlassen, fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Rechtswegausschöpfung (Art 35 Abs 1 MRK; RIS-Justiz RS0122737 [T11 und T12]).
Soweit sich der Erneuerungswerber gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz wendet, welcher einer Beschwerde des Untergebrachten gegen einen - die weitere Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB aussprechenden - Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 17. Jänner 2012, GZ 2 BE 369/11x-6, nicht Folge gab, erweist sich der Erneuerungsantrag ebenfalls als unzulässig: Mit Blick auf den subsidiären Charakter des Erneuerungsantrags gelangen (RIS-Justiz RS0122737, RS0123350) in Bezug auf das Grundrecht auf Freiheit die Bestimmungen des GRBG zur Anwendung, das insoweit den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ausdrücklich regelt. Nach § 1 Abs 1 GRBG steht wegen Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung dem Betroffenen nach Erschöpfung des Instanzenzugs die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. Dies gilt nach der ausdrücklichen Regelung des § 1 Abs 2 GRBG nicht für die Verhängung und den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen, weshalb in diesen Fällen eine Grundrechtsbeschwerde nach § 1 Abs 2 GRBG ebenso ausgeschlossen ist wie der - subsidiäre - Erneuerungsantrag (RIS-Justiz RS0123350). Nach Art 5 Abs 1 lit a MRK reicht zudem die bloß formale Rechtfertigung der Freiheitsentziehung durch eine Verurteilung aus, weshalb auch der EGMR lediglich überprüft, ob eine solche Verurteilung ergangen ist (Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 21 Rz 12 mwN).
Vom Schutzbereich des Art 6 MRK sind Verfahren über die „Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage“, also Entscheidungen über die Schuld oder Nichtschuld (Grabenwarter/Pabel, EMRK5 § 24 Rz 26), nicht aber die Entscheidungen eines Beschwerdegerichts über die Frage der Fortsetzung einer vorbeugenden Maßnahme erfasst (11 Os 86/11y).
Darüber hinaus mangelt es an einer gemäß § 363b Abs 2 Z 1 StPO zwingend erforderlichen Unterschrift eines Verteidigers.
Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers zur Ausführung eines Erneuerungsantrags war zufolge offenkundiger Aussichtslosigkeit der angestrebten Prozesshandlung abzuweisen.
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