OGH 1Ob58/12d

OGH1Ob58/12d22.6.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Klein, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien (Wiener Wohnen), Wien 8, Doblhoffgasse 6, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei A***** ZT GmbH, *****, vertreten durch Dr. Alice Epler, Rechtsanwältin in Wien, wegen 104.041,17 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Februar 2012, GZ 16 R 241/11w-21, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. September 2011, GZ 26 Cg 32/11h-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Juni 2002 schlossen die Beklagte als Auftraggeberin und die (im Rahmen ihres damaligen Einzelunternehmens als Ziviltechnikerin handelnde) Geschäftsführerin der Nebenintervenientin als Auftragnehmerin einen schriftlichen „Treuhandvertrag“, in dem es die Auftragnehmerin übernahm, bestimmte Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten in einer Wohnhausanlage der Beklagten „treuhändig abzuwickeln“. Dies bedeute, dass die Auftraggeberin der Auftragnehmerin die gesamten Kosten, die bei der Durchführung des Projekts entstehen, ersetzt, sofern deren Richtigkeit entsprechend den Bestimmungen dieses Vertrags nachgewiesen werde. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„7. Ausschreibungen und Auftragsvergaben

7.1. Die für die gegenständliche Baudurchführung notwendigen Ausschreibungen und Arbeitsvergaben an Bauunternehmungen, Professionisten und sonstiger Gewerke obliegen dem Auftragnehmer und sind vom Auftragnehmer in eigenem Namen und auf Rechnung des Auftraggebers vorzunehmen. Der Auftragnehmer hat die gesamte Abwicklung des Projekts in Eigenverantwortung durchzuführen. Für die Einhaltung der vom Auftragnehmer abgeschlossenen Verträge und Zahlungsvereinbarungen übernimmt der Auftraggeber keine Haftung und ist er für allfällig daraus resultierende Forderungen schad- und klaglos zu halten. Bei der Festlegung bzw Vereinbarung von Zahlungsfristen sind realisierbare Zeiträume anzugeben. Auf den erhöhten Prüfaufwand und den längeren Rechnungslauf bei der Abwicklung von geförderten Bauvorhaben ist in den Ausschreibungsunterlagen hinzuweisen.

7.2. Den Bestimmungen der Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft für die Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen, sowie des Wiener Landesvergabegesetzes bzw den Richtlinien für die Vergabe von Leistungen der Stadt Wien ist hierbei zu entsprechen. Falls erforderlich sind die dafür notwendigen Maßnahmen (Bekanntmachung an das 'Amt für amtliche Veröffentlichung' der EU in Luxemburg etc) vom Auftragnehmer zu veranlassen.

7.3. Die Leistungen sind getrennt nach Baumeisterarbeiten und den einzelnen Professionisten in der Regel im offenen Verfahren auszuschreiben.“

Im November 2002 brachte die Auftragnehmerin ihr Einzelunternehmen in die nunmehr als Nebenintervenientin einschreitende GmbH ein. Die Nebenintervenientin verfasste im Zuge des Bauprojekts unter anderem die Ausschreibung der Schlosser-Stahlbauarbeiten unter Verwendung eines Formblatts der Beklagten, in dem unter anderem auch die Geltung der „Allgemeinen Angebotsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen“ geregelt wurde. In der Rubrik „Auftraggeber“ wurde in der Ausschreibung Folgendes angeführt: „Arch. DI. V***** K***** ZT GmbH, P*****gasse *****, im Namen und auf Rechnung von Wiener Wohnen f.d.11. Bezirk“. Die Bieter wurden aufgefordert, ihre Angebote im selben Formular abzugeben. Nachdem die Klägerin auf diesem Formular ihr Angebot gelegt hatte, übermittelte ihr die Nebenintervenientin am 6. 5. 2006 ein auf ihrem Geschäftspapier firmenmäßig unterfertigtes Schreiben mit folgendem Text:

„Auftragserteilung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich erteile Ihnen hiermit im Auftrag und auf Rechnung von Wiener Wohnen aufgrund ihres Angebotes vom 26. 1. 2005 die Ausführung der Schlosser-Stahlbauarbeiten in Wien 11, G*****straße ***** (…).

Bitte bestätigten sie den Empfang dieses Schreibens durch Rücksendung der unterfertigten Abschrift der Auftragserteilung.“

Unter der Firmenstampiglie der Nebenintervenientin und einer Unterschrift findet sich der Name der Geschäftsführerin.

Die Klägerin retournierte mit Schreiben vom 28. 6. 2005 die unterfertigte Auftragsbestätigung an die Nebenintervenientin samt einem Begleitbrief, der auszugsweise lautete:

„Auftragserteilung vom 06. 05. 05

Sehr geehrte Frau DI K*****,

in der Anlage übersenden wir Ihnen wunschgemäß die Auftragserteilung vom 06. 05. 05 unterfertigt retour und halten fest, dass wir diese in allen Punkten anerkennen, sofern diese nicht von unserem Hauptanbot (Ihr Leistungsverzeichnis), welches für uns maßgebend bleibt, abweicht.“

Ein Nachtragsangebot vom 1. 2. 2006 richtete die Klägerin an die „Stadt Wien - Wiener Wohnen für den 3., 4. und 11. Bezirk c/o der Nebenintervenientin. Diese antwortete mit einem auf ihrem Geschäftspapier abgefassten und firmenmäßig gezeichneten Telefax mit folgendem Text:

„Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir beauftragen Sie hiermit mit den Arbeiten laut Ihrem Anbot Nr. 52003N5 vom 1. 2. 2006 gemäß Beilage. Es gelten die gleichen Bedingungen wie im Hauptanbot … .“

Die Klägerin begehrte nun von der Beklagten Zahlung in Höhe des Klagebetrags samt Zinsen und brachte dazu im Wesentlichen vor, es seien nicht alle von ihr vertragsgemäß geleisteten und in Rechnung gestellten Arbeiten bezahlt worden. Es ergebe sich aus allen Urkunden des Auftragsverhältnisses, dass die Nebenintervenientin im Namen der Beklagten gehandelt habe. Nach ständiger Rechtsprechung setze der Auftraggeber, der einen Architekten mit der Bauführung beauftragt, einen äußeren Tatbestand, der bei einem gutgläubigen Dritten nach der Verkehrssitte die begründete Meinung hervorrufen müsse, der Architekt sei Machthaber des Auftraggebers. Sollte der Auftraggeber dem Architekten nur die Stellung eines Generalunternehmers zuteilen wollen, müsse er dies dem Dritten deutlich erkennbar machen, etwa durch individuelle Verständigung, die jedoch unterblieben sei. Der Beklagten habe bekannt sein müssen, dass die Nebenintervenientin in ihrem Namen agiert habe, weil ihr sämtliche Unterlagen, auf welchen die Nebenintervenientin die Beauftragung im Namen der Beklagten bekannt gegeben habe, zugekommen seien. Spätestens mit der Kenntnisnahme der Rechnungen habe die Beklagte die stillschweigende Genehmigung allenfalls vollmachtslos abgeschlossener Geschäfte erteilt. Jedenfalls in der Ausschreibung bzw im Anbot habe die Nebenintervenientin eindeutig deklariert, im Namen und auf Rechnung der Beklagten tätig zu werden. Die Klägerin habe angenommen, von der Beklagten mit den Werkleistungen beauftragt worden zu sein.

Die Beklagte bestritt ihre Passivlegitimation. Die Nebenintervenientin sei nicht bevollmächtigt gewesen, in ihrem Namen Aufträge zu erteilen, vielmehr liege eine indirekte Stellvertretung vor. Vertragspartnerin der Klägerin sei die Nebenintervenientin. Selbst wenn diese die Klägerin vollmachtswidrig im Namen der Beklagten beauftragt hätte, wäre die Beklagte daran nicht gebunden. Zur Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe von den maßgeblichen Urkunden Kenntnis gehabt, erklärte sie, dazu lägen derzeit keine näheren Informationen vor. Die Zahlungen seien zur Abkürzung der Zahlungsflüsse direkt von der Beklagten an die Klägerin geleistet worden. Auch bei Kenntnis der Urkunden hätte es daher keinen Handlungsbedarf für die Beklagte gegeben. Aus dem Auftragsschreiben vom 6. 5. 2006 ergebe sich, dass die Geschäftsführerin der Nebenintervenientin den Auftrag im eigenen Namen erteilt habe. Zur Bezeichnung des Auftraggebers im Ausschreibungsverfahren werde insbesondere darauf verwiesen, dass die Beklagte im Vergabeverfahren als öffentliche Auftraggeberin fungiere, „zivilrechtlich aber nicht“. Letztlich wurde auch die Höhe des Klagebegehrens bestritten. Die Klägerin habe alle erbrachten Leistungen vertragsgemäß entgolten bekommen.

Die Nebenintervenientin schloss sich den Einwendungen der Beklagten im Wesentlichen an. Sie habe die Klägerin mit Schreiben vom 6. 5. 2005 im eigenen Namen unter Hinweis auf ihre Treuhänderstellung beauftragt. Dadurch sei zwischen ihr und der Klägerin ein Vertragsverhältnis zustandegekommen. Dass die Ausschreibung aufgrund der Position der Beklagten als öffentliche Auftraggeberin nach den vergaberechtlichen Bestimmungen im Namen der Beklagten erfolgt sei, sei zivilrechtlich unbeachtlich. Die Ausschreibung habe lediglich die Basis für das Anbot der Klägerin gebildet, das nicht im Namen der Beklagten angenommen worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Nebenintervenientin sei zwar noch bei der öffentlichen Ausschreibung „im Namen und auf Rechnung“ der Beklagten aufgetreten; die Beklagte sei im Jahr 2005 als öffentlicher Auftraggeber bei der Erteilung von Bauaufträgen verpflichtet gewesen, das Bundesvergabegesetz 2002 zu beachten. Mit der Vorlage des Angebots unter vorschriftsgemäßer Verwendung des kombinierten Ausschreibungs-/Angebotsformblatts, in dem als Auftraggeberin die „Nebenintervenientin im Namen und auf Rechnung der Beklagten“ aufgeschienen sei, sei der Werkvertrag jedoch noch nicht zustandegekommen. Erst mit Schreiben vom 6. 5. 2005 habe die Nebenintervenientin durch Verwendung der Worte „Ich erteile ...“ der Klägerin unmissverständlich im eigenen Namen den Auftrag zur Ausführung der Schlosser-Stahlbauarbeiten erteilt. In diesem Schreiben sei die Nebenintervenientin eindeutig im eigenen Namen aufgetreten, woran auch die Wendung „im Auftrag und auf Rechnung von Wiener Wohnen“ nichts ändere. Die Worte „im Auftrag“ seien lediglich ein Hinweis darauf, dass sich die Nebenintervenientin der Beklagten gegenüber zu dieser Vorgangsweise verpflichtet hatte; „auf Rechnung von Wiener Wohnen“ verweise auf die wirtschaftliche Risikoträgerschaft der Beklagten. Handle jemand im eigenen Namen auf fremde Rechnung, so liege eine mittelbare oder indirekte Stellvertretung vor, bei der die Rechtswirkungen beim indirekten Stellvertreter und nicht beim Geschäftsherrn eintreten. Die Klägerin habe die Auftragserteilung vom 6. 5. 2005 mit ihrem ausschließlich an die Nebenintervenientin gerichteten Schreiben vom 28. 6. 2005 akzeptiert. Entsprechend sei auch beim Nachtragsauftrag vorgegangen worden, bei dem die Nebenintervenientin die Worte „Wir beauftragen Sie ...“ verwendet habe und dabei klar im eigenen Namen aufgetreten sei. Dass die Klägerin allenfalls davon ausgegangen sei, direkt mit der Beklagten zu kontrahieren, sei rechtlich ohne Bedeutung. Die Nebenintervenientin sei auch nicht zu einem Vertragsabschluss für die Beklagte bevollmächtigt gewesen. Das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht müsse nicht geprüft werden, weil die Nebenintervenientin nicht im Namen der Beklagten aufgetreten sei, sondern den Auftrag im eigenen Namen erteilt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision für nicht zulässig. Soweit sich die Klägerin auf die Unklarheitenregel des § 915 Satz 2 ABGB stütze, sei ihr entgegenzuhalten, dass der Hinweis in der Ausschreibung bzw im Angebotsformblatt, dass die Nebenintervenientin im Namen und auf Rechnung der Beklagten tätig werde, nicht von Letzterer, sondern von der Nebenintervenientin formuliert worden sei. Im Übrigen sei vollinhaltlich auf die zutreffende rechtliche Würdigung des Erstgerichts zu verweisen. Auch die Anwendung der Unklarheitenregel würde zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen, da die Auftragserteilung durch die Nebenintervenientin „ausdrücklich“ im eigenen Namen, und lediglich im Auftrag und auf Rechnung der Beklagten erfolgt sei. Hätte die Klägerin nur mit der Beklagten und nicht mit der Nebenintervenientin kontrahieren wollen, so hätte sie dies in ihrem Antwortschreiben vom 28. 5. 2005 klar zum Ausdruck bringen müssen. Aus dem Verweis auf das Hauptanbot und das Leistungsverzeichnis habe die Nebenintervenientin keineswegs schließen können, dass die Klägerin nur die Beklagte als Vertragspartnerin akzeptieren wollte. Auch die weitere Korrespondenz habe die Nebenintervenientin im eigenen Namen (und im Auftrag und auf Rechnung der Beklagten) geführt, was von der Klägerin widerspruchslos hingenommen worden sei. Nach der Rechtsprechung könne zwar im Fall der Betrauung eines Architekten mit der Bauführung regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Architekt zugleich auch als Beauftragter und Bevollmächtigter des Bauherrn tätig wird, der in dessen Namen die zur Herstellung des Werks notwendigen Werkverträge abzuschließen habe, doch liege ein solcher vom Bauherrn geschaffener äußerer Tatbestand, auf den sich der Bauhandwerker mangels gegenteiliger Kenntnis verlassen dürfe, nicht vor. Dies setze nämlich voraus, dass der Architekt auch im Namen des Bauherrn auftritt. Gerade dies sei hier aber nicht der Fall, weil die Auftragserteilung durch die Nebenintervenientin „ausdrücklich im eigenen Namen“ erfolgt sei. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen gewesen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision ist - entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Unzulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts - zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann keineswegs davon ausgegangen werden, die Nebenintervenientin habe den Auftrag „ausdrücklich“ oder „unmissverständlich“ im eigenen Namen erteilt. Vielmehr lag durchaus eine unklare Erklärungssituation vor, die ein Verständnis eines Handelns im fremden Namen zulässt. Zutreffend weist die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sie - entsprechend den Vorgaben in der Ausschreibung - ihr Angebot keineswegs an die Nebenintervenientin als mögliche Vertragspartnerin, sondern durch den Zusatz „im Namen und auf Rechnung von Wiener Wohnen“ an diese als (vermeintlich) bevollmächtigte Vertreterin gerichtet hat. Damit lag unzweifelhaft ein Vertragsoffert der Klägerin vor, mit der sie einen Vertragsabschluss mit der Beklagten anstrebte. Aus diesem Grunde musste sie auch nicht damit rechnen, dass jene Ziviltechnikergesellschaft, die sich in der Ausschreibung - durch den Hinweis, sie trete „im Namen und auf Rechnung von Wiener Wohnen“ auf - als Bevollmächtigte der Beklagten präsentiert hatte, das gar nicht an sie gerichtete Offert im eigenen Namen annehmen und damit einen Vertrag zwischen ihr und der Klägerin zustandebringen wolle. Auch der Wortlaut des als „Auftragserteilung“ bezeichneten Annahmeschreibens vom 6. 5. 2005 konnte sogar von einem sorgfältigen Erklärungsempfänger ohne Weiteres als Angebotsannahme im Namen der Beklagten verstanden werden, zumal im gewöhnlichen Sprachgebrauch auch eine Auftragserteilung „im Auftrag“ einer bestimmten Person als Handeln im fremden Namen verstanden wird. Hätte mit der Formulierung „im Auftrag und auf Rechnung von Wiener Wohnen“ lediglich auf einen bestimmten wirtschaftlichen Hintergrund eines beabsichtigten Eigengeschäfts hingewiesen werden sollen, wäre der Zusatz vollständig entbehrlich gewesen, zumal er eher geeignet wäre, für Verwirrung als für Klarheit zu sorgen. Hat sich die Nebenintervenientin ursprünglich als Bevollmächtigte der Beklagten ausgegeben und reagiert sie auf ein eindeutig an die Beklagte gerichtetes Angebot mit einem Auftragsschreiben wie dem vorliegenden, darf es der Anbietende durchaus so verstehen, dass sie damit namens des in der Ausschreibung genannten Bauherrn die Vertragserklärung abgibt. Wenn das Erstgericht aus den Worten „Ich erteile ...“ eine unmissverständliche Erklärung im „eigenen Namen“ angenommen hat, so ist dies schon deshalb unzutreffend, weil sich das Wort „ich“ stets nur auf eine natürliche Person beziehen kann, im konkreten Fall also auf die Vertragspartnerin der Beklagten und Geschäftsführerin der Nebenintervenientin, die das Schreiben unterfertigt und mit ihrem Namen versehen hat. Damit liegt aber entgegen der Behauptung der Beklagten jedenfalls keine im eigenen Namen abgegebene Erklärung vor. Fraglich kann nur sein, ob die Erklärende im Namen der Nebenintervenientin oder aber (für diese) im Namen der Beklagten handelt. Wie bereits dargelegt, liegen nun aufgrund der dieser Erklärung vorangegangenen Geschehnisse für die Klägerin ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, die „Auftragserteilung“ als im Namen der Beklagten erfolgt zu verstehen. Entsprechendes muss dann auch für die Annahme des Nachtragsangebots gelten, besteht doch bei bereits bestehendem Vertragsverhältnis schon gar kein Grund mehr dafür, den Wortlaut von Erklärungen des (vermeintlich) Bevollmächtigten auf die Goldwaage zu legen bzw sich darüber Gedanken zu machen, ob etwa für die Nachtragsarbeiten ein Vertragsverhältnis mit einer anderen Person zustandekommen soll.

Aufgrund der irrigen Annahme, die Vertreterin der Nebenintervenientin sei bei Vertragsabschluss in deren Namen aufgetreten, sodass das Zustandekommen eines Vertrags mit der Beklagten von vornherein nicht in Betracht komme, haben sich die Vorinstanzen nicht mit der Frage beschäftigt, ob die mit dem Bauvorhaben betrauten Vertreter der Beklagten gegenüber der Klägerin den Anschein erweckt haben, die Nebenintervenientin (bzw deren Geschäftsführerin) sei berechtigt, in ihrem Namen Werkverträge abzuschließen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (2 Ob 897/52 = EvBl 1953/136; RIS-Justiz RS0019538), steht die Betrauung eines Architekten mit der Abwicklung eines Bauvorhabens den in § 1029 ABGB genannten Fällen gleich, wobei zum normalen, typischen Wirkungskreis eines Architekten auch der Abschluss von Werkverträgen mit Professionisten, die zur Herstellung des auszuführenden Baus nötig sind, gehört. Es handelt sich dabei um einen allgemein angenommenen Vertragstypus, um eine Verkehrssitte, die in der Baubranche auch allgemein üblich ist. Demgegenüber muss grundsätzlich bei einer Betrauung eines Architekten oder Ziviltechnikers mit der Abwicklung eines Bauvorhabens ein Professionist, der sich an einer von diesem erarbeiteten Ausschreibung beteiligt, nicht damit rechnen, dass ein Werkvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Architekten bzw Ziviltechniker zustandekommen soll. Will der Bauherr ausnahmsweise seinem Architekten die Funktion eines Unternehmers zuteilen, der die gesamte Ausführung des Baus von der Planung über die eigentliche Bauarbeit aller Sparten bis zur Kollaudierung selbständig gegen einen Werklohn durchzuführen hat, zuteilen, so muss er dies dem Dritten deutlich erkennbar machen, zB durch individuelle Verständigung (2 Ob 897/52). Den Dritten trifft insoweit keine Erkundigungspflicht, wenn der äußere Tatbestand eindeutig der Verkehrssitte entspricht; nur dort wo schon der äußere Tatbestand Bedenken erwecken musste, hat der Dritte die Richtigkeit des bestehenden Anscheins zu überprüfen (1 Ob 617/52; 2 Ob 897/52).

Das Berufungsgericht hat im vorliegenden Fall die Veranlassung eines Anscheins durch die Beklagte mit dem Argument verneint, die Auftragserteilung durch die Nebenintervenientin sei ausdrücklich im eigenen Namen erfolgt, was bereits mit den vorstehenden Argumenten widerlegt wurde. Zu beachten ist aber auch, dass der Beklagten unstrittigermaßen bekannt war, dass jedenfalls die Ausschreibung durch die Nebenintervenientin bzw deren Geschäftsführerin im Namen von „Wiener Wohnen“ erfolgen werde, brachte sie im Verfahren erster Instanz doch selbst vor, sie habe im Vergabeverfahren sehr wohl selbst als öffentliche Auftraggeberin fungiert. Da die Beklagte nach ihren weiteren Behauptungen die gesamte Organisation und Abwicklung des Bauvorhabens der Geschäftsführerin der Nebenintervenientin übertragen hatte, musste ihr weiters klar sein, dass die aufgeforderten Bieter ihre Angebote an die somit als Vertreterin der Beklagten deklarierte Nebenintervenientin legen würden. Wenn sich die Beklagte nun angesichts dieser von ihr verursachten unklaren Situation nicht darum gekümmert hat, sicherzustellen, dass die Bieter unmissverständlich darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass die Beklagte zwar in der Ausschreibung als „öffentliche Auftraggeberin“ auftritt, jedoch nicht Vertragspartnerin der aufgrund dieser Ausschreibung abzuschließenden Werkverträge werden will, kann sie nicht bestreiten, den Anschein einer ausreichenden Vertretungsmacht der Nebenintervenientin (bzw deren Geschäftsführerin) (mit-)verursacht zu haben. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, sich von der Nebenintervenientin über die eingelangten Angebote bzw den Wortlaut ihrer „Auftragsschreiben“ informieren zu lassen und allfällige Missverständnisse über deren Vertretungsbefugnis bzw ihre Absicht, nicht selbst Vertragspartnerin werden zu wollen, auszuräumen.

Nur der Vollständigkeit halber ist schließlich darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ausdrücklich vorgebracht hat, die maßgeblichen Unterlagen, die die Vertragserklärungen der Beteiligten enthalten, seien der Beklagten zugekommen und damit bekannt gewesen. Die Beklagte hat dieses Vorbringen nur formal bestritten und sich inhaltlich auf den Einwand zurückgezogen, ihr lägen derzeit keine näheren Informationen darüber vor, was eine Qualifikation als schlüssiges Tatsachengeständnis im Sinne des § 267 Abs 2 ZPO durchaus möglich erscheinen lässt. Überhaupt hat die Beklagte während des gesamten Verfahrens nicht einmal den Versuch einer Erklärung unternommen, warum sie keinen Wert darauf gelegt hat, den Professionisten, die sich an der in ihrem Namen erfolgten Ausschreibung beteiligt haben, unmissverständlich bekannt zu machen, dass die Werkverträge - in erheblicher Abweichung von den üblichen Branchenusancen - mit einer Ziviltechnikerin, und nicht unmittelbar mit ihr als Grundeigentümerin und (wirtschaftlicher) Bauherrin zustandekommen sollen. Auch wenn dahinter keine eigentliche Täuschungsabsicht stehen sollte - wie die Beklagte selbst unter Hinweis auf andere Verfahren (26 Cg 103/07v und 15 Cg 55/08f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, 22 C 1529/08f des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien) darlegt, haben auch andere Professionisten sie als Vertragspartnerin betrachtet -, hat sie sich jedenfalls den dadurch geschaffenen Anschein einer Bevollmächtigung der Nebenintervenientin (bzw deren Geschäftsführerin) zurechnen zu lassen, den sie letztlich durch die unmittelbaren Teilzahlungen sogar noch verstärkt hat.

Da somit feststeht, dass die Klägerin aufgrund des Verhaltens der Verantwortlichen der Beklagten auf eine ausreichende Vertretungsmacht der Nebenintervenientin (bzw deren Geschäftsführerin) vertrauen und auch deren Erklärungen als im Namen der Beklagten abgegeben verstehen durfte - und ersichtlich auch verstanden hat - wird ein Beweisverfahren über die den strittigen Rechnungspositionen zugrunde liegenden Tatfragen durchzuführen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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