Spruch:
1. Dem Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses wird nicht Folge gegeben.
Der Einschreiter Mag. M***** R***** ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.538,54 EUR (darin 423,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Der Rekurs gegen die Kostenentscheidung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Revisionsrekurswerber ist Rechtsanwalt und war Sachwalter des ursprünglichen Klägers. In dessen Namen brachte er mit pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung die diesem Verfahren zugrunde liegende Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Übergabsvertrags und auf Einwilligung in die Übertragung des Eigentumsrechts an der betroffenen Liegenschaft ein. Er führte auf der ersten Seite der Klage an, der Kläger werde durch ihn als Sachwalter vertreten, der wiederum aufgrund einer erteilten Vollmacht durch ihn als Rechtsanwalt vertreten werde.
Nach dem Tod des ursprünglichen Klägers sprach das Erstgericht aus, dass das Verfahren gemäß § 155 ZPO seit dem Todestag unterbrochen sei, und erklärte die nach diesem Tag vorgenommenen Verfahrensschritte für nichtig. Mit dem Tod des Klägers sei die Sachwalterschaft erloschen. Die anstelle des ursprünglichen Klägers getretene Verlassenschaft sei im Prozess nicht vertreten. Gemäß § 155 ZPO werde das Verfahren durch den Tod einer Partei unterbrochen, wenn die Partei weder durch einen Rechtsanwalt noch durch eine andere von ihm mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten gewesen sei. Hier sei der Klagevertreter nicht mit einer Prozessvollmacht iSd §§ 30 ff ZPO ausgestattet gewesen, vielmehr habe sich seine Tätigkeit auf seine Stellung als Sachwalter für den verstorbenen Kläger bezogen, die mit dem Tod geendet habe.
Das Rekursgericht wies den dagegen vom vormaligen Sachwalter namens der Verlassenschaft erhobenen Rekurs zurück und erkannte ihn (persönlich) schuldig, dem Beklagten die Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen. Es sprach weiters aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Rekurswerber sei nicht mehr befugt für die klagende Partei einzuschreiten, weil die gesetzliche Vertretung des Betroffenen durch den Sachwalter mit seinem Tod kraft Gesetzes erloschen sei. Das Argument, er verfüge über eine weiterhin wirksame Prozessvollmacht, weil er als Sachwalter sich selbst als Rechtsanwalt bevollmächtigt habe, sei abwegig. Er sei persönlich analog § 38 ZPO zum Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung des Beklagten verpflichtet, weil er vollmachtslos eingeschritten sei und der Beklagte auf diesen Umstand hingewiesen habe. Die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses lägen nicht vor, weil die Rechtslage eindeutig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil entgegen der Ansicht des Revisionsgegners mangels meritorischer Entscheidung des Rekursgerichts keine Bestätigung im Sinne des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO vorliegt und die Frage, ob bzw unter welchen Umständen ein Sachwalter zugleich auch über eine Prozessvollmacht iSd § 31 ZPO verfügen kann, in der höchstgerichtliche Judikatur bisher nicht behandelt wurde; er ist jedoch nicht berechtigt. Soweit sich der Einschreiter gegen die ihm persönlich auferlegte Kostenersatzpflicht wendet, ist eine Bekämpfung gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.
1. Zur Zurückweisung des Rekurses:
Mit seiner Rechtsauffassung, die Erteilung einer Prozessvollmacht an ihn sei schon deshalb unabdingbare Voraussetzung für die Prozessführung des seinerzeitigen Klägers im Anwaltsprozess gewesen, weshalb die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung auch die Erteilung einer Prozessvollmacht im Sinne eines Insichgeschäfts des Sachwalters decken müsse, unterliegt der Revisionsrekurswerber einem grundsätzlichen Rechtsirrtum. Er geht nämlich zu Unrecht davon aus, dass § 28 Abs 1 ZPO im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung käme, weil er ‑ als Anwalt ‑ nicht selbst im Prozess als Partei einschreite, sondern der Besachwaltete Partei des Verfahrens sei, dem die persönliche Befreiung von der Anwaltspflicht nicht zukomme.
Es entspricht vielmehr herrschender Rechtsprechung zu § 28 ZPO, dass nicht nur Rechtsanwälte (und die sonstigen dort erwähnten begünstigten Personen) im Anwaltsprozess keiner Vertretung durch einen (anderen) Rechtsanwalt bedürfen, sondern dass auch solche Parteien von der Anwaltspflicht befreit sind, die durch einen Rechtsanwalt als gesetzlichen oder organschaftlichen Vertreter im Prozess vertreten werden (s dazu nur Zib in Fasching/Konecny 2 II/1, § 28 ZPO Rz 17 mwN, der ua auch das Einschreiten eines Rechtsanwalts als Sachwalter der Partei erwähnt; 8 Ob 2/69 = SZ 42/8; vgl auch 4 Ob 608/69 = SZ 42/190).
Im vorliegenden Fall umfasste der Wirkungsbereich des bestellten Sachwalters unter anderem auch die Vertretung des Klägers vor Gericht, womit er ‑ als subjektiv von der Anwaltspflicht befreite Person ‑ auch wirksam die Klage erheben und den Prozess für den Betroffenen führen konnte. Damit geht auch der Hinweis darauf ins Leere, dass die „Prozessvollmacht“ bisher im Verfahren überhaupt nie in Frage gestellt worden sei, war doch das Vorliegen einer förmlichen Prozessvollmacht gar nicht nötig, weil eine ausreichende Vertretungsmacht eben auf andere Weise gewährleistet war. Entgegen der Formulierung des Rekursgerichts ist es zwar nicht „abwegig“, dass einem Sachwalter darüber hinaus auch noch Prozessvollmacht erteilt wird. Es besteht aber generell kein erkennbares Bedürfnis nach einer weitergehenden Einräumung von Vertretungsmacht, hat sich doch der Sachwalter in seiner eigentlichen Funktion allein um die (persönlichen und auch wirtschaftlichen) Interessen des Betroffenen zu kümmern, nicht aber darüber hinaus auch für eine allfällige spätere Prozessvertretung der Verlassenschaft nach dem Tod des Betroffenen zu sorgen. Ein derartiges Motiv lag dem Vorgehen des Sachwalters aber offenbar ohnehin nicht zugrunde, legt er doch in seinem Rechtsmittel dar, dass er der (unrichtigen) Rechtsansicht gewesen sei, die Klage könne nur eingebracht werden, wenn einem Rechtsanwalt ‑ etwa auch dem Sachwalter selbst ‑ Prozessvollmacht erteilt wird.
Geht man hingegen von zutreffenden rechtlichen Erwägungen aus, nach denen der Sachwalter wegen seiner beruflichen Qualifikation als Rechtsanwalt den Prozess namens des Betroffenen auch ohne Prozessvollmacht führen konnte, besteht nicht der geringste Anlass dafür, die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Prozessführung gleichzeitig als Genehmigung eines Insichgeschäfts zu verstehen, mit dem der Sachwalter als Vertreter des Betroffenen sich selbst als Rechtsanwalt Prozessvollmacht erteilt hätte. Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass er im Pflegschaftsverfahren lediglich die „pflegschaftsbehördliche Genehmigung zur Einbringung der Klage“ beantragt hat, ohne aber darüber hinaus darauf hinzuweisen, er wolle auch die Genehmigung eines ‑ rechtlich wie dargelegt entbehrlichen ‑ Insichgeschäfts erwirken. Auch in seinem Abschlussbericht hat er im Zusammenhang mit diesem Verfahren darauf hingewiesen, dass er als Sachwalter für den Besachwalteten tätig geworden sei und ihm gemäß § 276 Abs 2 ABGB dafür ein Anspruch auf angemessenes Entgelt gebühre; dieser Anspruch müsse allerdings noch vorbehalten werden, da allenfalls die Kosten des einschreitenden Sachwalters von den Prozessgegnern zu ersetzen sein würden. Aus diesen Formulierungen ist keineswegs ersichtlich, dass der Einschreiter der Auffassung gewesen wäre, er hätte dem Pflegschaftsgericht gegenüber deutlich gemacht, er wolle für den Betroffenen im Prozess als ein mit Prozessvollmacht ausgestatteter Vertreter (gleich einem „außenstehenden“ Rechtsanwalt) auftreten und auch dafür eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erwirken. Gerade angesichts der Bestimmung des § 276 Abs 2 ABGB war ein neben die Sachwalterschaft tretendes zusätzliches privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem Betroffenen als (vom Sachwalter vertretenen) Auftraggeber und dem Einschreiter als beauftragtem und bevollmächtigtem Rechtsanwalt ganz entbehrlich, kann doch auch der Sachwalter für im eigentlichen Sinn anwaltliche Tätigkeiten tarifmäßige Entlohnung beanspruchen (vgl nur Hopf in KBB3 § 276 ABGB Rz 3; 6 Ob 258/06v = SZ 2006/181; RIS‑Justiz RS0121612).
Unrichtig ist letztlich die Argumentation des Rekurswerbers, sein (weiteres) Einschreiten im Prozess sei „zur Wahrung von Fristen“ bzw „wegen der laufenden Rechtsmittelfrist zur Vermeidung nachteiliger Folgen“ erforderlich gewesen. Gerade die Unterbrechungsanordnung des § 155 Abs 1 ZPO hat ja den Zweck, nachteilige Folgen ‑ etwa solche prozessualer Säumnis ‑ für den Rechtsnachfolger der verstorbenen Prozesspartei zu vermeiden (vgl nur Fink in Fasching/Konecny 2 II/2 § 155 ZPO Rz 2 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Ist ein Prozess unterbrochen, sind prozessuale Nachteile durch die Versäumung von Fristen gerade ausgeschlossen. Die Sinnhaftigkeit oder gar Notwendigkeit, den deklaratorischen Beschluss des Erstgerichts, mit dem klargestellt wurde, dass die Unterbrechungswirkung des § 155 Abs 1 ZPO eingetreten ist, zu bekämpfen, wird im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt.
Im Ergebnis ist daher die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass der vormalige Sachwalter über keine die Vertretungsbefugnis als solcher übersteigende Prozessvollmacht verfügte, nicht zu beanstanden. Dass diese Vertretungsbefugnis mit dem Tod des Betroffenen erloschen ist (10 Ob 128/05d ua; RIS‑Justiz RS0049121), zieht er selbst nicht in Zweifel. Damit hat das Rekursgericht den namens der Verlassenschaft erhobenen Rekurs ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen. Soweit der Revisionsrekurs im Namen der (nunmehr) klagenden Verlassenschaft erhoben wurde und in ihm die Überprüfung der Zurückweisungsentscheidung begehrt wird, ist er hingegen meritorisch zu erledigen (RIS‑Justiz RS0035925).
Bei der Kostenentscheidung ist zu beachten, dass eine Kostenersatzpflicht der klagenden Partei jedenfalls nicht in Betracht kommt, hat doch der frühere Sachwalter eigenmächtig die unrichtige Auffassung vertreten, er sei Prozessbevollmächtigter der Verlassenschaft und könne in deren Namen tätig werden. Verursacht ein in Wahrheit vollmachtsloser (Schein‑)Vertreter einer Partei durch sein Einschreiten Verfahrenshandlungen des Prozessgegners, hat er die damit verbundenen Kosten in sinngemäßer Anwendung des § 38 Abs 2 letzter Halbsatz ZPO zu ersetzen, jedenfalls wenn ihm ‑ wie hier ‑ ein Verschuldensvorwurf zu machen ist (vgl etwa Zib aaO § 38 ZPO Rz 39 f). Die Revisionsrekursbeantwortung des Beklagten war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung auch durchaus erforderlich, trat er damit doch (erfolgreich) der Behauptung entgegen, der Einschreiter könne wirksame Verfahrenshandlungen für die nunmehrige Klägerin vornehmen.
2. Zur Kostenentscheidung:
Gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurswerber ersichtlich im eigenen Namen, ist durch sie doch nur er, nicht aber die Klägerin beschwert. Eine Überprüfung dieser Entscheidung kommt jedoch angesichts der Rechtsmittelschranke des § 528 Abs 2 Z 3 ZPO, der sämtliche Entscheidungen des Rekursgerichts über den Kostenpunkt für unanfechtbar erklärt, nicht in Betracht. Entscheidungen „über den Kostenpunkt“ sind nach herrschender Auffassung nicht nur solche zwischen den eigentlichen Prozessparteien, sondern auch Kostenbeschlüsse, die andere Verfahrensbeteiligte betreffen (vgl nur Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 528 ZPO Rz 139 mit Judikaturnachweisen), etwa einen vollmachtslos einschreitenden „Scheinvertreter“ (1 Ob 362/97k = SZ 70/246; RIS‑Justiz RS0108950).
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