OGH 6Ob85/12m

OGH6Ob85/12m24.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** E*****, vertreten durch Mag. Alois Pirkner, Rechtsanwalt in Tamsweg als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei P***** F*****, Deutschland, wegen 5.100 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 22. März 2012, GZ 53 R 48/12h‑5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 27. Jänner 2012, GZ 33 C 14/12g‑2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Zurückweisung der Pflichtteilsklage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit (im Sinne der internationalen Zuständigkeit). Die Klage falle gemäß § 1 Abs 2 lit a EuGVVO nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Da das Verlassenschaftsverfahren nach der Mutter der Streitteile vor dem Bezirksgericht Tamsweg mit Beschluss dieses Gerichts vom 29. 4. 2010 durch Überlassung der Aktiva an Zahlungs statt an eine Tochter der Erblasserin gegen Zahlung der Begräbniskosten rechtskräftig beendet worden sei, sei § 77 Abs 1 JN nicht mehr anzuwenden. Es gelte daher der allgemeine Gerichtsstand (§ 66 Abs 1 JN). Der Beklagte habe seinen allgemeinen Gerichtsstand nach den Klagsbehauptungen in Deutschland. Dort sei die Klage einzubringen. Ein anderer Gerichtsstand, der die internationale und örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts begründen könnte, sei nicht geltend gemacht worden.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionrekurs sei zulässig, weil zur Frage der internationalen Zuständigkeit bei Pflichtteilsklagen noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels einer iSd § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, ist die EuGVVO nach ihrem § 1 Abs 2 lit a auf Verlassenschaftssachen („auf das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts“), wozu auch Pflichtteilsklagen und Pflichtteilsergänzungsklagen zählen (G. Kodek in Fasching/Konecny 2 V/1 Art 1 EuGVVO Rz 120 mwN; vgl 7 Ob 202/00g zum EuGVÜ), nicht anzuwenden.

§ 77 JN enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, wann in Verlassenschaftsangelegenheiten die internationale Zuständigkeit gegeben ist (2 Ob 236/02y). Nach § 27a JN ist daher die internationale Zuständigkeit für Verlassenschaftsangelegenheiten dann gegeben, wenn es für diese eine örtliche Zuständigkeit gibt (2 Ob 236/02y; Simotta in Fasching 2 § 77 JN Rz 14).

§ 77 Abs 1 JN, unter den auch Pflichtteilsklagen und Pflichtteilsergänzungsklagen fallen (7 Ob 202/00g; Simotta aaO § 77 JN Rz 1; Mayr in Rechberger, ZPO3 § 77 JN Rz 1), ist im Anlassfall nicht mehr anwendbar, weil dieser Gerichtsstand mit der Überlassung des Nachlasses an Zahlungs statt wegfällt (8 Ob 574/93).

§ 77 Abs 2 JN ist nicht anwendbar, weil eine auf Geldzahlung gerichtete Pflichtteilsklage (Pflichtteilsergänzungsklage) nicht unter die von dieser Norm erfassten Erbteilungsklagen zu subsumieren ist (7 Ob 202/00g).

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