Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist der leibliche Sohn der am 1. April 1995 verstorbenen Hermine K*****. Heinrich K*****, verstorben am 10. Februar 2000, war der Ehegatte Hermine K*****s und Stiefvater des Klägers. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Saalfelden vom 27. April 2000, A *****, wurde der Nachlass Hermine K*****s aufgrund der letztwilligen Verfügung vom 7. September 1984 Heinrich K***** eingeantwortet. Das Bezirksgericht Saalfelden sprach mit weiterem Beschluss vom 27. April 2000, A ***** aus, dass der Pflichtteilsverständigungsausweis hinsichtlich des Klägers als erbracht erkannt wird. Zufolge dem vom Notariat IV Mannheim - Nachlassgericht - zum Aktenzeichen 4 ***** am 4. April 2000 ausgestellten gemeinschaftlichen Erbschein sind die Beklagten gesetzliche Erben Heinrich K*****s.
Mit der am 30. Mai 2000 beim Landesgericht Salzburg überreichten Klage begehrt der Kläger von den Beklagten den Betrag von S 924.851,59. Aus dem Protokoll vom 1. 2. 2000 im Verlassenschaftsverfahren des Bezirksgerichtes Saalfelden A ***** ergebe sich ein reines Nachlassvermögen von S 2,611.870,46, weshalb ihm ein Pflichtteil von S 870.623,49 zustehe. Darüber hinaus stehe ihm ein Bereicherungsanspruch von S 54.228,10 zu, wobei es sich um den Hälfteanteil der Ausschüttung aus der Lebensversicherung der Karlsruher Hinterbliebenenkasse AG handle, die Heinrich K***** bereits zu Lebzeiten zugezählt erhalten habe. Der Gerichtsstand sei gemäß § 77 Abs 2 JN in Österreich.
Das Erstgericht wies die Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit zurück. Das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts - also auch Erbrechts- und Erbschaftsklage - seien vom Anwendungsbereich des Brüsselers bzw Lugano Übereinkommens ausgenommen. Für die Klage auf Zahlung des Pflichtteils gelte § 77 Abs 2 JN, wonach für Erbteilungsklage vor und nach der Einantwortung das Abhandlungsgericht örtlich und sachlich zuständig sei, nicht. Da ein Verlassenschaftsverfahren hinsichtlich des Nachlasses Heinrich Albert K*****s in Österreich nicht anhängig sei und das Notariat IV Mannheim - Nachlassgericht - die Beklagten zu gesetzlichen Erben des Nachlasses Heinrich K*****s erklärt habe, ergebe sich auch kein Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit nach § 77 Abs 1 JN. Auch der allgemeine Gerichtstand der Beklagten befindet sich nicht in Österreich.
Das Rekursgericht hat den vom Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge gegeben und ausgesprochen, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Erstgericht habe zutreffend die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen gemäß Art 1 Abs 1 Z 1 verneint. Die Zuständigkeitsprüfung erfolge in Streitsachen grundsätzlich nur auf Grund der Angaben in der Klage. Der Kläger, der einen anderen als den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten in Anspruch nehme, müsse schon in der Klage ausdrücklich und konkret jene Tatsachen behaupten, die den besonderen Gerichtsstand begründeten. Der Kläger mache in der Klage ausschließlich den Gerichtsstand des § 77 Abs 2 JN - Gerichtsstand für Erbteilungsklagen - geltend. Erbteilungsklagen seien Klagen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liegen und die auf die Teilung des Nachlassvermögens gerichtet seien, gleichgültig, ob diese mangels Einigung erst in einer bestimmten Richtung durchgesetzt werden sollten oder ein Erbteilungsübereinkommen vorliege, auf dessen Durchsetzung die Klage ziele. Diese Klage seien ohne Rücksicht auf den Streitwert vor dem Verlassenschaftsgericht anzubringen, wobei dieser Gerichtsstand auch nach rechtskräftiger Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung fortdauere. Für Klagen auf Zahlung des Pflichtteiles sei § 77 Abs 2 JN jedoch nicht anwendbar. Der Pflichtteilsberechtigte sei nicht Erbe und sein Anspruch stelle nur ein Forderungsrecht gegen den Erben dar. Daraus folge, dass eine Klage auf Zahlung des Pflichtteils keine Teilung der Erbschaft herbeiführen solle, weshalb der ausschließliche Gerichtsstand des § 77 Abs 2 JN nicht gegeben sei. Das Justizhofdekret vom 31. 1. 1844 (JGS 781/1844) mit dem klargestellt worden sei, dass der verkürzte Noterbe nach Maßgabe seines Pflichtteils nur einen Anspruch auf Auszahlung eines entsprechenden Wertes in Geld habe, sei zwar mit dem ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz (BGBl I 1999/191) kommentarlos aufgehoben worden und daher mit 31. 12. 1999 außer Kraft getreten. Durch den Wegfall dieser Bestimmung resultiere keine Änderung der Rechtsnatur des Pflichtteilanspruchs. Es sei an der bisherigen Rechtsansicht auch nach Wegfall der authentischen Interpretation des § 784 ABGB durch das Hofdekret festzuhalten, weil der Geldpflichtteil im Erbrecht und im gewohnheitsrechtlichen Bewusstsein der Normadreassaten tief verwurzelt sei. Diese Rechtsnatur des Pflichtteilanspruches lege auch der Rekurswerber seinen Ausführungen zu Grunde und schließe daraus, dass eine Klage auf Zahlung des Pflichtteils keine Erbrechtsklage darstelle, weshalb § 77 Abs 1 JN nicht anwendbar sei. Unter Zugrundelegung der erwähnten Rechtsnatur des Pflichtteilsanspruchs gelange man zutreffend zu dem Ergebnis, dass eine Pflichtteilsklage keine Erbrechtsklage sei, jedoch sei der Gerichtsstand des § 77 Abs 1 JN auch für alle Klagen der Nachlassgläubiger gegen den Nachlass oder den Erben vorgesehen. Der Pflichtteilsberechtigte sei auf Grund seines Geldanspruchs jedenfalls Nachlassgläubiger.
Der Rekurswerber weise daraufhin, dass auf Grund eines Liegenschaftsanteiles des Erblassers in Österreich ein Fall der Nachlassspaltung vorliege. Diesbezüglich behinge beim Bezirksgericht Saalfelden ein Abhandlungsverfahren. Damit vermöge der Rekurswerber allerdings die Zuständigkeit nach § 77 Abs 2 JN nicht zu begründen, weil Pflichtteilsklagen keine Erbteilungsgklagen seien. Jedoch wäre damit der Gerichtsstand des § 77 Abs 1 JN gegeben. Hinsichtlich jenes Nachlassteiles, der der österreichischen Jurisdiktion unterliege, könnten vor dem österreichischen Gericht Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden, während Pflichtteilsansprüche auf jenes Vermögen, dass der österreichischen Verlassenschaftsabhandlung nicht unterliege, vor dem für dieses Vermögen international zuständigen Gericht zu verfolgen seien. Bei der Berechnung eines dem in Österreich abzuhandelnden Nachlasses betreffenden Pflichtteil sei auch der Wert der im Ausland gelegenen Liegenschaften und deren rechtliches Schicksal zu berücksichtigen. Der Kläger habe sich jedoch in der Klage ausschließlich auf den Gerichtsstand des § 77 Abs 2 JN berufen, weshalb das Erstgericht seine Zuständigkeitsprüfung darauf zu beschränken gehabt habe. Es lägen diesbezüglich auch keine unvollständigen oder unklaren Angaben in der Klage vor, weshalb kein Anlass für die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens bestanden habe. Der Kläger hätte zwar die weiteren Zuständigkeitstatbestände in ihrer rechtlichen Konfiguration nicht benennen müssen, hätte aber jedenfalls das erforderliche Tatsachensubstrat in der Klage vorbringen müssen, was er nicht getan habe. Er habe sich ausschließlich auf den Gerichtsstand des § 77 Abs 2 JN festgelegt. Tatsachen und Beweismittel, die jederzeit von Amts wegen wahr zu nehmende Umstände beträfen, seien zwar vom Neuerungsverbot ausgenommen. In Ansehung der Frage der inländischen Gerichtsbarkeit seien dies jedoch nur Tatsachen, aus denen hervorgehe, dass die Rechtssache der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen sei, weil nur auf diesen Umstand nach § 42 Abs 1 JN in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen Bedacht zu nehmen sei. Für das positive Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit fehle eine entsprechende Vorschrift, weshalb Tatsachen, die vom Kläger im Rekurs gegen eine a limine Zurückweisung der Klage zum Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit vorgebracht würden, dem Neuerungsverbot unterlägen. Soweit sich der Rekurswerber nunmehr auf den Vermögensgerichtsstand nach § 99 JN berufe, sei darauf nicht weiter einzugehen. Den Ausführungen des Rekurswerbers zum IPRG sei entgegenzuhalten, dass die Lösungen des internationalen Privatrechtes nicht global, sondern jeweils nur für jenen Staat, von dessen internationalem Privatrecht ausgegangen werden, gelten. Dies sei der Staat, dessen Gerichte entscheiden sollten. Bei einem Sachverhalt mit Auslandsbezug sei primär die Frage der internationalen Gerichtsbarkeit zu klären, bevor eine Beurteilung nach dem internationalen Privatrecht erfolge.
Im Hinblick darauf, dass zur Frage, ob Klagen auf Zahlung des Pflichtteils zu den Erbteilungsklagen zählten und daher der Gerichtsstand des § 77 Abs 2 JN gegeben sei, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Verfügung stehe, sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig zu erklären.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist aus den dargelegten Gründen zulässig aber nicht berechtigt.
Vorweg ist auf die zutreffende Begründung des Rekursgerichtes zu verweisen.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 77 Abs 1 JN bestimmt sich der Gerichtsstand für Klagen, durch welche Erbrechte oder Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen auf den Todesfall geltend gemacht werden, wie für Klagen der Nachlassgläubiger aus Ansprüchen an den Erblassern oder an den Erben als solchen, solange die Einantwortung des Nachlasses nicht erfolgt ist, nach dem Sitz des Gerichtes, bei welchem die Nachlassabhandlung anhängig ist. Nach Abs 2 leg cit gehören Klagen, welche die Teilung der Erbschaft zum Gegenstande haben, vor das Gericht, bei welchem die Nachlassabhandlung anhängig ist. Dieser Gerichtsstand bleibt auch nach rechtskräftiger Einantwortung des Nachlasses bestehen.
Diese Individualzuständigkeit des § 77 Abs 2 JN ist eingeschränkt auf die eigentlichen Erbteilungsklagen, deren Rechtsgrund im Erbrecht liegen muss. Dazu zählen auch Klagen zur Durchsetzung einer bereits vereinbarten oder durch Richterspruch verfügten Erbteilung (Simotta in Fasching I2 1 § 77 JN Rz 11; Mayr in Rechberger ZPO2 § 77 JN Rz 3). Für Klagen auf Zahlung des Pflichtteils ist diese Bestimmung nicht anwendbar (Simotta aaO Mayer aaO).
Ob der Pflichtteilsanspruch ein vom Gesetz zwangsweise gewährtes Erbrecht (Noterbrecht) oder ein bloßes auf Zahlung von Geld gerichtetes Forderungsrecht ist, war ursprünglich strittig. Mit dem Hofdekret JGS 1844/781 wurde klargestellt, dass der Noterbe bloß einen Anspruch auf Auszahlung des entsprechenden Wertes in Geld hat, also einem Gläubiger gleichzuhalten ist (Welser in Rummel2 vor § 762 Rz 4) danach wurde in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass der Pflichtteilsanspruch bloß in einer Geldforderung besteht (SZ 44/137 = EvBl 1972/184; SZ 45/36; EvBl 1974/113).
Das Hofdekret JGS 781/1844 wurde mit Ablauf des 31. 12. 1999 durch das Bundesgesetz "zur Bereinigung der vor dem 1. 1. 1946 kundgemachten einfachen Bundesgesetze und Verordnungen" (erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz - I BRBG, BGBl 1999/191 außer Kraft gesetzt. Dadurch trat aber eine Änderung der Rechtsnatur des Pflichtteilsanspruches nicht ein, weil der Geldpflichtteil "im Erbrecht - und wohl auch in gewohnheitsrechtlichen Bewusstsein der Normadressaten - so fest verwurzelt ist das daran weiterhin festzuhalten ist" (Zankl, Das erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz, ecolex 1999, 626; Michalek erstes Bundesrechtsbereinigungsgesetz Stellungnahme zur Anfrage von Bundesräten, AnwBl 2000, 116).
Das Berufungsgericht hat zutreffend die vorliegende Klage als eine auf Geldzahlung gerichtete Pflichtteilsklage angesehen, die nicht unter die Erbteilungsklagen des § 77 Abs 2 JN zu subsumieren ist. Zutreffend haben daher die Vorinstanzen auch darauf verwiesen, dass der Kläger, der einen anderen als den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten anruft, schon in der Klage ausdrücklich und konkret jene Tatsachen behaupten muss, die den besonderen Gerichtsstand begründen (Ballon in Fasching I2 § 41 JN, Rz 7, Mayr in Rechberger, ZPO2 § 41 JN Rz 2). Zur Begründung der Zuständigkeit hat sich der Kläger lediglich darauf berufen, dass dem Erben Heinrich K***** rechtsgeschäftlich die Verfügung über die Hinterlassenschaft eingeräumt und die Einantwortungsurkunde über das unbewegliche in Österreich befindliche Vermögen ausgestellt worden sei. Dass darin ein die Zuständigkeit des Erstgerichtes begründender Vermögensgerichtsstand gelegen sein soll, wird aber nicht dargetan. Eines Verbesserungsverfahrens bedurfte es daher nicht.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
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