Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens durch Zustellung der Klage aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Zahlung von 53.579,87 EUR sA zur ungeteilten Hand. Sie habe Anfang des Jahres 2000 über einen größeren Geldbetrag verfügt und einer Vermögensberaterin den Auftrag zur Verwaltung und Veranlagung ihres Vermögens erteilt. Die Vermögensberaterin habe zu einer näher bezeichneten Schweizer Aktiengesellschaft Kontakt gehabt, die privaten Investoren die Möglichkeit angeboten habe, in Finanzinstrumente erstklassiger Banken zu investieren und dadurch risikolose Gewinne zu erzielen. Der in der Schweiz wohnhafte Erstbeklagte sei zum Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft bestellt worden, der in Frankreich wohnhafte Zweitbeklagte habe die Kundenakquirierung übernommen und der in der Schweiz wohnhafte Drittbeklagte sei Angestellter einer näher bezeichneten Schweizer Bank gewesen.
Nachdem sich die Klägerin zu der von der Schweizer Aktiengesellschaft angebotenen Veranlagung entschieden habe, habe sie von ihrem Konto in Kufstein/Tirol 100.010,29 EUR behoben und diesen Betrag an die Vermögensberaterin übergeben, die ihrerseits im Auftrag der Klägerin im Beisein des Erstbeklagten bei der Schweizer Bank bei dem dort beschäftigten Drittbeklagten ein Konto für die Klägerin eröffnet und den von der Klägerin zuvor behobenen Betrag von 100.010,29 EUR bar auf dieses neu eröffnete Konto eingezahlt habe.
Tatsächlich hätten die Beklagten in betrügerischem Zusammenwirken ua durch Vorspiegelung einer realen Vermögensveranlagung die Klägerin am Vermögen geschädigt: Letztendlich sei der Klägerin bei Beendigung der Veranlagung am 9. Oktober 2003 lediglich ein Betrag von 25.303,37 EUR erstattet worden. In dem vor dem Strafgericht des Kantons Basel Stadt gegen alle Beklagten geführten Strafverfahren, das hinsichtlich sämtlicher Beklagter mit einem Schuldspruch wegen Betrugs geendet habe, sei der Klägerin ein Betrag von 21.127,05 EUR zugesprochen worden. Der ursprünglich einbezahlte Betrag abzüglich des rückerstatteten Betrags und abzüglich des im Strafverfahren zugesprochenen Betrags ergebe den von der Klägerin nun geltend gemachten Schaden in Höhe des Klagebegehrens.
Die Zuständigkeit des angerufenen Erstgerichts gründete die Klägerin mit einem näher präzisierten Vorbringen auf Art 5 Nr 3 EuGVVO bzw LGVÜ 2007.
Das Erstgericht erklärte sich für unzuständig und wies die Klage a limine mit der Begründung zurück, dass die Klägerin ihren unmittelbaren Schaden in der Schweiz bei ihrem Schweizer Konto und nicht in Österreich erlitten habe.
Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil sich das Rekursgericht auf einhellige Rechtsprechung des Höchstgerichts stützen könne.
Das Rekursgericht billigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist schon deshalb zulässig, weil die Klägerin zutreffend darauf verweist, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehlt, ob Erfolgsort iSd Art 5 Nr 3 EuGVVO/LGVÜ 2007 dann der Ort der Minderung des Kontoguthabens des Geschädigten ist, wenn der Kläger erst als Folge einer unerlaubten (betrügerischen) Handlung das Geld von seinem Girokonto behebt (vgl dazu BGH XI ZR 57/08).
Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis auch berechtigt.
Nach dem hier hinsichtlich Erst- und Drittbeklagten anzuwendenden Art 24 LGVÜ 2007 bzw nach dem für den Zweitbeklagten maßgeblichen Art 24 EuGVVO wird das Gericht eines Mitgliedstaats, sofern es nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnungen zuständig ist oder ein - hier nicht vorliegender - ausschließlicher Gerichtsstand zum Tragen kommt, zuständig, wenn sich der Beklagte - ohne den Mangel der Zuständigkeit zugleich geltend zu machen - auf das Verfahren einlässt. Lässt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat und der vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats geklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das angerufene Gericht - sollte seine Zuständigkeit nicht begründet sein - von Amts wegen für unzuständig zu erklären (Art 26 EuGVVO bzw LGVÜ 2007).
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat das angerufene Gericht in diesen Fällen die Klage auch dann zuzustellen, wenn es bei Klageeinbringung der Auffassung ist, unzuständig zu sein. Im Anwendungsbereich der Verordnungen darf daher eine internationale Unzuständigkeit nicht von Amts wegen wahrgenommen und die Klage a limine zurückgewiesen werden. Das Gericht hat vielmehr dem Beklagten die Möglichkeit zu geben, sich einzulassen (RIS-Justiz RS0111247; 4 Ob 13/05y).
Die internationale Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts kann daher im vorliegenden Verfahrensstadium noch nicht abschließend beurteilt werden.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren somit aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens durch Zustellung der Klage aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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