OGH 14Os7/12d

OGH14Os7/12d6.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer in der Strafsache gegen Ilker Y***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. September 2011, GZ 042 Hv 143/10w-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ilker Y***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 10., 16., 18. und 19. Dezember 2009 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in insgesamt sechs Angriffen Verfügungsberechtigte der D***** AG durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit unter Verwendung falscher Daten zur Lieferung von insgesamt vier Sätzen Autoreifen à vier Stück und vier Kanistern Motoröl verleitet, die er jeweils unter den Namen „Monika Y*****“ und „Murat Y*****“, unter Bekanntgabe falscher Adressen, Telefonnummern und Kontendaten über Internet bestellt hatte, und das Unternehmen dadurch am Vermögen geschädigt.

Ausschließlich gegen die rechtliche Unterstellung des dem Schuldspruch zugrunde liegenden Täterverhaltens auch unter § 148 zweiter Fall StGB richtet sich die aus dem Grunde der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass dem Urteil insoweit nicht geltend gemachte Nichtigkeit (Z 10) zum Nachteil des Beschwerdeführers anhaftet, die von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) wahrzunehmen war:

Rechtliche Beurteilung

Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) verlangt die Absicht des Täters, sich durch die wiederkehrende Begehung einer strafbaren Handlung für einen Zeitraum von zumindest einigen Wochen eine wirksame Einkommensquelle zu erschließen. Die Bereicherung eines Dritten genügt nicht (Jerabek in WK² § 70 Rz 7, 14).

Feststellungen zur damit wesentlichen zeitlichen Komponente wurden - trotz bloß neun Tage umfassenden Tatzeitraums - nicht getroffen (vgl zu den zeitlichen Voraussetzungen auch: RIS-Justiz RS0092527, RS0107402).

Dazu kommt, dass das Urteil in Betreff der subjektiven Tatseite zwar - aus den Ausführungen zur auf die Schädigung des Unternehmens gerichteten Täterintention und der im Rahmen der Beweiswürdigung nachgetragenen Konstatierung, dass der Angeklagte „mit dem entsprechenden Betrugsvorsatz handelte“ (US 8) im Zusammenhalt mit dem zu deren Verdeutlichung heranzuziehenden (RIS-Justiz RS0117247) Urteilstenor hinreichend deutlich erkennbar (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) - die für den Tatbestand des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB erforderlichen Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz enthält. Ob der Beschwerdeführer die Vermögensvermehrung aber für sich selbst oder zugunsten eines Dritten angestrebt hat, lässt sich den Entscheidungsgründen, die auch keinen Aufschluss darüber geben, wem die - an verschiedene, nicht vom Angeklagten benützte Adressen zugestellten, teilweise hinterlegten und nicht behobenen (US 5) - Warenlieferungen nach dem Willen des Täters zukommen sollten, nicht entnehmen.

Die Verwendung der verba legalia des § 70 StGB im Urteilsspruch (US 2) und den Entscheidungsgründen (US 5, 9) bleibt daher ohne Sachverhaltsbezug und trägt die Annahme der Qualifikation des § 148 StGB nicht (RIS-Justiz RS0119090, RIS-Justiz RS0114639; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8).

Der Vollständigkeit halber bleibt anzumerken, dass die - nach dem eben Gesagten unzureichenden - Urteilsannahmen zur Gewerbsmäßigkeit zudem gänzlich unbegründet blieben, worauf die Mängelrüge des Angeklagten zutreffend hinweist.

Da die aufgezeigten Rechtsfehler mangels Feststellungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8) eine Aufhebung des Urteils in der - vom Beschwerdeführer alleine bekämpften - rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 148 zweiter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich machen (§§ 285e erster Satz, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), erübrigt sich eine weitere Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit seinen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde aufgrund einer amtswegigen Maßnahme gegenstandslos geworden ist, trifft den Angeklagten keine Verpflichtung zum Kostenersatz (vgl Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12 mwN).

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