OGH 1Ob19/12v

OGH1Ob19/12v1.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin M***** P*****, vertreten durch Dr. Elmar Ther, Rechtsanwalt in Villach, gegen den Antragsgegner, E***** P*****, vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in Villach, wegen Vermögensaufteilung nach den §§ 81 ff EheG, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. Oktober 2011, GZ 2 R 231/11i-36, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 7. Juli 2011, GZ 3 C 147/08i-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 2.077,38 EUR (darin 346,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das eheliche Vermögen der Streitteile bestand zum maßgeblichen Aufteilungszeitpunkt ausschließlich aus Gegenständen, die im Eigentum bzw in der Verfügungsgewalt des Antragsgegners standen, nämlich zwei Wohnungseigentumsobjekten, einem Wohnwagen und der Auszahlungssumme aus einem Lebensversicherungsvertrag.

Die Antragstellerin beantragte, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von 80.000 EUR aufzuerlegen.

Der Antragsgegner bestritt jeglichen Anspruch der Antragstellerin und beantragte vorerst, das „Teilungsbegehren“ abzuweisen. Letztlich stellte er den Antrag, die Antragstellerin schuldig zu erkennen, ihm 23.538,68 EUR zu zahlen.

Das Erstgericht gab dem Antrag der Antragstellerin statt. Auf der Basis der getroffenen Feststellungen - auf die zum Teil noch einzugehen sein wird - vertrat es die Rechtsansicht, die Aufwendungen des Antragsgegners für eine Liegenschaft der Antragstellerin, die während der Ehe im Einvernehmen der Ehegatten unentgeltlich einer Tochter übertragen wurde, seien bei der Aufteilung des ehelichen Vermögens nicht zu berücksichtigen. Als Bestandteil der Aufteilungsmasse sei hingegen auch die vormalige Ehewohnung zu berücksichtigen, und zwar ungeachtet der auf ihr lastenden Beschränkung, sie entweder bei Lebzeiten oder von Todes wegen einem der gemeinsamen Söhne zu überlassen. Da diese Wohnung zum Aufteilungsstichtag noch im ehelichen Vermögen vorhanden gewesen sei, sei ihr (damaliger) Wert der Aufteilung zugrunde zu legen. Insgesamt sollten die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise geregelt werden. In die Aufteilungsmasse seien jedenfalls die im Eigentum des Antragsgegners stehenden Liegenschaften einzubeziehen. Die vormalige Ehewohnung habe einen Verkehrswert von 99.900 EUR abzüglich der verbücherten Reallast von (kapitalisiert) 21.570 EUR; der Verkehrswert des zweiten Wohnungseigentumsobjekts betrage ebenfalls 99.900 EUR, wobei das (verbücherte) Fruchtgenussrecht mit 37.980 EUR (gemeint: wertmindernd) zu berücksichtigen sei. Für den Wohnwagen sei zumindest der Wert von 3.500 EUR zu berücksichtigen; aus der Rückzahlung der Lebensversicherung stehe der Antragstellerin unstrittigermaßen ein Betrag von 10.900 EUR zu. Rechnerisch ergebe sich damit ein Betrag, der knapp über dem begehrten Betrag von 80.000 EUR liege, weshalb das Begehren der Antragstellerin gerechtfertigt sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Die vom Erstgericht aufgelisteten Vermögenspositionen ergäben numerisch einen Wert von 82.775 EUR zu Gunsten der Antragstellerin (gemeint: 50 % des vom Erstgericht ermittelten Gesamtwerts des vorhandenen Ehevermögens). Beschränkungen wie Belastungs- und Veräußerungsverbote zu Gunsten von Familienangehörigen fielen wertmäßig nicht ins Gewicht. Damit sei das unbewegliche Vermögen des Antragsgegners unbeschränkt in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, wobei es nicht auf die Realisierung ankomme.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob Vermögensobjekte mit einer Überlassungsverpflichtung ganz oder zum Teil in die Aufteilungsmasse fallen, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Antragsgegners erweist sich als unzulässig, weil er darin keine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage erörtert.

Soweit er neuerlich moniert, das Erstgericht habe sich mit seiner Behauptung, er habe von seiner Mutter Geld „im Zusammenhang“ mit dem zweiten Wohnungseigentumsobjekt erhalten, nicht auseinandergesetzt, übersieht er offenbar, dass das Rekursgericht dieses Vorgehen des Erstgerichts mit dem Argument gebilligt hat, er habe den zu dieser Verfahrensbehauptung gestellten Beweisantrag wieder zurückgezogen. Hat aber das Rekursgericht einen behaupteten Mangel des Verfahrens erster Instanz verneint, kann dieser nicht neuerlich in einem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0050037).

In der Rechtsrüge wendet sich der Revisionsrekurswerber zwar gegen die Auffassung der Vorinstanzen, das unbewegliche Vermögen des Antragsgegners sei unbeschränkt in die Aufteilungsmasse einzubeziehen, führt dagegen aber letztlich allein das Argument an, es sei ihm unmöglich, über dieses noch in seinem Eigentum befindliche unbewegliche Vermögen zu verfügen oder es zu verwerten und er könne daher in Ermangelung eines anderen Vermögens den ihm auferlegten Ausgleichsbetrag von 80.000 EUR nicht zahlen. Seine daran anschließende Ausführung, das noch in seinem Eigentum stehende unbewegliche Vermögen könne weder belastet noch veräußert werden, ist schon deshalb evident unrichtig, weil das zweite Wohnungseigentumsobjekt nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts einen Verkehrswert von 99.900 EUR hat und mit einem Fruchtgenussrecht belastet ist, dessen Barwert (lediglich) 37.980 EUR beträgt. Eine weitere Belastung weist dieses Objekt, das damit einen Wert von rund 62.000 EUR repräsentiert und grundsätzlich auch veräußerbar ist, nicht auf. Die Ausführung des Revisionsrekurswerbers, Vermögensobjekte mit einer Überlassungsverpflichtung und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot könnten nicht in die Aufteilungsmasse fallen, kann sich daher allein auf die Ehewohnung beziehen, seine Behauptung, er könne auch sein weiteres Liegenschaftsvermögen nicht verwerten, aber nicht stützen.

Berücksichtigt man weiter, dass der Antragsgegner unstrittigermaßen über einen Geldbetrag von mehr als 20.000 EUR aus einer Lebensversicherung verfügt, kann auch keine Rede davon sein, dass mit der Entscheidung der Vorinstanzen seine Leistungsfähigkeit unzumutbar überschritten würde. Letztlich unterlässt der Antragsgegner auch jede Erörterung der Frage, warum nicht zumindest die während der Ehe durch Investitionen in die Ehewohnung geschaffene Werterhöhung (rund 52.000 EUR) rechnerisch bei der Aufteilung berücksichtigt werden muss, kann er doch dieses Objekt bis zu seinem Tod zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses nutzen, wogegen die Antragstellerin eine eigene Wohnmöglichkeit erst finanzieren muss, wofür ihr derzeit lediglich die Unterhaltsbeiträge des Antragsgegners zur Verfügung stehen.

Schwer nachvollziehbar sind schließlich die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers über geltend gemachte „Gegenforderungen“, die weder im Hinblick auf ihre Entstehung noch auf ihre Relevanz für die nacheheliche Vermögensaufteilung näher konkretisiert werden. Dazu ist grundsätzlich festzuhalten, dass selbständige und in sich geschlossene Rechtsmittelausführungen nicht durch Verweise auf frühere Schriftsätze oder Aktenbestandteile ersetzt werden können (RIS-Justiz RS0043616, RS0007029). Umso weniger kann es zulässig sein, bloße Beträge zu nennen und es dem Rechtsmittelgericht zu überlassen, nach damit korrespondierendem Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren zu suchen. Soweit es dabei um Investitionen in die - mit seinem Einverständnis - an eine gemeinsame Tochter geschenkte Liegenschaft der Antragstellerin gehen sollte, haben schon die Vorinstanzen zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine rechnerische Berücksichtigung nicht in Betracht kommt, weil die damit geschaffenen Vermögenswerte im Ehevermögen nicht mehr vorhanden sind. Die Behauptung, diese „Gegenforderungen“ seien völlig unberücksichtigt gelassen worden, ist somit aktenwidrig. Warum die Rechtsauffassung der Vorinstanzen unrichtig sein sollte, wird nicht einmal ansatzweise angesprochen. Entsprechendes gilt für die Behauptung, 8.000 EUR für den Ankauf eines PKW zur Verfügung gestellt zu haben, was schon deshalb irrelevant ist, weil gar nicht behauptet wird, dass dieser Vermögenswert noch vorhanden wäre.

Unerfindlich bleibt, wie von der Antragstellerin geschuldete Prozesskosten im Aufteilungsverfahren berücksichtigt werden könnten, zumal der Revisionsrekurswerber auch dazu nichts ausführt. Wenn er weiters erklärt, es fehle den Untergerichten eine Begründung für die nachweisbar von ihm geforderte Summe von 2.200,92 EUR für von ihm bezahlte Telefonrechnungen, Versicherungen und PKW-Versicherung, so kann der erkennende Senat eine Begründung für die Relevanz dieser erhobenen Forderungen ebenfalls nicht erkennen. Auch hier führt der Antragsgegner - der stets von einer Aufteilung im Verhältnis 1 : 1 ausgegangen ist - nicht einmal ansatzweise aus, inwieweit diese behaupteten Aufwendungen für die Aufteilungsentscheidung von Relevanz sein könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG. Die Revisionsrekursgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, sodass ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahme anzusehen ist.

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