OGH 15Os119/11f

OGH15Os119/11f29.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard P***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 10. März 2011, GZ 34 Hv 106/09i-195, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard P***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB (richtig: als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB) schuldig erkannt.

Danach hat er „in der Nacht zum 4. August 2008 in K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem insoweit bereits verurteilten Carsten P***** und dem abgesondert verfolgten Martin M***** dem Christopher H***** fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich einen Standtresor im Wert von 1.500 Euro sowie Bargeld in Höhe von ca 20.000 Euro nach Aufbrechen eines ebenerdig gelegenen Fensters sowie der Holztür zum Büro, Heraußreißen des Tresors aus seiner Verankerung und Aufflexen des Tresors, durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern“ (erg: indem er Aufpasserdienste leistete [vgl US 5 f, 13]).

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Der in der wegen Zeitablaufs und Richterwechsels gemäß § 276a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung am 10. März 2011 (ON 194 S 2) gestellte Antrag auf Vernehmung „des Tatzeugen Martin M*****, insbesondere dessen Ausforschung über den Netzbetreiber über die Telefonnummer *****, zumal dieses Handy angemeldet ist, bzw seinen Aufenthalt und die ladungsfähige Adresse über die Rechnungsadresse der Handyrechnung auszuforschen, da es möglich ist, über dieses Handy mit Martin M***** in Kontakt zu treten“ (ON 194 S 3 f), verfiel der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider schon mangels Bezeichnung eines Beweisthemas zu Recht der Abweisung (§ 55 Abs 1 zweiter Satz StPO; vgl auch RIS-Justiz RS0099498, RS0099301, RS0099132), haben doch frühere in diese Richtung weisende Anträge (vgl insbesondere ON 9 in ON 183 S 41) ihre Gültigkeit verloren (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310).

Im Übrigen legte der Nichtigkeitswerber, nachdem es der Vorsitzenden durch Anwählen der genannten Nummer nicht möglich war, deren tatsächlichen Nutzer zu eruieren (ON 194 S 3), mit der bloßen nicht näher fundierten Behauptung, er habe eine aktuelle Telefonnummer des Martin M*****, unter der es möglich sei, mit diesem in Kontakt zu treten, ohne etwa auf konkrete, tatsächlich zu Stande gekommene Telefonate zu verweisen, nicht dar, weshalb die Ausforschung dieser erfolglos seit Juli 2010 im Inland und im Schengener Informationssystem (SIS) zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen Person (ON 32 in ON 183 iVm ON 194 S 2 f) auf diesem Weg möglich sein sollte.

Das erst im Rechtsmittel zur Antragsfundierung erstattete Vorbringen ist unbeachtlich, weil die Antragsberechtigung stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117).

Die Tatrichter begründeten eingehend, weshalb sie den Angaben des Mitangeklagten Carsten P*****, nicht jedoch jenen der Zeugen Osan F*****, Andrä S***** und Martina G***** folgten (US 10 bis 13).

Soweit nun die Mängelrüge unter dem Aspekt offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) gestützt auf eigenständige Beweiswerterwägungen aus diesen Aussagen andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, rügt sie nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die behauptete Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) infolge Zitierung der Verantwortung des Angeklagten, nicht nur einmal, sondern insgesamt zweimal in der „A*****-Bar“ gewesen zu sein (US 12), liegt schon deshalb nicht vor, weil der Anlass für dessen zweiten Aufenthalt in diesem Lokal keine entscheidende Tatsache berührt und daher auch unter dem Blickwinkel unvollständiger Wiedergabe (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467) auf sich beruhen kann.

Mit sich selbst im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) ist der Ausspruch des Gerichts über entscheidende Tatsachen nur dann, wenn zwischen Feststellungen und deren zusammenfassender Wiedergabe im Urteilsspruch oder zwischen zwei oder mehreren Feststellungen oder zwischen Feststellungen und den dazu in der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen ein Widerspruch besteht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 437; RIS-Justiz RS0119089). Mit dem Argument, die Verantwortung des Angeklagten und die Aussage des Zeugen F***** zur Länge des zwischen ihnen in der „A*****-Bar“ geführten Gesprächs stünden im Widerspruch zur konstatierten Dauer des Einbruchsdiebstahls, wird ein in diesem Sinn relevanter Widerspruch nicht dargetan. Mit diesen Angaben hat sich das Erstgericht zudem - unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) - ausreichend auseinandergesetzt (US 7 f iVm 10 bis 12).

Die prozessordnungskonforme Darstellung der Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt, aus dem vorliegenden Beweismaterial, das in der Hauptverhandlung vorgekommen ist (§ 258 Abs 1 StPO) oder vorkommen hätte können und dürfen (RIS-Justiz RS0119310), unter konkreter Bezugnahme auf solches anhand einer Gesamtbetrachtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung darzulegen, warum erhebliche Bedenken gegen die Urteilsfeststellungen zu entscheidenden Tatsachen bestehen sollten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481, 487). Diesen Kriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie sich darauf beschränkt, den Überlegungen des Erstgerichts - gestützt auf die Verantwortung des Angeklagten, die für die Tatbegehung notwendige Zeitdauer seiner Abwesenheit vom Arbeitsplatz, die sein Arbeitgeber nicht toleriert hätte, und den, vom Erstgericht ohnedies berücksichtigten (US 5) Umstand, dass der Eingangsbereich des Lokals „P*****“ auf dem Bildschirm der Überwachungskamera der „A*****-Bar“ nicht sichtbar sei - eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen, um solcherart eine Beteiligung des Angeklagten in Abrede zu stellen.

Soweit sich der Nichtigkeitswerber auf den Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) beruft, ist ihm zu entgegnen, dass dieser nicht Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes der Z 5a ist (RIS-Justiz RS0102162).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (bloß angemeldete) Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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